„Fixed?“
Für technische Ausgereiftheit bekommt die indische App der „Swachh Bharat“ („Hygiene-Bewegung“) wohl keinen Preis. Aber genau die Einfachheit des Smartphone-Tools könnte ein Meilenstein im Kampf um mehr Umweltschutz und bessere hygienische Verhältnisse in Indien - und dem Rest der Welt - werden. Die App tut nicht mehr und nicht weniger, als Kommunen beim Saubermachen auf die Finger zu schauen.
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Die App will vor allem Druck auf jene 4.041 Städte ausüben, die bisher gemäß dem entsprechenden Aufruf von Premier Narendra Modi versprochen haben, innerhalb der nächsten fünf Jahre „sauber“ zu werden. Vorerst sind dem Gelöbnis keine nennenswerte Taten gefolgt. Nun brauchen Bürger dieser Städte nur per Smartphone einen Missstand zu fotografieren, die App übernimmt den Rest - nämlich das Foto mit genauen Geodaten und dem vorgefertigten Text „Bitte bringt das in Ordnung“ auf Web-2.0-Plattformen posten, Kontrolle inklusive.
Mehr als nur ein digitaler Pranger
Es geht damit um mehr als das Nützen von Internetplattformen wie Twitter und Facebook als digitalem Pranger, denn die App postet die Bilder und Daten zwar genau dorthin - zusätzlich aber werden die Daten der Angaben vernetzt. Angaben über örtliche Häufungen und die am öftesten vorkommende Art von Missständen - die App bietet dazu ein Pull-Down-Menü - sowie nachlässige Verantwortliche lassen sich so auf einen Blick statistisch auswerten. Und das vielleicht Wichtigste: Es wird vermerkt, ob der Missstand schon beseitigt wurde.

AP/Rafiq Maqbool
Ein verschmutzter Bach in Mumbai
Vorerst, zum Start der App, dominierte im Factsheet zur App in der Spalte „Fixed?“ eine Reihe von „No“. Ein Missstand gilt laut der App so lange als vorhanden, bis nicht jemand ein Foto desselben Ortes im gesäuberten Zustand dazupostet. Schwindeln ist angesichts der automatischen Datenvernetzung nahezu ausgeschlossen. So wollen die Macher der App Druck auf jene - tendenziell städtischen - Kommunen machen, bei denen die Beseitigung der aufgezeigten Missstände an Ineffizienz und/oder Korruption scheitert.

AP/Press Trust of India
Modi hat Hygiene und Umweltschutz zu einem der Hauptanliegen seiner Regierung erklärt.
App-Macher wollen kopiert werden
Beabsichtigt ist, dass sich die „Swachh Bharat“-App so schnell und weit wie möglich verbreitet. Das Gerüst der App wird über die Codeshare-Plattform GitHub der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Damit ließen sich nicht nur vergleichbare Apps rund um die Welt basteln, sondern alle möglichen Werkzeuge zur Crowdsharing-Bürgerbeteiligung ausdenken, so zuletzt die Blogger-Site „Vocativ“, etwa auch zur Dokumentation von Polizeiübergriffen oder anderen Verfehlungen von Behörden.
Modis Regierung unterstützt die App. Deren Macher betonen aber ihre Unabhängigkeit von der Regierung. Sie sind allerdings eine der ersten Firmen, die von einem neuen Gesetz profitieren, das Wohlfahrtsaufgaben vermehrt auch über unternehmerische Eigeninitiative betreut wissen will. Vereinfacht gesagt erlaubt das Gesetz Firmen, sich selbst eine gemeinnützige Aufgabe zu suchen und diese zu betreuen. Wenn dabei Profit für die Firma herausschaut, ist deren Gewinn bis zu einem gewissen Maß steuerfrei - und bei Reinvestitionen in den gemeinnützigen Zweck in noch höherem Ausmaß.
Zuckerberg will mitmischen
Entsprechend dem Smartphone-Markt in Indien gibt es die App vorerst zwar nur für Android-Geräte, die Version für Apples iPhones ist jedoch schon in Arbeit. Vor allem aber will Facebook-Chef Marc Zuckerberg laut eigener Aussage Swachh Bharat und vergleichbare Initiativen in Indien nach Kräften fördern. Indien hat über 240 Millionen Internetuser, rund 100 Millionen davon haben einen Facebook-Account. Die Macher der App bleiben jedoch skeptisch. Gegenüber der „Times of India“ sagte einer von ihnen, es gehe „nun darum, das Engagement nachhaltig zu machen und nicht zur hypegenerierenden Übung verkommen zu lassen“.
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