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Zivilisten als Opfer

Amnesty International (AI) erhebt schwere Vorwürfe gegen schiitische Milizen im Irak: Die Gruppen, die aufseiten der Regierung in Bagdad gegen die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) kämpfen, würden schwere „Kriegsverbrechen“ begehen, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Dienstag.

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AI rief die Regierung in Bagdad zu einem grundlegenden Kurswechsel auf. Der Menschenrechtsgruppe zufolge wurden Dutzende Sunniten entführt und ihre Familien zur Zahlung von Lösegeld gezwungen. Viele Geiseln würden weiter vermisst, und teilweise seien Entführte ermordet worden, obwohl das geforderte Geld gezahlt wurde, erklärte Amnesty.

„Atmosphäre der Gesetzlosigkeit“

„Die wachsende Macht der schiitischen Milizen hat zu einer allgemeinen Verschlechterung der Sicherheit und zu einer Atmosphäre der Gesetzeslosigkeit beigetragen“, kritisierte Amnesty. Die Milizen würden den Kampf gegen den Terror als Vorwand für Angriffe auf Sunniten nutzen.

Besonders in den Städten Bagdad, Kirkuk und Samarra hätten die konfessionellen Gewalttaten durch die Milizen zugenommen. An verschiedenen Orten seien Dutzende Leichen mit Kopfschusswunden gefunden worden, die zuvor gefesselt worden waren. Amnesty vermutet „ein Muster gezielter Hinrichtungen“. Die Organisation rief den neuen irakischen Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi auf, die schiitischen Milizen unter Kontrolle zu bringen und nicht länger als Hilfstruppen gegen die Dschihadisten einzusetzen.

Schwere Kritik an irakischer Regierung

„Indem die Regierung in Bagdad Milizen gewähren lässt, solche schrecklichen Taten routinemäßig zu begehen, billigt sie Kriegsverbrechen und fördert einen Teufelskreis von religiös motivierter Gewalt“, erklärte die Amnesty-Krisenbeauftragte Donatella Rovera. Die Behörden hätten es bisher unterlassen, Milizen für Kriegsverbrechen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung zu ziehen. Ihre Organisation warf auch den Regierungstruppen schwere Verstöße wie Folter und Misshandlung von Gefangenen vor.

Kriegsverbrechen des IS

Bereits nach der IS-Offensive im Juni waren Vorwürfe laut geworden, schiitische Milizen hätten vor der Eroberung von Mossul, Tikrit und anderen Städten durch die Dschihadisten dort Dutzende sunnitische Gefangene ermordet. Die IS-Miliz hatte im Juni binnen weniger Wochen weite Gebiete im Norden und Westen des Irak in ihre Gewalt gebracht. Die Dschihadisten wurden bei ihrem Vormarsch teilweise von der sunnitischen Minderheit unterstützt, die sich seit langem von der schiitisch dominierten Regierung in Bagdad benachteiligt fühlt.

Den IS-Kämpfern werden ihrerseits schwere Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen und die brutale Verfolgung der Schiiten sowie religiöser Minderheiten wie Christen und Jesiden vorgeworfen. Erst am Montag brüstete sich die Extremistengruppe damit, jesidische Frauen als Sklavinnen an ihre Kämpfer verteilt zu haben.

UNO reduziert Lebensmittelhilfe

Die Vereinten Nationen (UNO) haben wegen Geldmangels damit begonnen, ihre Lebensmittelhilfe für die notleidende Bevölkerung in Syrien zu reduzieren. Die Hilfsleistungen würden diesen Monat um 40 Prozent gesenkt, sagte die Sprecherin des Welternährungsprogramms (WFP), Elisabeth Rasmusson, am Montag.

Demnach wird die UNO-Organisation zwar wie bisher Lebensmittel an 4,2 Millionen Menschen in Syrien verteilen, doch werde sie die individuelle Menge stark reduzieren. Auch die syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge außerhalb des Landes seien von November an von den Kürzungen betroffen.

Laut Rasmusson wird im Libanon die Hilfe für die Flüchtlinge um 20 bis 30 Prozent gesenkt. In der Türkei werde das WFP sogar gar keine Hilfen mehr verteilen. Rasmusson sagte, das WFP benötige bis Ende des Jahres 280 Millionen Euro. Die Sprecherin hielt sich in Kuwait zu einem Treffen der wichtigsten Geberländer auf. Kuwait hatte im Jänner 2013 und im Jänner 2014 zwei Geberkonferenzen für Syrien organisiert, bei denen die Staatengemeinschaft sechs Milliarden Dollar (4,73 Mrd. Euro) für die notleidende Bevölkerung zugesagt hatte. Nach Angaben Kuwaits wurden die Zusagen jedoch teilweise nicht eingehalten.

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