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Gemalter Spiegel einer Epoche

Für seine Porträts, die er als Hofmaler von Habsburger-König Philipp IV. in Madrid anfertigte, ist Diego Rodriguez de Silva y Velazquez (1599 bis 1660) vor allem bekannt. Einige davon - vornehmlich von Infantinnen und Infanten - gelangten nach Wien, weil damit Eheschließungen innerhalb der Dynastie angebahnt werden sollten. Zwölf Velazquez-Werke hat das Kunsthistorische Museum (KHM) heute in seinem Besitz.

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Velazquez’ Porträts sind Spiegel des wirtschaftlichen und politischen Niedergangs Spaniens in jener Epoche. Als der junge Maler am Hof des jungen Königs anheuerte, stand die Beschneidung des höfischen Luxus immensen Ausgaben für Kriege und Repräsentation nach außen krass gegenüber. Schlichtheit bei gleichzeitiger Würde strahlt Velazquez’ Porträt von dem ganz in Schwarz gekleideten, vor seinem Schreibtisch stehenden Philipp IV. aus jenen Tagen aus.

„Nüchterne Prosa“ in markanten Farben

Als sich die Lage in den 1630er Jahren zwischenzeitlich zum Positiven änderte, schlugen auch die Ornate der Herrscherfamilie, der Beamten und Höflinge und Hofzwerge ins Prächtige um. In „nüchterner Prosa“ naturalistischer Prägung, welche die Direktorin der KHM-Gemäldegalerie, Sylvia Ferino-Pagden, dem aus Sevilla gebürtigen Hofmaler nachsagt, setzte Velazquez trotz der idealistischen Darstellungsweise, welche die Epoche allgemein beherrschte, das kurzfristige Aufblühen künstlerisch unter Verwendung teils markanter Farben um.

Statt Staatsdienst wurden nun wieder Status und Macht auf die Leinwand gebracht, was auch Velazquez’ Stil trotz dessen Bindung als angestellter Kunsthandwerker an die Verhältnisse und den Geschmack am Hof aufleben ließ.

Papst-Porträt als Inspiration für Francis Bacon

Doch die 40er Jahre des 17. Jahrhunderts, in denen in Spanien eine Krise die nächste jagte, verdammten den Meister dann zum fast gänzlichen Nichtstun als Maler in seiner Heimat. Ein Glück für Velazquez und die Nachwelt, dass er nach Italien entsandt wurde, um für eine Neuausstattung der königlichen Paläste zu sorgen, und kein Wunder, dass er eigentlich dortbleiben wollte. Hier entfaltete Velazquez wieder eine rege Tätigkeit. Papst Innozenz X. höchstpersönlich stand ihm Modell - das entstandene Gemälde eines kühlen Kirchenfürsten ist ein Höhepunkt in Velazquez’ Schaffen, Francis Bacon sollte es später zahlreich variieren.

Dem setzte Velazquez, der sich in seiner Lehr- und Frühzeit in Sevilla und auch später noch religiösen Sujets und Alltagsszenen gewidmet hatte, mit „Las Meninas“ (Die Hoffräulein) von 1656 noch etwas drauf: Auf großem Format wagte er das Experiment eines Gruppenporträts und machte zugleich die Malerei an sich zum Thema. Die Hofszenerie mit Infantin Margarita im Zentrum und dem im Spiegel reflektierten elterlichen Königspaar, wirft ein Schlaglicht auf die damals prekäre Lage der Monarchie, weil es keinen männlichen Thronerben gab.

Zugleich setzte sich der Maler bei der Arbeit selbst ins Bild, das sich heute im Madrider Prado befindet. Damit hat Velazquez, als er auf dem Höhepunkt seines Schaffens und seiner Hofkarriere vier Jahre später an einer Fieberkrankheit starb, eines der am häufigsten (nicht kommerziell) reproduzierten und am heftigsten diskutierten Gemälde der abendländischen Kunstgeschichte erschaffen.

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