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Töchter nicht betroffen

Das Kartellgericht hat dem Handelskonzern Spar wegen Preisabsprachen eine Bußgeldzahlung von drei Millionen Euro auferlegt. Es handle sich dabei nur um einen Teilbeschluss zu Molkereiprodukten, da beim zweiten Bußgeldantrag zu weiteren 16 Produktgruppen noch keine Beweismittel vorliegen, führte Richterin Anneliese Kodek am Mittwoch bei der Urteilsverkündung aus.

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Die Geldstrafe betrifft den Spar-Konzern, den Töchtern Maximarkt und SLL konnte nichts nachgewiesen werden. Spar-Anwalt Bernhard Kofler-Senoner wertete das nicht rechtskräftige Urteil als Erfolg für Spar, zumal Teile zu dessen Gunsten ausgefallen seien, wie er im Anschluss vor Journalisten sagte. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), die ja die Bußgeldanträge beim Kartellgericht einbrachte, äußerte sich noch nicht zur Entscheidung.

Kritik an BWB

Der Konzern soll mit Lieferanten Preise abgesprochen haben. Seit Mai prozessiert der Händler deshalb vor dem Kartellgericht mit der BWB. Neben Spar-Chef Gerhard Drexel wurde auch BWB-Generaldirektor Theodor Thanner öffentlich einvernommen. Richterin Anneliese Kodek sparte bei der Urteilsverkündung auch nicht mit Kritik an der BWB.

Die Behörde führte im Jänner und August 2013 Razzien bei Spar durch, weil sie vertikale Preisabsprachen (mit Lieferanten) bei dem Händler vermutete. Diese haben sich nun im Fall von Molkereiprodukten bestätigt. Es habe eine „Preismoderation“ stattgefunden, da Lieferanten dazu veranlasst worden seien, Verkaufspreisempfehlungen abzugeben, erläuterte Kodek bei der Urteilsverkündung. Zweck war, dass die Lieferanten dieselben Preisempfehlungen auch anderen Händlern vorgeben, wodurch die Endverkaufspreise beeinflusst und auf dem gleichen Niveau gehalten werden sollten.

Spar „absolut kooperativ“

Kodek bezeichnete Spar bei der Urteilsbegründung als im Kartellverfahren „absolut kooperativ“. Dass sich Spar nicht auf einen Vergleich einließ - also ein Schuldanerkenntnis - könne nicht als mangelnde Kooperation gewertet werden. Spar ist das erste Unternehmen in der Lebensmittelbranche, das ein Verfahren wegen Preisabsprachen vor Gericht ausficht. Konkurrent REWE einigte sich mit der BWB und bezahlte 20,8 Mio. Euro Strafe.

Auch dass Spar bei der Hausdurchsuchung nicht kooperativ gewesen sei, weil die Versiegelung der Unterlagen beantragt wurde, könne man dem Unternehmen nicht zum Vorwurf machen, so die Richterin. Es sei sogar eine „Fehlentscheidung“ der BWB gewesen, die Hausdurchsuchung ausgerechnet kurz vor Inkrafttreten einer Gesetzesnovelle durchzuführen, nach der die Totalversiegelung von Dokumenten nicht mehr möglich gewesen wäre. Die Razzia fand im Jänner 2013 statt, die Novelle trat im März in Kraft. „Diese Fehlentscheidung der BWB kann man Spar nicht anlasten“, sagte Kodek.

BWB begrüßt Urteil

Seitens der BWB werde das Urteil begrüßt, hieß es zur APA. „Wir warten nun aber die schriftliche Fassung ab“, so eine Sprecherin. Zur Schelte der Richterin äußerte sie sich nicht. Bei der Höhe des Bußgeldes orientierte sich das Kartellgericht an der Strafe, die Konkurrent REWE bekam. Dass REWE 20,8 Mio. Euro zahlte, während Spar nur drei Mio. Euro aufgebrummt wurden, liege daran, dass das Verfahren gegen REWE 20 Produktgruppen betraf, jenes von Spar aber nur eine. Bei REWE wurde ein Zeitraum von fünf Jahren betrachtet, bei Spar von zehn (2002 bis 2012).

Drexel wollte Rechtssicherheit statt Vergleich

Die Entscheidung wird beiden Parteien noch vor Weihnachten schriftlich zugestellt. Richterin Kodek hofft, damit zur Rechtssicherheit in der Branche beitragen zu können. Drexel hatte immer betont, er wolle auf dem juristischen Weg die Rechtssicherheit für seine Branche erlangen. Ein Vergleich mit der BWB kam für Drexel nicht infrage. Drexel und BWB-Generaldirektor Thanner schenkten einander diesbezüglich im Vorfeld des Prozesses wenig und trugen ihren Konflikt öffentlich aus.

Die Wogen gingen vor allem nach der zweiten Hausdurchsuchung im August 2013 hoch, da Spar der BWB vorwarf, eine „illegale Spionagesoftware“ benutzt zu haben - was die Behörde stets abstritt. Drexel sagte im Juni 2014 am Kartellgericht sinngemäß aus: In einem inoffiziellen Treffen mit Thanner habe er ihm angeboten, sich zu vergleichen und die „Spionageangelegenheit“ nicht öffentlich zu machen - sofern die BWB von einem Bußgeldantrag gegen Spar absehe. Thanner lehnte ab. Diese Aussagen hat das Kartellgericht an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geschickt. Dort läuft ein Ermittlungsverfahren.

AK: Geld muss in Konsumentenschutz fließen

Die Arbeiterkammer (AK) forderte am Mittwoch in einer Stellungnahme, dass die Strafzahlung den Konsumenten zugutekommt. Es müsse grundsätzlich eine Lösung gefunden werden, wonach Geldbußen, die Unternehmen wegen Kartellverstößen zahlen müssen, zumindest zum Teil direkt in den Konsumentenschutz fließen, so die AK. „Kartellabsprachen zahlen am Ende die Verbraucherinnen und Verbraucher mit höheren Preisen. Deshalb muss auch die Strafe in den Verbraucherschutz fließen“, so Silvia Angelo, Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik der AK.

Ein Blick auf die jüngsten Entscheidungen des Kartellgerichts zeige, dass die vermeintlichen Vorteile des Wettbewerbs bei den Konsumenten oftmals nicht ankommen. So verhängte das Kartellgericht in den Jahren 2013 und 2014 Geldbußen in der Höhe von mehr als 33 Millionen Euro, geschädigt wurden in allen Fällen Konsumenten. Von den verhängten Geldbußen hätten sie allerdings bisher nichts gesehen, kritisierte Angelo.

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