Wildes Spekulieren über Umfang
Die Anspannung ist in den letzten Tagen bereits merklich gestiegen: Die Finanzmärkte - und die europäischen Regierungen - warten gespannt darauf, ob die EZB bei der geldpolitischen Sitzung am Donnerstag in ihrer neuen Zentrale in Frankfurt sich für den massenhaften Aufkauf von Staatsanleihen vor allem der schwer verschuldeten Euro-Staaten entscheidet.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Ein Gros der Investoren rechnet damit, das zeigt nicht zuletzt der Anstieg der Aktienindizes der letzten Tage, aber etwa auch von Gold. Auch die Schweizerische Nationalbank rechnet damit - und hatte die EZB-Entscheidung in der Vorwoche bereits mit ihrer überraschenden Ankündigung, den Franken ab sofort nicht mehr an den Euro zu binden, vorweggenommen.
Das machte die Situation für EZB-Chef Mario Draghi, sein Direktorium und die Notenbank-Gouverneure nicht einfacher, denn damit ist ein laut Experten für den Erfolg des Staatsanleihekaufprogramms, das im Fachsprech QE (für Quantitative Easing, Anm.) genannt wird, wichtiger Faktor weggefallen: die Überraschung.
Nur ein „interessantes Treffen“?
Am Mittwoch berichteten mehrere Medien, das EZB-Direktorium werde dem Rat ein Anleihekaufprogramm im Umfang von 50 Mrd. Euro pro Monat zur Entscheidung vorlegen. Österreichs Notenbankchef Ewald Nowotny versuchte am Vortag der Entscheidung, die Finanzmärkte zu beruhigen. Die Börsen sollten die anstehenden Beschlüsse der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht „mit zu großer Aufregung“ betrachten, sagte Nowotny, der als stimmberechtigtes Mitglied im EZB-Rat sitzt und von einem „interessanten Treffen“ sprach.
Allerdings sind die Erwartungen inzwischen enorm hoch. So wäre nach Einschätzung des Kochefs der Deutschen Bank, Anshu Jain, ein Volumen von 500 Milliarden Euro bereits leicht enttäuschend für die Märkte.
Draghi hatte die Tür für die umstrittenen Anleihekäufe zuletzt bereits weit aufgemacht. Mit diesem unkonventionellen Schritt soll die Gefahr einer Deflation im Keim erstickt werden, also eines Abrutschens der Wirtschaft in eine lang anhaltende Schwächephase mit fallenden Preisen auf breiter Front und schrumpfenden Investitionen.
Die Ein-Billionen-Spekulation
Laut Jain erwartet der Markt ein Ankaufvolumen von 750 Milliarden Euro. 500 Milliarden Euro wären bereits eine Enttäuschung, eine Billion dagegen eine positive Überraschung, sagte er auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Das Programm werde tiefgreifende Auswirkungen auf die europäischen Geldhäuser mit sich bringen.
Die Wirtschaft werde insgesamt stabiler. Dadurch werde es weniger Insolvenzen geben - und Banken müssten dann weniger Geld für ausfallgefährdete Kredite zurücklegen. Jain zufolge hat der Kauf staatlicher Schuldtitel aber auch negative Effekte. So bedeute QE sehr niedrige Zinsen, die Zinsmargen der Banken würden weiter in Mitleidenschaft gezogen - „was natürlich eine große Herausforderung sein wird“.
Warnung vor Einschlafen der Reformen
Der Präsident der Schweizer Großbank UBS, Axel Weber, warnte unterdessen davor, dass mit einem zu großen Anleihekaufprogramm der Reformeifer in vielen Euro-Ländern gebremst werden könnte. „Sie sollten nicht zu viel machen“, erklärte er in Davos. Damit entfalle ein Anreiz für Reformen. Denn voraussichtlich können sich Staaten danach günstiger verschulden.
Link: