Ökologie „schwappt“ zu Rüstungsressort
Rund um die Welt haben Militärstrategen den Klimawandel bisher ausgeblendet. Mit dieser auch an die eigenen Reihen gerichteten Kritik hat sich der damalige US-Verteidigungsminister Chuck Hagel im Oktober in Peru vor über 30 Ressortkollegen aus Amerika und Europa zu Wort gemeldet. Hagel sieht künftige Umweltbedingungen als größte und zugleich am meisten vernachlässigte Herausforderung der Militärs.
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Hagel sieht den Klimawandel als Schlüsselfaktor an jedem möglichen Eckpunkt künftiger militärischer Einsätze, wie er damals betonte - beginnend bei Ursachen für das Ausbrechen von Kriegen über neue geopolitische Gewichtungen bis hin zu militärtaktischen Fragen. Als einfachstes Beispiel nannte Hagel, dass Docks und Infrastruktur der US-Marine in Norfolk, Virgina, Honolulu und Hawaii gemäß klimatologischen Berechnungen in nicht allzu langer Zeit „unter Wasser“ stehen werden.
Anforderungen für Heere verschieben sich
Aus Sicht des US-Verteidigungsministeriums ist zu berücksichtigen, dass Militäreinsätze in Zukunft immer öfter an den Schauplätzen von Naturkatastrophen stattfinden werden. Das hat nicht nur grundlegende Auswirkungen auf militärische Logistik, von intakter Infrastruktur bis hin zur Organisation des Nachschubs: Laut Hagel muss humanitäre Hilfe für die Bevölkerung noch in viel stärkerem Maß als bisher beim militärischen Einsatz mitgedacht werden - wenn nicht eine Naturkatastrophe ohnehin schon der Grund für den Ausbruch eines Konflikts ist.
„Wann immer sich eine Naturkatastrophe ereignet, gibt es immer auch das Element einer Gefährdung öffentlicher Sicherheit“, so Hagel. Gehe es nun um die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung oder „Individuen, die diese Katastrophen ausnützen wollen“, die Anforderungen für Heere würden sich durch den Klimawandel „verschieben“. Schwindende Wasservorräte und Nahrungsmittelkrisen würden künftig Hauptursachen politischer Radikalisierung sein, hatte das Pentagon schon bisher in mehreren Studien argumentiert.
Steigender Meeresspiegel als Herausforderung
„Nehmen Sie nur das eine Element des Klimawandels: mögliche Bedrohungen durch das Ansteigen des Meeresspiegels, die Küsten von Ländern, Inseln und sich daraus ergebende offensichtliche Herausforderungen für die Stabilität, Sicherheit und nationale Verteidigungsinstitutionen“, sagte Hagel vor Pressevertretern. Und dabei sei noch nicht einmal berücksichtigt, dass durch das Schmelzen der Polkappen eine neue Weltgegend, die bisher militärisch beinahe irrelevant war, zu einem neuen Brennpunkt wird: die Arktis.
Neue Gegebenheiten, neue Bedrohungen
„Wir sehen eine Arktis, die schmilzt, was bedeutet, dass wahrscheinlich ein neuer Seeweg entsteht. Wir wissen, dass dort bedeutende Mineralvorkommen und natürliche Öl- und Gasvorkommen sind. Das bedeutet, dass Nationen um diese natürlichen Ressourcen wetteifern werden. Das war bisher noch kein Thema. Man hat dort nicht hinaufgehen und etwas herausholen können“, so Hagel. Nun müsse man sich der Frage stellen, „was diese Bedingungen und neuen Gegebenheiten im Hinblick auf mögliche Bedrohungen bringen werden“.
Schon zuvor hatte Hagel gewarnt, dass die geopolitische Macht von morgen in der Arktis verteilt werde. Die USA selbst seien dafür nicht gerüstet, räumte er ein. Das Gebiet ist noch nicht einmal lückenlos durch Satellitenüberwachung abgedeckt, von eismeertauglichen Flotten und Stützpunkten dafür ganz zu schweigen. Die Arktis sei aber nur „eines von vielen Beispielen“, bei denen der Klimawandel in Sicherheitsthemen „überschwappen“ werde.
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