Umstrittenes Fortpflanzungsmedizingesetz
Obwohl es in keiner Hinsicht an den aktuellen britischen Gesetzesvorschlag herankommt, hat auch das Ende Jänner beschlossene heimische Fortpflanzungsmedizingesetz eine Debatte über die Zulässigkeit von Eingriffen bei der Entstehung menschlichen Lebens entfacht. Der Konflikt dauert an: Diese Woche muss das Gesetz etwa durch den Bundesrat, wo ausnahmsweise eine intensive Debatte erwartet wird.
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Schon bei der Abstimmung im Nationalrat stimmten einige Politiker gegen die eigene Partei, weil sie einige Neuerungen im Bereich der Fortpflanzungsmedizin nicht akzeptieren konnten oder wollten: Bei der ÖVP stimmten vier Abgeordnete gegen das Gesetz und bei NEOS einer. Auch eine grüne Abgeordnete wollte gegen die Reform stimmen, war aber am Abstimmungstag krank. Kirchenvertreter wollen das Gesetz ohnedies weiterhin nicht hinnehmen. Die Rede ist von einem „ethischen Dammbruch“, dem bald weitere Lockerungen folgen würden.
Verfassungsurteil machte Neuregelung nötig
Das neue Gesetz ermöglicht lesbischen Paaren die künstliche Befruchtung, erlaubt die Eizellenspende und die Samenspende bei der In-vitro-Fertilisation und öffnet der Präimplantationsdiagnostik (PID) die Türe. Anlass war ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs Anfang 2014, wonach Frauen in homosexuellen Lebensgemeinschaften die Erfüllung ihres Kinderwunsches durch künstliche Fortpflanzung mittels Samenspende ermöglicht werden muss.
Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) legten daraufhin im November eine Gesetzesnovelle vor, die nicht nur diesem Auftrag entsprach. Mit der Novelle wird die medizinisch unterstützte Fortpflanzung für Frauen in eingetragener Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft geöffnet. Alleinstehende Frauen bleiben ausgeschlossen, weil - so die Erläuterung zum Gesetz - Kindern nicht von vornherein nur ein Elternteil zur Verfügung stehen soll.
Kommerzialisierung verboten
Die Verwendung des Samens eines Dritten, also die Samenspende, war bisher auf die Befruchtung durch Einbringung in die Geschlechtsorgane der Frau (Insemination) beschränkt. Nun wird sie für alle Methoden und (siehe oben) auch für lesbische Paare erlaubt. Gestattet wird auch die Eizellenspende. Vermittlung und Kommerzialisierung werden verboten, und es gibt Altersgrenzen: Die Spenderin darf nicht älter als 30, die Empfängerin nicht älter als 45 Jahre alt sein. Weiterhin verboten bleibt die Leihmutterschaft.
Erste Schritte zum Designerbaby?
Erstmals möglich wird durch das Gesetz aber auch die umstrittene PID, also die Untersuchung des künstlich befruchteten Embryos vor der Einsetzung in die Gebärmutter. Das wird aber nur unter strengen Voraussetzungen möglich sein, nämlich nach wiederholt fehlgeschlagener künstlicher Befruchtung und „wenn Grund zur Annahme besteht, dass dies auf die genetische Disposition der entwicklungsfähigen Zellen und nicht auf andere Ursachen zurückzuführen ist“.
Die Kritik an den PID-Regelungen lautete, dass die Untersuchung von Embryos in Wahrheit eine ethisch nicht vertretbare Entscheidung über lebenswertes und lebensunwertes Leben sei und den Beginn des Weges in Richtung Designerbaby öffne. Nachdem die Regierungsvorlage bei diesen Regelungen ein wenig nachschärfte, war der interne Widerstand vor allem in der ÖVP so weit besänftigt, dass das Gesetz schließlich mehrheitlich im Nationalrat angenommen wurde. FPÖ und Team Stronach stimmten gegen das Gesetz, alle anderen Parteien mit den erwähnten „Ausreißern“ dafür.