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„Unendliche Möglichkeiten eröffnet“

„Es war wunderbar“. Mit diesen Worten hat Alan Eustace am Freitag gegenüber der „New York Times“ („NYT“) seinen Sprung aus der Stratosphäre beschrieben, mit dem er den erst vor zwei Jahren von Felix Baumgartner aufgestellten Höhenrekord nun deutlich überboten haben dürfte.

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Eustace, der sein Geld als hochrangiger Manager beim Internetkonzern Google verdient, gilt ist als akribischer Tüftler und ist eigenen Angaben zufolge seit seiner Kindheit flug- und weltraumbegeistert. Unter anderem habe der im US-Bundesstaat Florida aufgewachsene Computerspezialist in den 60er und 70er Jahren nahezu jeden Start vom NASA-Raketenstartzentrum in Cape Canaveral live mitverfolgt.

Alan Eustace in Stratosphärenanzug

APA/AP/Paragon Space Development Corporation

Eustace arbeitete rund drei Jahre an dem Stratosphärenprojekt

Drei Jahre arbeitete der hochrangige Google-Manager nun an dem offenbar geglückten Stratosphärenprojekt, das allerdings erst den Anfang eines weit größer angelegten Unterfangens sein dürfte: Geht alles nach Plan, soll bereits ab 2016 auch Touristen ein Ausflug in die Stratosphäre ermöglicht werden. Nun seien „unendliche Möglichkeiten“ eröffnet, um künftig „selten erkundete Teile der Stratosphäre“ zu besuchen, so Grant Anderson von der projektverantwortlichen Firma Paragon Space Developement Corp. (PSDC).

Konkret soll die von Eustace verwendete Technologie, darunter etwa jener Heliumballon, der den 57-Jährigen in rund zwei Stunden in die Stratosphäre brachte, und der verwendete Spezialanzug, auch bei kommerziellen Raumflügen zum Einsatz kommen. Bereits in zwei Jahren will die US-Bundesstaat Arizona ansässige Firma World View Enterprises der Nachrichtenagentur AP zufolge zahlende Kundschaft mittels futuristisch anmutender Kapseln in die Stratosphäre befördern. Eustaces Raumanzug wäre den Angaben zufolge dann für etwaige Rettungseinsätze mit an Bord.

Alan Eustace in Stratosphärenanzug

APA/EPA/Paragon Space Development/J. Mar

Mittels Heliumballons und Spezialanzugs wurde der 57-Jährige auf rund 41 Kilometer Höhe gebracht

Schallgeschwindigkeit durchbrochen

Eustace verzichtete im Gegensatz zu Baumgartner auf eine Kapsel und ließ sich in Roswell (US-Bundesstaat New Mexico) nur in seinem Spezialanzug am Ballon befestigt nach oben befördern. Den Fallschirm öffnete er in einer Höhe von rund 5,5 Kilometern. Zuvor hatte er etwa viereinhalb Minuten nach dem Absprung und zwei rückwärts gemachten langsamen Salti seinen Flug bereits mit einem Minischirm stabilisiert.

Ballon

APA/AP/Paragon Space Development Corporation

Die Technologie soll nun auch bei kommerziellen Raumflügen zum Einsatz kommen

Bei dem von Eustace als „wilden, wilden Ritt“ beschriebenen Sprung wurde auch die Schallgeschwindigkeit durchbrochen. Der Weltluftsportföderation wurde laut „NYT“ schließlich eine Absprunghöhe von 135.890 Fuß (41.419 Meter) gemeldet. Der Wettbewerbschef der amerikanischen Fallschirmsprung-Assoziation hat laut „NYT“ den Rekord bereits verifiziert (USPA). Baumgartner war vor zwei Jahren noch aus einer Höhe von rund 39 Kilometern gesprungen.

Im Geheimen vorbereitet

Im Gegensatz zu dem von Red Bull weltweit medial vermarkteten Baumgartner-Sprung arbeitete Eustace laut „NYT“ drei Jahre lang mit seinem Team heimlich an dem Projekt und benutzte neben Hightech auch ganz alltägliche Dinge, etwa für die Kommunikation während des Flugs. Google habe eine Unterstützung angeboten, doch Eustace habe abgelehnt.

Alan Eustace mit Fallschirm

APA/EPA/Paragon Space Development

Eustace kurz vor seiner Landung

Eustace beauftragte PSDC mit der Entwicklung eines Raumanzugs und eines lebenserhaltenden Systems. Bei Tests habe man gemerkt, dass er die Bewegungen genau in die entgegengesetzte Richtung machen müsse. Zudem sei weniger die Kälte als vielmehr die Hitze durch zu viel Bewegung ein Problem gewesen.

Das Baumgartner-übertreffen-Spiel

Eustace hofft - ganz in der Tradition unkritischer Fortschrittsgläubigkeit - nach eigenen Angaben, mit seinem Sprung den Weg zur Erforschung der Stratosphäre für jedermann und -frau zu öffnen. Dass das Springen aus großer Höhe fasziniert und die Stratosphäre zu einer (für einige wenige eher erschwinglichen) Alternative zur echten Raumfahrt werden könnte, zeigte bereits ein anderes, deutlich humorigeres Projekt im Sommer des Vorjahres: Damals wurde von Briten ein Teddybär in die Stratosphäre gehievt und zum Absprung gebracht. Auch der Teddybär (und seine Besitzer) konnte sich - so wie Eustace jetzt - rühmen, Baumgartner geschlagen zu haben.

Screenshot der Facebook-Seite von Felix Baumgartner

facebook.com/FelixBaumgartner

Baumgartner gratulierte Eustace zum neuen Rekord

„Gratuliere Alan“

Baumgartner selbst zeigte sich von Eustaces Rekordsprung beeindruckt. „Gratuliere Alan! Es braucht viel Mut dafür. Niemand weiß das besser als Joe Kittinger und ich“, schrieb der gebürtige Salzburger auf seiner Facebook-Seite. Kittinger hatte bereits 1960 einen Sprung aus 30 Kilometern gewagt.

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