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Rund 1.000 Verhandlungen ausgefallen

Der Protest der Richter gegen befürchtete Gehaltskürzungen wird fortgesetzt. Schon am Donnerstag sind Hunderte Prozesse ausgefallen. Am 26. Jänner und 4. Februar sollen erneut einige Verhandlungen ausgesetzt werden. Besonders erbost sind die Richter darüber, dass die am Mittwoch im Nationalrat beschlossene Neuregelung der Beamtengehälter nicht genügend kommuniziert worden war.

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„Es gehört nicht zum guten Ton, über eine Berufsgruppe derart drüberzufahren, ohne vorher ein Wort mit ihr zu reden“, beklagte Christian Haider, Vorsitzender der Bundessektion Richter und Staatsanwälte in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD). Er befürchtet weiterhin Gehaltseinbußen für seine Kollegen. Von Streik wollten die Richtervertreter nicht sprechen. Derartige Maßnahmen würden von der Spontaneität leben.

Es würden nur Prozessverhandlungen ausfallen, wo die Betroffenen keinen Schaden dadurch erleiden würden. Als Grund für die erneuten Ausfälle gab Werner Zinkl, Präsident der Richtervereinigung, Gespräche mit Beamtenstaatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ) und Betriebsversammlungen an.

Verärgert über Schnellverfahren

Verärgert sind die Richter über die Vorgangsweise der Regierung, die Novelle im Schnellverfahren durchzupeitschen. Die Gesetzesänderung sei ohne Verhandlungen „überfallsartig“ beschlossen worden. Der Entwurf war erst vergangenen Freitag den Parlamentsfraktionen zugestellt und bereits am Mittwoch im Plenum beschlossen worden.

Zudem ist mit Gehaltseinbußen zu rechnen. Die Richtervereinigung geht von durchschnittlichen Verlusten von 5.000 bis 6.000 Euro auf den Lebensverdienst etwa eines jungen Staatsanwalts aus. Das sind zwischen neun und 14 Euro geringere Lohnsteigerung pro Monat. Das durchschnittliche Gehalt eines Richters und Staatsanwalts liegt bei 73.548 Euro pro Jahr.

Ein unmittelbares Minus auf dem Gehaltszettel ist nicht zu erwarten. Nach dem neuen Gehaltssystem sollen vielmehr die Vorrückungen - bei Beamten alle zwei Jahre, bei Richtern alle vier Jahre - geringere Gehaltssteigerungen haben. Um das auszugleichen, soll die nächste Vorrückung vorgezogen werden.

„Völlig inakzeptabel“

Für die GÖD ist es aber „völlig inakzeptabel, dass durch eine zwangsweise Überleitung aller öffentlich Bediensteten in eine neue Besoldungssystematik in der Lebensverdienstsumme Verluste oder Benachteiligungen entstehen“. Die Gewerkschaft fordert die Regierung auf, die Verhandlungen „unverzüglich fortzuführen“. Als „Streik im Sinn von Arbeitsniederlegung“ will die Gewerkschaft die bisherigen Proteste aber nicht verstanden wissen. Die Richter würden sich in dieser Zeit anderen Tätigkeiten wie der Ausfertigung von Urteilen widmen.

Steßl stellte klar, dass sie durchaus weiter für Gespräche mit der Gewerkschaft offen sei. Sie versprach auch für später „technische Anpassungen“, damit keine Gehaltsverluste zustande kommen. Sie betonte aber auch, dass bereits jetzt nur Einbußen von 0,6 Promille entstehen könnten. Zudem werde es für neu eintretende Beamte ohnehin Verbesserungen geben. Steßl hatte die Eile bei der Reform damit begründet, dass die Anpassungen schon die Gehaltsanpassung für die Beamten im März betreffe.

Einige Betroffene befürchteten Verluste in Höhe von 50.000 Euro in der Lebensverdienstsumme. Dieser unwahrscheinliche Fall könne nur auftreten, wenn man unter 40 Jahren neu als Richter am Obersten Gerichtshof, am Verwaltungsgerichtshof oder als Staatsanwalt bei der Generalprokuratur aufsteigt, hieß es von Dienstrechtsexperten aus Regierungskreisen. In diesem Alter erfolge noch keine entsprechend hohe Vorrückung in der Verwendungen der Richter und Staatsanwälte, so die Erklärung. In diesem Fall würde die geringere Gehaltssteigerung bei einer 25-jährigen Berufslaufbahn rund 145 Euro monatlich bei einem Durchschnittsgehalt von 9.500 Euro ausmachen.

„Paradiso“-Prozess ausgefallen

Rund 1.000 Gerichtstermine wurden für Donnerstag abgesagt. Richter und Staatsanwälte sowie ihre Gewerkschaftsvertreter hatten am Vortag dazu aufgerufen. Ausgenommen waren Verfahren, in denen es um Haftsachen geht oder bei denen unmittelbar vermögensbezogener Schaden entstünde.

Am Wiener Straflandesgericht fanden zwar bis auf einen Prozess alle statt. In Tirol hingegen wurden nach Angaben eines Sprechers des Landesgerichtes Innsbruck rund 80 Prozent der ursprünglich angesetzten Verhandlungen „abberaumt“. Ähnlich die Lage in den anderen Bundesländern. In Klagenfurt fiel die Fortsetzung des „Paradiso-Prozesses“ aus. Dabei wird über faule Kredite, den Verdacht der Untreue bei der Hypo Alpe-Adria verhandelt, angeklagt sind Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer und Ex-Werber Gernot Rumpold, die zu einem gescheiterten Wiener Kunstprojekt Stellung beziehen müssen. In Salzburg wurde eine Verhandlung in einer Wiederbetätigungscausa gecancelt. Sehr wohl fand aber der Dschihadistenprozess in Krems statt.

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