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Alpen-Raum besonders empfindlich

Der Klimawandel ist endgültig angekommen und trifft Österreich besonders hart: Das ist das Ergebnis des ersten österreichischer Klimaberichts, der Mitte September von Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) präsentiert wurde. Während weltweit die Temperaturen seit 1880 um durchschnittlich 0,85 Grad stiegen, waren es in Österreich nahezu zwei Grad - und ein weiterer Anstieg ist zu erwarten.

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Gefördert vom Klima- und Energiefonds erstellten mehr als 240 österreichische Klimaforscher den Bericht in dreijähriger Arbeit. Dimensionen und Auswirkungen des Klimawandels und der notwendige Handlungsbedarf werden in ihrer ganzen Reichweite erfasst und auf über tausend Seiten präsentiert. „Es ist europaweit der erste nationale Sachstandsbericht“, betonte Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des federführenden Österreichischen Klimafonds.

Grundsätzlich unterstreicht der Bericht, „dass der Klimawandel in Österreich durch Messungen und Beobachtungen belegt ist und rascher vor sich geht als im globalen Mittel“. Grund dafür ist, dass der Alpen-Raum besonders empfindlich für Klimaveränderungen ist.

Wetterextreme werden häufiger

Die Klimaexperten gehen von einem weiteren Temperaturanstieg in Österreich aus: Ohne Gegenmaßnahmen rechnen sie mit einem Plus von 3,5 Grad bis zum Ende des 21. Jahrhunderts. So sind etwa kalte Nächte schon seltener, heiße Tage häufiger geworden. „Als ich ein Kind war, hatten wir acht Hitzetage von über 30 Grad, heute sind es 30“, sagte Höbarth. Dieser Trend wird sich laut dem Bericht noch verschärfen - und damit auch die Häufigkeit von Hitzewellen.

Pflanzen auf einem dürren Acker im Marchfeld, 2013

APA/Roland Schlager

Dürren wie in Niederösterreich 2013 könnten häufiger werden

Auch Wetterextreme würden durch den Klimawandel verstärkt auftreten. Laut Bericht sind die ökonomischen Auswirkungen extremer Wetterereignisse bereits jetzt erheblich und haben in den vergangenen drei Jahrzehnten deutlich zugenommen. „Wir hatten alleine zwei Jahrhunderthochwasser in den vergangenen elf Jahren“, sagte Höbarth. Die Leidtragenden sind in praktisch allen Bereichen zu finden, vor allem in Land- und Forstwirtschaft, in Ökosystemen, bei der Biodiversität, auch im Tourismus und dem Gesundheitssystem.

Grundlegende Transformation gefordert

Rupprechter betonte bei der Pressekonferenz, dass der Klimawandel eine wissenschaftlich belegte Tatsache ist. „Wer das leugnet, geht an der Realität vorbei.“ Österreich reagiere mit einer zwei Eckpunkte umfassenden Strategie auf die Erwärmung: einerseits durch aktive Klimaschutzmaßnahmen, andererseits mit einer Anpassung an den Klimawandel und dessen Auswirkungen wie etwa dem vermehrten Hochwasserschutz. Insgesamt zeigte sich der Minister aber „vorsichtig optimistisch“, dass der Klimawandel auf internationaler Ebene mit neuen Klimazielen gebremst werden kann.

Diese Ansätze gehen den Wissenschaftlern jedoch nicht weit genug. Sie fordern eine „Transformation Österreichs in eine emissionsarme Gesellschaft“. Das erfordere „radikale strukturelle und technische Umbaumaßnahmen“, erklären die Mitglieder der Projektleitung, Helga Kromp-Kolb (BOKU), Nebojsa Nakicenovic (TU Wien) und Karl Steininger (Uni Graz).

NGOs rufen zu raschem Handeln auf

„Der Klimabericht zeigt, dass Österreich massiv vom Klimawandel betroffen ist und die Schäden weiter zunehmen werden, wenn nicht entschieden gehandelt wird“, erklärten die Umweltorganisationen Global 2000, Greenpeace und WWF in einer gemeinsamen Aussendung. In Österreich sei großer Handlungsbedarf gegeben, so die einhellige Meinung. So gebe es für das Kohlekraftwerk Mellach, wo durchschnittlich 440.000 Tonnen Kohle pro Jahr verbrannt und dabei 1,1 Millionen Tonnen CO2 emittiert werden, noch keinen Abschaltplan.

Des Weiteren fordern die Umweltorganisationen den raschen Umstieg auf erneuerbare Energieträger. „Die fossile Energieerzeugung ist der heftigste Klimatreiber. Wenn wir den Klimawandel unter Kontrolle bekommen wollen, müssen wir jetzt sowohl in Österreich als auch in Europa die Energiewende konsequent umsetzen“, so Julia Kerschbaumsteiner, Energiesprecherin von Greenpeace. Eine Voraussetzung dafür sei eine höhere Besteuerung fossiler Energieträger.

WWF: „Soziale, ökologische Katastrophen“

Es brauche einen innovativen Weg zum Energiesparen für Österreich, fordert der WWF. „Die derzeitigen Vorgaben der Klima- und Energiepolitik sind völlig unzureichend. Sie führen in soziale, ökologische und wirtschaftliche Katastrophen. 2030 muss der Energieverbrauch im Vergleich zu 2010 bereits um ein Viertel reduziert sein und darf maximal 830 Petajoule betragen“, warnt Energiereferent Karl Schellmann vom WWF. Wirtschafts-, Umwelt- und Verkehrsministerium seien gefordert, hier wirksame Ziele und Pläne zu beschließen.

Ruf nach Ökosteuer

Der Umweltdachverband trat für die Ökologisierung des Steuersystems ein. „Tax what you burn, not what you earn (Besteuere, was du verbrennst, nicht, was du verdienst, Anm.)“ sollte das Motto für eine aufkommensneutrale ökosoziale Steuerreform sein. „Höhere Steuern auf fossile Energieträger und Ressourcenverbrauch müssen einerseits den Faktor Arbeit entlasten und andererseits die Energiewende endlich auf Kurs bringen“, sagte Michael Proschek-Hauptmann, Geschäftsführer des Umweltdachverbandes.

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