Gemeinsamer Auftritt in TV-Show
Die russische Sopranistin mit österreichischer Staatsbürgerschaft Anna Netrebko hat offen ihre Unterstützung für die prorussischen Separatisten in der Ostukraine gezeigt und unter anderem mit deren Flagge posiert. Der Auftritt der Sängerin mit dem Separatisten Oleg Zarjow wurde am Montag kontrovers diskutiert.
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Die 43-Jährige hatte Zarjow am Sonntag in St. Petersburg bei einer im Fernsehen übertragenen Zeremonie einen Scheck in Höhe von umgerechnet gut 15.000 Euro für die Oper in der umkämpften Region Donezk übergeben. „Ich möchte etwas tun, um die Kunst dort zu unterstützen, wo es heute besonders nötig ist“, sagte Netrebko. Zarjow, der regelmäßig in die Region reist, um Spenden zu verteilen, rollte dann eine Flagge der ostukrainischen Separatisten aus, und Netrebko hielt eine Ecke davon in den Händen.
Zarjow jubelt über PR-Triumph
Allgemein waren die Reaktionen auf Netrebkos Vorstoß gemischt. „Anna Netrebko hat die Flagge von Neurussland gehisst!“, schrieb Zarjow selbst später im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Historisch bezieht sich der Name auf eine Provinz des Zarenreichs, die das russische Heer im 18. Jahrhundert von den Osmanen eroberte. Das Gebiet umfasste die heutige Ost- und Südukraine.
APA/EPA/
Netrebko überreicht Zarjow den Scheck
Empörung und Lob
„Gut gemacht, Anna, hoffen wir, dass Du deswegen nicht mit westlichen Sanktionen belegt wirst“, hieß es in einem Kommentar der russischen Tageszeitung „Moskowski Komsomolez“. Auf der ukrainischen Website Obosrewatel.com wurde die Sopranistin dafür kritisiert, „kein Wort“ darüber verloren zu haben, dass das Leiden der Musiker von Donezk und der dortigen Oper das Ergebnis der „Aktionen“ der selbst ernannten „Republik“ Donezk sei. Die prorussischen Separatisten in der Ostukraine kämpfen derzeit gegen die ukrainische Armee. Die Zentralregierung in Kiew hatte die Finanzmittel für die Oper in Donezk eingestellt.
Kritische Fragen verboten
Es ist seit langem bekannt, dass Netrebko ein Naheverhältnis zu Russlands Präsident Wladimir Putin und seiner Politik hat. In westlichen Medien verweigerte Netrebko seit Ausbruch des Ukraine-Konflikts Antworten auf Fragen zu ihrem Verhältnis zu Putin. Der deutschen Wochenzeitschrift „Die Zeit“ gab sie Ende letzten Jahres laut Angaben der Zeitung nur unter der Bedingung, nicht zu Putin befragt zu werden, ein Interview.
Neben der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim stand in den letzten Jahren aber vor allem die Frage, wie es russische Künstler von internationalem Rang mit Putins Umgang mit den Menschenrechten halten, im Mittelpunkt. Kritisiert wird im Westen ja insbesondere die systematische gesetzliche Benachteiligung von Homosexuellen. Das diesbezügliche Schweigen Netrebkos sorgte nicht nur in Europa, sondern auch in den USA für große Aufregung. Immer lauter wurden die Aufforderungen, Netrebko müsse sich erklären. Wohl auch mit Blick auf ihre Karriere fand Netrebko im Sommer des Vorjahres - anders als in der Frage des Ostukraine-Konflikts - schließlich indirekt distanzierende Worte zur Homosexuellenpolitik Putins.
Gergijew verteidigt „Festhalten an Tabus“
In Deutschland sorgte heuer auch der künftige Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, Waleri Gergijew, für ähnliche Aufregung. Der erklärte Putin-Unterstützer versuchte schließlich im Mai mit einem Brief ans Publikum die Wogen der medialen Aufregung zu glätten.
„Ich bin Musiker und Dirigent. Ich bin aber auch Russe und meinem Heimatland eng verbunden“, so Gergijew. Er könne nicht außer Acht lassen, „dass die russische Gesellschaft teilweise nach anderen fundamentalen Prinzipien lebt, als das in den westlichen Gesellschaften der Fall ist“. Er achte und respektiere die russische „Lebensmaxime“. „Dazu gehört auch das Festhalten an Tabus, die in den westlichen Ländern seit einigen Jahren nicht mehr gelten, aber zu deren Aufhebung es viele Anläufe und viel Zeit brauchte.“
Es sei an der Zeit, dass russische Starkünstler wie Netrebko und Gergijew Putin und seine Politik kritisierten, forderte die britische Zeitung „The Independent“ anlässlich von Netrebkos Statement gegen Diskriminierung im Vorjahr. Das könne Putin tatsächlich wehtun.
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