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Betriebsrat fordert Konsequenzen

Der OMV-Aufsichtsrat sucht bei seiner außerordentlichen Sitzung am Dienstag eine Lösung in der Führungskrise des Unternehmens. Zur Debatte steht die vorzeitige Ablöse von Vorstandschef Gerhard Roiss und Gasvorstand Hans-Peter Floren, die laut unwidersprochenen Medienberichten bereits vom Aufsichtsratspräsidium beschlossen worden und nur noch Formsache sein soll.

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Die Verträge der beiden Vorstände wären noch bis Frühling 2017 gelaufen. Der OMV-Vorstand sei so zerrüttet, dass das Führungsgremium handlungsunfähig sei, heißt es zur Begründung aus Aufsichtsratskreisen. Alles andere als eine Ablöse von Roiss wäre eine Überraschung. Laut einem Bericht des „Kurier“ steht der bisherige OMV-Finanzvorstand David Davies bereits als Nachfolger von Roiss fest.

Betriebsrat: „Schleunigst“ handeln

Der OMV-Betriebsrat hatte Montagabend den Druck auf das Kontrollgremium zusätzlich erhöht. In einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Brief an die Eigentümervertreter ruft Betriebsratschef Martin Rossmann dazu auf, bei der für Dienstag geplanten Sitzung des Kontrollgremiums entsprechende Schritte zur Lösung der Führungskrise zu setzen. „Die Fähigkeit des Vorstands zu handeln muss schleunigst und durchwegs wiederhergestellt werden - selbst wenn das bedeutet, dass auf der morgigen außerordentlichen Aufsichtsratssitzung personelle Maßnahmen im Vorstand gesetzt werden.“ Zuvor hatte bereits das Magazin „News“ (Onlineausgabe) über das Schreiben berichtet.

Konzernstrategie prüfen

Der Betriebsrat erklärte nun, die Brüche im Management der OMV seien in den vergangenen Monaten für alle Beschäftigen sichtbar und spürbar gewesen und hätten die Arbeit erschwert. „Nach unserer Einschätzung wird eine Fortdauer der bestehenden Situation dem Unternehmen schweren und anhaltenden Schaden zufügen und dadurch unsere Arbeitsplätze gefährden“, heißt es in dem Schreiben. Neben einer schlagkräftigeren Führungsmannschaft forderten die Belegschaftsvertreter auch eine Überprüfung der Konzernstrategie und der damit verbundenen Geschäftsrisiken.

Der Betriebsrat stehe mit seiner Forderung nicht allein. „Sie können sicher sein, dass wir nicht die Meinung von einigen wenigen Belegschaftsvertretern wiedergeben. Vielmehr basieren die Einschätzungen auf einem breiten Konsens der Arbeitnehmer.“

Schelling warnt vor Wertverlust

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hatte nur Stunden zuvor ebenfalls Druck auf den Aufsichtsrat ausgeübt. Er warnte am Montag vor einem Wertverlust der OMV durch die jüngsten öffentlichen Debatten. Am Rande der Euro-Gruppe in Luxemburg sagte Schelling, die Vorgangsweise sei „nicht sehr professionell gewesen, über das größte österreichische Unternehmen in der Öffentlichkeit zu diskutieren“.

Er sei von der ÖIAG informiert worden. Es müsse eine Zukunft für das Unternehmen geben, „denn es ist im Teilbesitz der Republik Österreich und damit der Österreicher. Und ich habe nicht gerne, wenn durch solche Vorgangsweisen ein Wertverlust entsteht“, so Schelling. In den letzten Wochen verlor die OMV - insbesondere nach Bekanntwerden der Roiss-Ablösegerüchte - Millionen an Börsenwert.

Neue Strategie verpasst

Der 62-jährige Manager hatte der OMV nach seinem Amtsantritt im April 2011 eine neue Strategie verpasst: Er verkleinerte das wenig ertragreiche Tankstellen- und Ölverarbeitungsgeschäft und baute die renditeträchtigere Förderung von Öl und Gas zuletzt mit einem mehr als zwei Milliarden Euro schweren Zukauf von Ölfeldern in der Nordsee aus. Dennoch konnte sich die OMV den Verwerfungen am Energiemarkt nicht entziehen: Das Gasgeschäft ist angesichts der einbrechenden Nachfrage und stark sinkender Preise unter Druck.

Zudem machen der Firma Lieferausfälle aus dem krisengebeutelten Libyen zu schaffen. Im zweiten Quartal war der bereinigte Betriebsgewinn um fast die Hälfte eingebrochen. Der Vorstand habe seine Wachstumsversprechen nicht halten können, sagte ein Insider.

Das zeige sich auch an der Entwicklung des Aktienkurses, sagte ein Fondsmanager gegenüber Reuters. Die unter Roiss eingeschlagene Strategie sei auf dem Markt zwar zunächst gut angekommen. Doch nun habe die OMV „Pech“ mit den Lieferausfällen in Libyen, und die Übernahme in Norwegen sei in den Augen vieler Anleger zu teuer gewesen. Seit Jahresbeginn hat die OMV-Aktie 30 Prozent an Wert verloren und schloss am Freitag bei 24,26 Euro - dem tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren.

Fehlende Kooperation an der Spitze

Zu diesen operativen Problemen kommen den Insidern zufolge Streitigkeiten im Vorstand. Die Zusammenarbeit zwischen Roiss und Gasvorstand Floren sei nicht gut - was insbesondere die Haupteigentümer störe: Die österreichische Staatsholding ÖIAG hat ihre Anteile von 31,5 Prozent mit jenen des arabischen Investors IPIC gebündelt. Zusammen kommen die Großaktionäre auf gut 56 Prozent. „Kein Eigentümer dieser Welt will einen zerstrittenen Vorstand haben“, sagte einer der Insider. Der Vorstand - „ein Haufen von Alphatieren“ - habe sich „offensichtlich nicht zusammenraufen können“. Nun gehe es darum, eine „Richtungsentscheidung“ zu treffen, sagte die andere Person.

Einen dezidierten Nachfolgekandidaten für Roiss gibt es nicht - auch weil der für das Fördergeschäft zuständige Vorstand Jaap Huijskes den Konzern 2016 verlassen will. Er galt als Kronprinz - doch die OMV hatte vor wenigen Wochen überraschend seinen Rückzug aus privaten Gründen angekündigt. Roiss’ Stellvertreter ist Finanzvorstand David Davies. Er könnte Österreichs umsatzstärkstes Unternehmen, dessen größter Eigentümer die ÖIAG gefolgt von Abu Dhabis Staatsfonds IPIC ist, zumindest interimistisch führen, sagte einer der Insider.

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