„Klimawandel nicht berücksichtigt“
Die von der australischen Regierung angekündigten Maßnahmen zum Schutz des vor der Ostküste gelegenen Great Barrier Reef sind nach Einschätzung führender Wissenschaftler ungenügend und werden den Niedergang des Naturwunders langfristig nicht aufhalten.
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Das Korallenriff ist Heimat vieler seltener Tier- und Pflanzenarten und es ist auch grundlegend für das Funktionieren des Meeresökosystems. Die australische Akademie der Wissenschaften erklärte am Dienstag, die Pläne der Regierung berücksichtigten weder die Auswirkungen des Klimawandels, noch gäben sie eine Antwort auf die Probleme der Wasserqualität, der Küstenentwicklung und der Fischerei.

Reuters/Great Barrier Reef National Park Authority
Ein Taucher am Great Barrier Reef
Experte: Nur kurzfristig gedacht
Das Akademiemitglied Terry Hugues sagte, für die Wissenschaft sei klar, dass das Korallenriff dabei sei abzusterben. Mit dem Plan lasse sich der Verfall des Riffs nicht stoppen und noch nicht einmal sein gegenwärtiger Zustand erhalten. Das Maßnahmenpaket sei eher darauf ausgerichtet, kurzfristig die UNO-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) zu besänftigen.

AP/Kike Calvo
Der UNESCO gilt das Riff - noch - als schützenswert
Diese hatte Australien dazu gedrängt, bis zum 1. Februar 2015 einen Bericht über Schutzmaßnahmen für das Korallenriff vorzulegen. Die UNESCO drohte, das Weltnaturerbe Great Barrier Reef andernfalls als „gefährdet“ einzustufen. Hugues zufolge reichen die Pläne nicht aus, um die Meeresverschmutzung durch die Landwirtschaft zu verringern. Er verwies auf Baggerarbeiten für Kohlehäfen und die Absicht der Regierung des Bundesstaats Queensland, die Landwirtschaftsproduktion bis 2040 zu verdoppeln. Das Überleben des Riffs hänge von der Verringerung der Umweltverschmutzung, der Einschränkung der Fischerei und der Reduzierung der Kohlendioxidemissionen aus fossilen Brennstoffen ab.
Umweltschützer rufen nach strengeren Regeln
Auch Umweltschützern begegnen den Regierungsplänen mit Skepsis. Das vorgelegte Maßnahmenpaket reiche nicht aus, „um den Verfall des Riffs zu stoppen“, sagte der Vorsitzende des australischen Verbandes der Umweltschutzorganisation WWF, Dermot O’Gorman, bereits im September. O’Gorman vermisste in dem Regierungsplan „die Milliarden Dollar, die zur Wiederherstellung der Gesundheit des Riffs gebraucht werden“. Positive Worte fand er allerdings für die geplante Verbesserung der Behördenzusammenarbeit.

AP/Kike Calvo
Eine Steinkoralle in dem Riff
Felicity Wishart von der Australischen Gesellschaft für Meeresschutz (Australian Marine Conservation Society) forderte Gesetze, die Baggerarbeiten reduzieren und die Entsorgung des Aushubs im Schutzgebiet verbieten. Der Plan lasse zwar den „guten Willen“ der Regierung erkennen, zum Schutz des Korallenriffs seien aber strenge Gesetze nötig.
Regierungsplan sieht Ausnahmen vor
Umweltminister Greg Hunt hatte im September den „Riff-2050-Langzeit-Nachhaltigkeitsplan“ vorgelegt. Er sieht unter anderem ein Verbot zur Entwicklung neuer Häfen im Fitzroy-Delta, in der Keppel Bay und auf der Insel Curtis im Bundesstaat Queensland vor. Für zehn Jahre sollen zudem in und um das Korallenriff keine Aushubarbeiten für neue Häfen oder zum Ausbau bestehender Häfen vorgenommen werden dürfen. Allerdings sind Ausnahmen für als wichtig eingestufte Entwicklungsprojekte vorgesehen.

Reuters/Great Barrier Reef National Park Authority
Das Riff wird auch kommerziell genutzt
Das Problem mit den Frachtschiffen
Tierschützer forderten bereits im Sommer eine Geschwindigkeitsbeschränkung für Frachtschiffe, die das Great Barrier Reef durchqueren. Damit könnten tödliche Zusammenstöße mit Walen verhindert werden, heißt es in einem Anfang Juli veröffentlichten Bericht der Umweltorganisation IFAW. Meeressäuger werden durch Kollisionen mit Schiffen oder ihren Schiffsschrauben verletzt oder getötet.

AP/Australian Maritime Safety
Immer wieder laufen in dem Korallenriff auch Frachtschiffe auf wie hier im April 2010
Genau Zahlen über Zusammenstöße gebe es nicht, sagte IFAW-Ozeanprojektleiter Matt Collis der Zeitung „Guardian“. Die Besatzung eines großen Schiffes merke meistens nicht, wenn ein Wal getroffen wird. „Die meisten Berichte kommen von Wissenschaftlern, die gestrandete Tiere untersuchen, deren Innenleben von einer Kollision völlig zerstört wurde.“
Täglich fahren durchschnittlich elf große Containerschiffe durch Lebensräume der Wale im Riff, wie IFAW schrieb. Diese Zahl könne sich bis 2020 verdoppeln. Bei einer Geschwindigkeit von zwölf bis 14 Knoten (22 bis 26 km/h) habe ein Wal bei einem Zusammenstoß nur eine 30-prozentige Überlebenschance, bei zehn Knoten steige diese auf mehr als sechzig Prozent. Tempolimits in den Gewässern um Neuseeland führten demnach bereits zu einem starken Rückgang der Kollisionen.
Riff schrumpft weiter
Seit Jahren schrumpft das Korallenriff infolge des Klimawandels, der Wasserverschmutzung, der Hafenwirtschaft und der Fischerei. Zusätzlich wird das Riff durch eine Plage von Dornenkronenseesternen belastet, die sich von Korallen ernähren. Das Great Barrier Reef diente als Vorlage etwa für die prächtige Unterwasserwelt im Zeichentrickfilm „Findet Nemo“.
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