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„Näher bei Fischer als bei Gabalier“

Die Integrationsaktion „#stolzdrauf“ ist in den Sozialen Netzwerken zwiespältig aufgenommen worden. Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) verteidigte jedoch die Aktion. Dass die Kampagne „unterschiedliche Reaktionen auslösen“ werde, sei keine Überraschung, sagte Kurz in der ZIB24 in der Nacht auf Mittwoch.

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Wenn es darum geht, worauf man stolz ist, sei er „näher beim Bundespräsidenten als bei (dem volkstümlichen Schlagersänger Andreas, Anm.) Gabalier, der stolz auf die Lederhosen ist“. Damit bezog sich Kurz auf die Kritik daran, Gabalier, der sich geweigert hatte, die „großen Töchter“ in der Bundeshymne zu besingen, in die Kampagne einbezogen zu haben - und darauf, dass sich Heinz Fischer stolz auf die Spendenfreudigkeit der Österreicher und die Aktion „Licht ins Dunkel“ gezeigt hatte. Es gebe einen „linken und rechten Rand, der Störgeräusche verursacht“, gleichzeitig aber auch „Gott sei Dank die breite Masse, die mitmacht“, so Kurz.

Ministerium sieht Sogwirkung

Seitens des Ministeriums wies man am Mittwoch auf den Erfolg der Kampagne hin. Die Kampagnenplattform sei 15.000-mal genutzt worden, auf Facebook habe man „inklusive Likes und Shares 300.000 Personen“ erreicht. 1.500 Tweets seien in den ersten 24 Stunden gemessen worden, so ein Ministeriumssprecher.

Unter dem Schlagwort „#stolzdrauf“ soll das Österreich-Bewusstsein gestärkt werden, hieß es bei der gemeinsamen Präsentation mit dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) am Montag in Wien. Österreicher mit Migrationshintergrund, die hierzulande erfolgreich Fuß gefasst haben, geben einen Einblick in ihre Erfahrungen und worauf sie in ihrer neuen Heimat stolz sind, so das Credo.

Knappes Drittel sieht Österreich nicht als Heimat

Die Initiative solle zeigen, dass Migranten ihre neue Heimat aktiv mitgestalten können, sagte ÖIF-Geschäftsführer Franz Wolf und verwies auf eine aktuelle Studie, wonach sich 30 Prozent der Befragten mit Migrationshintergrund noch immer stärker ihrem Herkunftsland zugehörig fühlen. Unter den Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien ist es rund ein Viertel, unter jenen aus der Türkei rund 42 Prozent. „Immer wieder tun sich Junge schwer mit dem Zugehörigkeitsgefühl“, sagte Kurz. Mit der Kampagne soll daher die Masse der Bevölkerung erreicht und das Gemeinsame hervorgehoben werden.

Fischer, Gabalier und Dagi eingeladen

Die Aktion wird in den nächsten Wochen in allen Medien beworben, der Schwerpunkt liegt jedoch auf den Sozialen Netzwerken. Als Vorbild dient die „Ice Bucket-Challenge“, bei der einander Menschen dazu einladen konnten, sich mit einem Kübel Eiswasser zu übergießen oder für die Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) zu spenden. Bei „#stolzdrauf“ können drei Personen nominiert werden, von sich preiszugeben, worauf in Österreich sie stolz sind. Die ersten Einladungen von Kurz gingen dabei eben an Bundespräsident Fischer, Ex-Miss Amina Dagi und „Volks-Rock-’n’-Roller“ Gabalier.

Andreas Gabalier bei der Formel 1 in Spielberg

APA/EPA/Hans Klaus Techt

Gabalier verweigerte beim Spielberg-Autorennen die neue Hymne

Sarkasmus statt Optimismus

Bevor die Kampagne via Print und TV überhaupt noch beworben wurde, nahm sie auf der Kurznachrichtenseite Twitter deutlich an Fahrt auf. Jedoch nicht so, wie es sich Kurz und der ÖIF gewünscht hätten. Statt positive Österreich-Aspekte hervorzuheben, musste „#stolzdrauf“ für zahlreiche sarkastische Kommentare herhalten. „€19 Mrd. für die Rettung der #Hypo - kein Geld für die Hochschulen. #stolzdrauf“, zitierten die „Salzburger Nachrichten“ einen User. „Habe zwei töchter und bin #stolzdrauf die bundeshymne richtig und nicht geschlechterdiskriminierend singen zu können“, nahm ein anderer User Bezug auf die Einladung von Gabalier.

Dieser meldete sich via Facebook beim Start der Aktion übrigens umgehend. „Ich bin stolz darauf, dass es noch sooo viele Dirndln und Buam im Land gibt, die unsere Kultur und Tradition zeitgemäß leben und weitergeben, und hoffentlich noch lange im Trachtengewand außer Haus gehen“, so die wenig überraschende Zusammenfassung dessen, worauf der Schlagersänger stolz ist. Er nominierte Marcel Hirscher, David Alaba und Anna Fenninger.

Grüne kritisieren Imagekampagne

Auch die grüne Integrationssprecherin Alev Korun ist mit Gabalier als Integrationsaushängeschild nicht glücklich. Sie riet zu anderen Schritten als zu „einer Imagekampagne mit Gabalier, dem es schon beim Wort ‚Töchter‘ die Haare aufstellt“. Die Grünen fordern etwa die Einführung von anonymisierten Bewerbungsverfahren und die Abschaffung von Sonderschulen, „damit nicht mehr überdurchschnittlich viele mehrsprachige Kinder in die Sonderschule abgeschoben werden“. Auch ein modernes Zugehörigkeits- bzw. Staatsbürgerschaftsrecht, das in Österreich geborenen Kinder automatisch die österreichische Staatsbürgerschaft einräumen würde, hätte für die Grünen Priorität.

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