Sanktionen „nervöse Reaktion“
Russlands Präsident Wladimir Putin will keinen Zweifel daran lassen, dass ihn der Westen nicht einschüchtern kann. In seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation attackierte er am Donnerstag die Politik Europas und der USA auf das Schärfste und verteidigte im Gegenzug die Vorgehensweise Russlands im Ukraine-Konflikt.
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Putin warf dem Westen vor, seinem Land mit den Sanktionen gezielt schaden zu wollen. Der Ukraine-Konflikt und der Streit über die von Moskau annektierte Halbinsel Krim seien lediglich ein Vorwand gewesen, sagte Putin in seiner mehr als einstündigen Rede im Kreml.
„Feinde von gestern“ wollen Russland vernichten
Die Sanktionen seien eine „nervöse Reaktion“ des Westens auf den Aufstieg seines Landes. „Jedes Mal, wenn jemand glaubt, dass Russland zu stark, zu unabhängig geworden ist, werden sofort diese Instrumente angewendet.“ Nach dem Vorbild Jugoslawiens in den 90er Jahren strebten die „Feinde von gestern“ Russlands Untergang und Zerschlagung an.

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Die Annexion der Krim ist für Putin „in Einklang mit Völkerrecht“
Die Strafmaßnahmen der EU und der USA würden dem Westen „erheblich schaden“, meinte Putin. Für Moskau seien sie aber auch ein Ansporn. „Die Sanktionen sind der beste Anreiz für die Erreichung unserer Ziele.“ Er dankte „allen Russen für die Unterstützung in einem schicksalsvollen Moment, in dem sich die Zukunft entscheidet“.
Ohne Ukraine „anderer Vorwand“
Ohne die Ukraine-Krise „hätten sie sich einen anderen Vorwand ausgedacht, um die wachsenden Möglichkeiten Russlands einzudämmen“, sagte Putin vor den Abgeordneten beider Parlamentskammern im Kreml. Russland wolle die Beziehungen zu Europa und den USA aber nicht „abbrechen“. „Was in der Ostukraine geschieht, bestätigt die Richtigkeit unserer Haltung.“ Für viele europäische Länder sei der Begriff Nationalstolz unbedeutend geworden.
Krim mit Tempelberg gleichgesetzt
Putin warf der EU vor, Russland vor einem Jahr bei den Verhandlungen mit der Ukraine über ein Assoziationsabkommen „völlig ignoriert“ zu haben - trotz großer Auswirkungen des Vertrages auf Moskau. „Uns wurde gesagt, dass es uns angeblich nichts angeht.“ Russland habe aber legitime Interessen. Der Anschluss der Halbinsel Krim an Russland sei in Einklang mit dem Völkerrecht geschehen. Putin stellte die annektierte Schwarzmeer-Halbinsel auf eine Stufe mit dem Tempelberg: Die Krim habe eine „enorme kulturelle, heilige Bedeutung für Russland, so wie der Tempelberg in Jerusalem für diejenigen, die muslimischer oder jüdischer Konfession sind“.
Vom einstigen Chersones bei Sewastopol auf der Krim, wo sich der Legende nach Wladimir I., auch der Heilige oder Große genannt, im Jahr 988 taufen ließ, sei die Christianisierung Russlands ausgegangen, sagte Putin. „Dort finden sich die geistigen Ursprünge der altüberlieferten Einheit der russischen Nation und des russischen Zentralstaats“, so der Staatschef. „Auf diesem Boden war es, wo sich unsere Vorfahren bewusst wurden, dass sie ein einziges Volk bildeten, ein für alle Mal.“ So werde es Russland auch „in Zukunft“ halten.
Putin: Gleichgewicht der Welt durch USA beschädigt
Den USA warf Putin vor, das strategische Gleichgewicht in der Welt beschädigt zu haben. Der einseitige Ausstieg Washingtons aus dem Vertrag zur Begrenzung von Raketenabwehrsystemen 2002 sei nicht nur für Russland und die Welt gefährlich, sagte Putin. „Das ist gefährlich für die USA selbst, denn es schafft die Illusion der Unverwundbarkeit“, sagte Putin. Die USA waren im Juni 2002 aus dem Vertrag ausgestiegen. Die geplante Stationierung eines Raketenschirms der NATO in Osteuropa hatte zu scharfer Kritik Moskaus geführt.
Warnung an Rubel-Spekulanten
In den seit Monaten anhaltenden Absturz des Rubels soll nach dem Willen Putins nun die Zentralbank eingreifen. „Der Rubel-Kurs darf nicht ungestraft zum Spekulationsobjekt gemacht werden“, sagte er. Putin forderte die Zentralbank und die Regierung auf, „harte Maßnahmen“ dagegen zu ergreifen. Die „sogenannten Spekulanten“ müssten davon abgehalten werden, mit Kursschwankungen des Rubels zu „spielen“.
Der Rubel hat seit Jahresbeginn mehr als 60 Prozent seines Werts gegenüber dem Dollar verloren. Am Montag erreichte die russische Währung ihren tiefsten Stand seit der Finanzkrise 1998 mit Werten von 53,29 Rubel zum Dollar und 66,50 Rubel zum Euro. Am Mittwoch mussten dann sogar 54,82 Rubel für den Dollar bezahlt werden. Hintergrund der Entwicklung sind die westlichen Sanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise und der niedrige Ölpreis.
Kapitalflucht durch Amnestieangebot stoppen
Im Kampf gegen die Kapitalflucht aus seinem Land schlug Putin eine Amnestie vor, wenn Geld zurückgebracht wird. „Es geht um eine vollständige Amnestie. Wenn ein Mensch sein Kapital in Russland legalisiert, erhält er harte rechtliche Garantien, dass man ihn nicht durch die Instanzen zerren wird“, so Putin Diese Chance gebe es aber nur einmal. Zahlreiche Russen haben „Offshore-Kapital“ in Ländern mit günstigen Steuerbedingungen angelegt wie zum Beispiel in Zypern.
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