Themenüberblick

OLG Graz untersucht

Von „Blödheit“ bis „handfester Menschenrechtsskandal“ haben die Reaktionen auf die Aussagen von Ex-ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner gereicht. Sie hatte im „profil“ die politische und soziale Situation in Saudi-Arabien verteidigt. Das Justizministerium leitete die Causa der karenzierten Richterin nun zur Prüfung an das Oberlandesgericht (OLG) Graz weiter.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Das OLG habe über ein etwaiges Disziplinarverfahren zu entscheiden, hieß es dazu aus dem Ministerium. Ihre umstrittenen Aussagen in dem „profil“-Interview von Samstag kommentierte der ebenfalls von der ÖVP nominierte Minister Wolfgang Brandstetter am Dienstag gegenüber Journalisten nicht. Er kenne ihre Aussagen nicht „im Detail“, so Brandstetter nach dem Ministerrat. Der Inhalt werde „zu klären sein“.

Enthauptungen „nicht jeden Freitag“

Die Vizegeneralsekretärin des größtenteils von Saudi-Arabien finanzierten König-Abdullah-bin-Abdulaziz-Zentrums für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog (KAICIID) hatte auf die Vorwürfe, in Saudi-Arabien würden Verurteilte an Freitagen nach dem Gebet öffentlich ausgepeitscht oder enthauptet, gesagt, dass das „nicht jeden Freitag“ geschehe. Das schwarze Gewand (Abaja), das arabische Frauen tragen müssen, bezeichnete Bandion-Ortner als „praktisch“ und „angenehm“ - es würde sie an einen Talar erinnern.

Sein Ressort habe jedenfalls die Unterlagen an das zuständige OLG Graz weitergeleitet - ein Routinevorgang, wie der Minister betonte. Die Sache sei nun „dort, wo sie hingehört“, so Brandstetter. Ob der karenzierten Richterin ein Disziplinarverfahren droht, könne er nicht beurteilen. Die Entscheidung darüber treffe das OLG Graz.

Faymann: „Verfehlte Aussage“

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) fand im Pressefoyer schärfere Worte und sprach von einer „ausgesprochen verfehlten Aussage“, wobei er diese selbst nicht kommentieren wollte. Der SPÖ-Chef hat bereits Informationen über den Vertrag mit dem König-Abdullah-Zentrum bestellt. Zunächst wolle er die Gelegenheit haben, sich die Unterlagen anzuschauen.

Auch SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder zeigte sich vor dem Ministerrat gegenüber Journalisten schockiert über die inhaltlichen Aussagen und die „Blödheit“, die in diesem Interview stecke. Dass die frühere Justizministerin und Richterin Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien in dem Interview relativiere, sei „untragbar“. Das König-Abdullah-Zentrum sollte seines Wissens nach eine „Plattform für Dialog“ sein, so Schieder, dass es von Steuerprivilegien profitiere, war dem Klubchef „nicht klar“: „Da braucht’s Aufklärung.“

ÖVP hält sich bedeckt

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) äußerte sich zu der Causa nicht und verwies auf die Zuständigkeit des Außenministeriums, da es sich um eine internationale Organisation handelt. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Außenminister Sebastian Kurz (beide ÖVP) halten sich derzeit in China auf.

Grüne sehen „fehlgeleitete Politik“

Dass die SPÖ über die Situation des 2011 gegründeten und vorwiegend von Saudi-Arabien finanzierten König-Abdullah-Zentrums, nicht informiert gewesen sei, wollten die Grünen so nicht stehen lassen. Alev Korun, Menschenrechtssprecherin der Grünen, betonte in einer Aussendung, sie habe die Regierungsparteien seit Jahren auf die „fehlgeleitete Politik“ hingewiesen.

„Die Bundesregierung hat in diesen drei Jahren durchaus mit Tarnen und Täuschen agiert“, so der Vorwurf der Grünen. So habe es zunächst geheißen, die stellvertretende Generalsekretärin Bandion-Ortner sei eine „personelle Leihgabe“, nun komme heraus, dass das nicht mehr stimme, kritisierte Korun.

Als Richterin dem Zentrum zugeteilt?

Bandion-Ortner wurde einige Monate lang noch als Richterin bezahlt, als sie bereits für das Zentrum arbeitete. Wie lange, darüber herrscht Unklarheit: Das Justizministerium schreibt auf Ö1-Anfrage von der Zeit zwischen 1. August und 31. Oktober 2012, also drei Monate lang. Bandion-Ortner sagte in einer „Report“-Sendung vom 11. Juli 2012, dem Zentrum zugeteilt worden zu sein. Da war sie eigentlich noch für die Internationale Antikorruptionsakademie (IACA) in Laxenburg bei Wien tätig - mehr dazu in oe1.ORF.at.

„Profil“ verteidigt Interview

Bandion-Ortner selbst äußerte sich bisher nicht zu den Vorwürfen. In einer Aussendung bezeichnete das König-Abdullah-Zentrum die Aussagen als inkorrekt und aus dem Zusammenhang gerissen. „Profil“ verwies auf die Autorisierung des Interviews, räumte jedoch ein, dass der Satz bezüglich „Todesstrafe nicht jeden Freitag“ trotz Reklamation wieder in den Text eingefügt wurde, da er so im aufgezeichneten Interview gefallen war. Der Sprecher des König-Abdullah-Zentrums sei darüber informiert worden.

Links: