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Konjunktur verliert weiter an Schwung

Die Befürchtungen haben sich bewahrheitet: Österreichs Wirtschaft ist im dritten Quartal gar nicht mehr gewachsen - damit hat die Konjunktur weiter an Schwung verloren. Gegenüber dem vorhergehenden Vierteljahr legte das Bruttoinlandsprodukt nach Berechnungen des Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) nicht weiter zu, und der reale Zuwachs des zweiten Quartals wurde vom Institut von ursprünglich 0,2 auf 0,1 Prozent nach unten revidiert.

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Schwach sind Investitionen und Außenhandel, und auch beim Konsum von heimischen Haushalten sieht es nicht gerade prächtig aus. Die Bruttoanlageinvestitionen in Österreich wurden nach Angaben des WIFO Ende Oktober im zweiten und im dritten Quartal gegenüber der Vorperiode eingeschränkt, zuletzt verloren Ausrüstungs- und Bauinvestitionen merklich an Kraft.

Auch der schwache Außenhandel belastete laut WIFO das Gesamtergebnis im dritten Quartal. Die heimischen Exporte im weiteren Sinne dürften gegenüber der Vorperiode real um 1,3 Prozent nachgegeben haben. Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte stieg nur geringfügig, nämlich real um 0,2 Prozent.

Erstmals wieder seit Anfang 2013

Zuletzt war für Österreichs Wirtschaft für Anfang 2013 und Ende 2012 ein Stillstand des Wachstums vermeldet worden, damals herrschte fast Rezession. Vor einem erneuten Rückfall auf ein Nullwachstum hatten Ökonomen nun seit Wochen gewarnt. So erklärte Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek Ende September, er halte es für möglich, dass es in Österreich in den beiden Schlussquartalen kein Realwachstum gebe.

Laut WIFO-Angaben von Ende Oktober sind die - zu Jahresanfang durch Nova-Erhöhungs-Vorzieheffekte gestiegenen - Bruttoanlageinvestitionen von April bis September eingeschränkt worden, so dass gegenüber der Vorperiode hier im zweiten Quartal ein Minus von 0,5 Prozent und im dritten Quartal ein Rückgang von 1,1 Prozent zu Buche stand. Im dritten Quartal verloren sowohl die Ausrüstungsinvestitionen (-0,7 Prozent) als auch die Bauinvestitionen (-1,7 Prozent) merklich an Kraft, wie das Wirtschaftsforschungsinstitut in einer Aussendung erklärte.

Exporte knickten ein

Auch die schwache Entwicklung im Außenhandel belastete dem Institut zufolge das Gesamtergebnis des dritten Quartals. Die heimischen Exporte im weiteren Sinne dürften gegenüber der Vorperiode real um 1,3 Prozent nachgegeben haben. Vor allem die Warenexporte gingen - nach der Steigerung im ersten Halbjahr - merklich zurück. Auch die Importe von Waren und Dienstleistungen waren im dritten Quartal nach diesen ersten Schätzungen rückläufig, jedoch nicht so deutlich wie die Ausfuhren.

Unter der Zurückhaltung der Exportnachfrage wie der Investitionen litt auch die heimische Produktion. Die Wertschöpfung der Herstellung von Waren dürfte laut WIFO im dritten Quartal gegenüber dem zweiten Quartal real um 0,3 Prozent gesunken sein. Auch in der Bauwirtschaft schrumpfte demnach die reale Wertschöpfung empfindlich.

Miniwachstum bei Konsum

Und die Konsumnachfrage der privaten Haushalte stieg im dritten Quartal nur geringfügig, nämlich real um 0,2 Prozent - ebenso wie im ersten Quartal, im zweiten Quartal waren es plus 0,1 Prozent. Die BIP-Schnellschätzungen wird das WIFO künftig übrigens früher vorlegen, nämlich schon 30 Tage nach Quartalsende - bisher waren es 45 Tage.

Im Jahresabstand bremste sich das reale BIP-Wachstum laut WIFO von 0,6 Prozent im ersten und zweiten Quartal auf nur noch 0,2 Prozent im dritten Quartal ab - so wenig wie seit dem zweiten Vierteljahr 2013 nicht mehr, damals hatte es binnen Jahresfrist ein Nullwachstum gegeben. Dazwischen hatte sich die Wirtschaft aber auch belebter gezeigt: Im vierten Quartal 2013 hatte das BIP im Jahresabstand real um 0,9 Prozent zugelegt und gegenüber dem Vorquartal um 0,3 Prozent.

Für das heurige Gesamtjahr 2014 hatten WIFO und IHS Mitte September ein reales Plus von 0,8 Prozent vorhergesagt - wie auch erst vorige Woche die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) - und für 2015 ein Wachstum von 1,2 (WIFO) und 1,6 Prozent (IHS). Ihre nächsten vierteljährlichen Prognosen wollen die beiden Institute am 18. Dezember vorlegen.

Leitl fordert Wachstumsanstrengungen

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl verlangt von der Regierung angesichts der jüngsten schwachen WIFO-Konjunkturdaten verstärkte Wachstumsanstrengungen. Erste positive Maßnahmen seien eingeleitet worden, doch es brauche mehr, etwa im Bereich der Wohnbauförderung und der thermischen Sanierung, sagte er Ende Oktober bei einer Pressekonferenz des ÖVP-Wirtschaftsbunds.

Die AK-Wien forderte ebenso wie Sonja Steßl (SPÖ), Staatssekretärin im Bundeskanzleramt, eine rasche Steuerreform, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. NEOS sieht die Gefahr, dass Österreich in eine Rezession schlittert. Die anstehenden Verhandlungen zur Steuerreform und zum Finanzausgleich müssten daher für die Auflösung des Reformstaus genützt werden, so NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn.

IWF prognostiziert ein Prozent Wachstum heuer

Erst Anfang Oktober hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) aufhorchen lassen. Die Weltwirtschaft verliert nach IWF-Angaben weiter an Fahrt. Die Prognose für Österreich ist eine Spur besser als jene von WIFO und dem Institut für höhere Studien (IHS). So soll Österreichs Wirtschaft nach IWF-Berechnungen heuer real um 1,0 Prozent wachsen, 2015 soll sich das BIP-Wachstum auf 1,9 Prozent beschleunigen.

Das geht aus dem Anfang Oktober präsentierten „World Economic Outlook“ hervor. Der Anstieg der österreichischen Verbraucherpreise soll heuer und im kommenden Jahr 1,7 Prozent betragen, der Leistungsbilanzüberschuss wird sich nach Ansicht der IWF-Ökonomen von heuer 3,0 Prozent auf 3,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) weiter verbessern. Die Situation auf dem österreichischen Arbeitsmarkt wird aus internationaler Sicht weiterhin relativ entspannt bleiben und nach IWF-Berechnung heuer 5,0 und im nächsten Jahr 4,9 Prozent betragen.

„Stagnation in Euro-Zone“

Die in Washington ansässige Finanzinstitution IWF senkte ihre Erwartung für das globale Wirtschaftswachstum in diesem Jahr auf 3,3 Prozent. Als Gründe nannte der IWF die Gefahr einer Stagnation in der Euro-Zone sowie geopolitische Risiken durch die Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine.

Im Jahr 2015 soll die Wirtschaftsleistung der Welt den Angaben zufolge um 3,8 Prozent zulegen, nachdem beim Konjunkturausblick im Juli noch von 4,0 Prozent Wachstum die Rede war. „Das weltweite Wachstum bleibt fragil und uneinheitlich“, heißt es in dem IWF-Bericht. Die Industrieländer und insbesondere die Euro-Zone seien noch nicht vollständig aus dem Schatten der Finanzkrise herausgetreten.

Für lockere Geldpolitik als Ankurbelung

Die Experten des Währungsfonds sprechen sich daher für eine weiterhin lockere Geldpolitik aus, um die Konjunktur zu unterstützen. In „einer Reihe von Volkswirtschaften“ könnten außerdem staatliche Investitionen in die Infrastruktur das Wachstum stärken. Vor allem Deutschland empfiehlt der IWF, mehr Geld für die Modernisierung des Straßen- und Schienennetzes auszugeben.

Die USA sieht der Währungsfonds nach dem winterbedingten Konjunktureinbruch zu Jahresbeginn wieder auf robustem Wachstumskurs. Das Bruttoinlandsprodukt der weltgrößten Volkswirtschaft soll in diesem Jahr um 2,2 Prozent zulegen, ein Plus von 0,5 Prozentpunkten im Vergleich zum Juli. Für 2015 erwartet der Währungsfonds ein Wachstum von 3,1 Prozent.

Deutschland kein Konjunkturmotor mehr?

Der Ausblick für die Euro-Zone trübte sich dagegen ein. Der Währungsfonds senkte seine Wachstumsprognose für 2014 um 0,3 Prozentpunkte auf 0,8 Prozent. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaftsleistung im Euro-Raum statt um 1,5 Prozent nur um 1,3 Prozent zulegen. Schlechte Nachrichten hielt der IWF für Frankreich und vor allem Italien bereit, dessen Wirtschaft in diesem Jahr sogar um 0,2 Prozent schrumpfen soll.

Auch für Deutschland korrigierte der IWF die Wachstumserwartung für dieses Jahr um 0,5 Prozentpunkte auf 1,4 Prozent nach unten. Für 2015 rechnet die Organisation dann mit 1,5 Prozent Wachstum in der Bundesrepublik. Unter den Schwellenländern bleibt China der Wachstumsgarant. Für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt erwartet der Währungsfonds ein Wachstum von 7,4 Prozent in diesem Jahr und 7,1 Prozent im kommenden Jahr.

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