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Keine Angaben über Zahl der Leichen

Mexikanische Ermittlungsbehörden haben mehrere versteckte Gräber mit einer noch unbekannten Zahl an Leichen entdeckt. Der Fundort liegt in der Nähe des Ortes Iguala, wo seit Ende September 43 Studenten vermisst werden. Der örtliche Staatsanwalt im Bundesstaat Guerrero, Inaky Blanco, bestätigte, dass ein Massengrab gefunden worden sei, ohne allerdings die genaue Zahl der Leichen zu nennen.

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Blanco machte auch keine Angaben, ob es sich möglicherweise bei den Opfern um die vermissten Studenten handeln könnte. Ein weiterer Polizeisprecher sagte, das Massengrab sei nach einem Hinweis eines anonymen Anrufers gefunden worden. Noch verworrener wurden die Angaben mit Berichten über ein angebliches Geständnis von zwei verhafteten Bandenmitgliedern, die 17 der 43 Studenten ermordet und in dem Massengrab verscharrt haben wollen.

Schwere Vorwürfe in Richtung der Behörden

Laut Angaben der Staatsanwaltschaft ließ der örtliche Sicherheitschef die Studenten festnehmen und an den Ort bringen, wo dann das Massengrab gefunden wurde. Der Befehl, sie zu töten, sei demnach vom Anführer der Verbrecherbande Guerreros Unidos gekommen. Dabei handle es sich um einen Mann, der „El Chuky“ genannte werde. Die Verdächtigen hätten zudem gestanden, dass 30 in den vergangenen Tagen festgenommene Polizisten ebenfalls in Diensten der Bande stünden. Die Guerreros Unidos wurden einst als bewaffneter Arm des Drogenkartells Beltran Leyva gegründet.

Die Lehramtsstudenten waren am Freitag vor einer Woche zum Spendensammeln in Iguala etwa 100 Kilometer nördlich von Chilpancingo im Bundesstaat Guerrero unterwegs. Nach ihrer Aktion kaperten sie mehrere öffentliche Busse, um zu ihrer Hochschule zurückzufahren. Polizisten aus Iguala eröffneten daraufhin das Feuer. Drei Studenten wurden getötet. Laut Augenzeugen wurden Dutzende weitere Studenten in Polizeifahrzeugen fortgebracht. Einige von ihnen, die sich offenbar versteckt hatten, tauchten wieder auf. Von den 43 weiteren fehlt seither jede Spur.

Sechs Gruben mit 15 Leichen

Die Polizei nahm nach weiteren Schüssen auf einen Bus voll Fußballspielern insgesamt 30 Menschen fest, darunter 22 Polizisten sowie Mitglieder einer kriminellen Bande. Blanco zufolge hatten einige dieser Festgenommenen die Ermittler zu dem Hügel bei Iguala geführt. Blanco vermutet die kriminelle Bande Guerreros Unidos hinter den Verbrechen. Die Bande soll auch mehrere Polizisten in ihren Reihen haben. Angehörige fürchten deswegen, die Studenten könnten in der Gewalt der Kriminellen sein.

Nach Angaben von Juan Lopez Villanueva, dem Ombudsmann der mexikanischen Kommission für Menschenrechte, wurden an dem schwer zugänglichen Ort sechs Gruben gefunden. Zwei Polizisten sagten gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dass mindestens 15 Leichen gefunden worden seien. Mit Hilfe von DNA-Tests sollen die Körper nun identifiziert werden. Gegen den geflohenen Bürgermeister von Iguala wurde ein Haftbefehl erlassen.

„Wir wollen sie zurück“

Die Vereinten Nationen hatten zuvor eine intensive Suche nach den Vermissten eingemahnt. Der Vorfall sei „eines der schlimmsten Ereignisse der jüngsten Zeit“, so die UNO. Die mexikanische Regierung müsse „alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel“ aufwenden, um die Vermissten aufzuspüren. Schon seit dem Verschwinden der Studenten kam es immer wieder zu Demonstrationen von Angehörigen, Freunden und Kommilitonen, die ein Einschreiten der Behörden forderten.

„Sie sind lebendig verschwunden, wir wollen sie zurück“, ist auf Bannern der Demonstranten zu lesen. Zwar schicke der Staat Soldaten und Bundespolizisten, um sich an der Suche zu beteiligen. „Aber die Suche war eine Show“, sagte Mariano Flores Vazques, einer der Demonstranten, bei einer Kundgebung Anfang Oktober. Auch Menschenrechtsorganisationen werfen den Behörden vor, keine ernsthaften Ermittlungen gestartet zu haben.

Der gefährlichste Bundesstaat Mexikos

„Wir haben genug von Gewalt und Korruption in diesem Staat“, sagte Manuel Martinez, dessen 18-jähriger Neffe zu den Vermissten zählt. Seit 2006 sind in Mexiko 80.000 Menschen bei Gewaltverbrechen getötet worden. 22.000 Menschen sind verschwunden. Guerrero gilt als der gefährlichste Bundesstaat Mexikos. Mit 61,59 Morden je 100.000 Einwohnern liegt die von der Drogenkriminalität erschütterte Region, in der sich auch der beliebte Ferienort Acapulco befindet, noch weit vor den Rauschgifthochburgen Sinaloa, Michoacan und Tamaulipas.

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