Reisedokument mit Nordlicht
Einfache Linien und Pastellfarben: Das sind die Grundelemente des grafischen Entwurfs für einen neuen norwegischen Reisepass, der jetzt schon als Designmeisterwerk abgefeiert wird. Das kühle Konzept scheint mit dem bürokratischen Protzstil in anderen Ländern überhaupt nichts gemein zu haben.
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Und damit macht skandinavisches Design seinem Ruf wieder einmal alle Ehre. Im Februar war von den Behörden ein Wettbewerb für die Gestaltung neuer Reisepässe und Personalausweise ausgeschrieben worden. Diese Woche wurde das Siegerprojekt vorgestellt. Die Agentur Neue konnte sich mit ihrem Konzept einer auf die Essenz reduzierten Landschaftsdarstellung durchsetzen.

neue.no/Neue Design Studio
Berge, Schnee, das Meer und die Sonne
Überraschung am Kontrollschalter
„Die Landschaft mit ihrer enormen Vielfalt vom Süden zum Norden war der Ansatzpunkt für das Designkonzept“, schreibt die Agentur. Doch auch ein Überraschungseffekt wurde eingebaut: Hält man den Pass unter UV-Licht, wie das zum Auslesen von Sicherheitsmerkmalen bei Kontrollen praktiziert wird, verändert sich das Bild völlig. Die Landschaft fällt ins Dunkelblau der Nacht, erleuchtet von einem Nordlicht am Himmel. Ähnliche Effekte mit UV-Licht zeigen sich ebenfalls beim britischen Pass, wenn auch weit weniger spektakulär.

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Der Pass unter UV-Licht
„Aufregende Abstraktion“
Die Landschaft abzubilden sei das beste Konzept gewesen, lobt auch die Jury den Entwurf. Das Sujet spiegle einerseits die norwegische Identität wider und garantiere andererseits, dass der Pass als wertvolles Dokument gesehen wird. Das Design sei attraktiv und stylish, die Farben seien raffiniert, und die Abstraktionen der Landschaft seien aufregend. Vor allem aber besteche der Entwurf durch seine Einfachheit, so die Jury.

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Der Pass in seinen drei Varianten
Auch beim Umschlag entschied sich das Designstudio für noble Zurückhaltung. Die goldenen Letter und das Staatswappen sind eher dezent angebracht. Hauptsächlich wird der Pass in hellroter Normalausfertigung zu sehen sein, jene für Diplomaten sind in Türkis gehalten. Eine weiße Variante gibt es für Migranten, die sich legal in Norwegen aufhalten, aber keine Staatsbürgerschaft des Landes haben und keine Chance auf einen Pass ihres Heimatlandes haben.
Design als Teil der Kultur
Wann die Pässe ausgegeben werden, steht noch nicht fest. Im Laufe der nächsten zwei Jahre soll es so weit sein, zuvor müssen aber noch in Zusammenarbeit mit den Behörden weitere Sicherheitsfeatures in den Entwurf implementiert werden.
Alle Norweger seien mit der Natur verbunden, das mache einen großen Teil der Geschichte Norwegens aus und definiere auch das Land, so Agenturchefin Görill Kvamme gegenüber dem „Guardian“. Umgekehrt würde auch Design dabei helfen auszudrücken, zu welchem Land und welcher Kultur man gehört. Und da scheinen sich die Skandinavier einig zu sein: Auch Finnland hat sich bei seinen neuen Pässen einen netten Effekt einfallen lassen. Das Reisedokument funktioniert als Daumenkino, man sieht einen wandernden Elch.
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