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In erzkonservativer Gesellschaft

Russland hat wegen seiner Involvierung in die Ukraine-Krise derzeit nicht viele Freunde. Unter den wenigen, die Sanktionen gegen Moskau vehement ablehnen, ist die FPÖ. Auch in anderen „Zukunftsfragen“ ist man sich einig. Bei einem Auftritt in Moskau teilte der stellvertretende FPÖ-Chef Johann Gudenus kräftig aus - gegen EU, NATO und „Homosexuellenlobby“.

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Der Klubchef der Wiener Freiheitlichen trat am Donnerstag in Moskau bei einer Veranstaltung unter dem Titel „Internationales Forum ‚Mehrkindfamilien und die Zukunft der Menschheit‘" auf. Mit der Großveranstaltung am Mittwoch und Donnerstag im Kreml und der Christus-Erlöser-Kathedrale gab das erzkonservative Lager in Russland ein kräftiges Lebenszeichen von sich.

Auch andere Rechtsaußen-Politiker zu Gast

Das Forum sei ein wahrhaft historisches Ereignis, hatte die Duma-Abgeordnete Jelena Misulina (Gerechtes Russland) vorweg gegenüber der staatlichen „Rossijskaja Gaseta“ gesagt. Misulina gilt als eine der konservativen Chefideologinnen des russischen Parlaments, sie ist Koautorin jenes umstrittenen Gesetzes, das „Propaganda für nicht traditionelle sexuelle Beziehungen“ vor einem minderjährigen Publikum unter Strafe stellt.

Abgesehen von prominenten Duma-Abgeordneten, konservativen Aktivisten und Spitzenvertretern der Geistlichkeit, darunter der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill, nahmen neben Gudenus auch andere rechte bzw. rechtskonservative europäische Politiker an der Veranstaltung teil, etwa der FIDESZ-Politiker Gergely Pröhle, stellvertretender Staatssekretär für bilaterale EU-Beziehungen in der ungarischen Regierung, und der französische Europaparlamentarier Aymeric Chauprade von der rechtsextremen Front National (FN).

„Politik von NATO und Amerika“

In seiner Rede kritisierte Gudenus die EU, aber insbesondere auch die NATO und die USA. „Europa ist mehr als die Europäische Union, wir sind eine große christliche Familie. Aber es gibt jemanden, der unsere Werte und unsere Familie zerstören will“, wurde er von der Nachrichtenagentur Interfax zitiert: Dabei solle nicht vergessen werden, dass die USA bis zum letzten europäischen Soldaten Krieg führen würden. Die EU-Politik sei die Politik von NATO und Amerika, sagte Gudenus. „Ich schäme mich dafür.“ Das österreichische Volk und auch die EU-Bürger würden nicht so denken. „Wir sind Freunde Russlands“, zitierte ihn Interfax.

„Wohin das alles führen wird“

Ungemach drohe in Europa, so Gudenus zum Veranstaltungsthema, aber auch von einer - nicht näher definierten - „Homosexuellenlobby“. Diese sei äußerst mächtig und verfüge über eigene Zeitungen und Fernsehsender. „Die europäische Homosexuellenlobby will eine absolute Gleichberechtigung von Homosexuellen und Lesben, darunter auch das Recht auf Adoption von Kindern, das es bereits in einigen EU-Staaten gibt. Es ist schwer vorstellbar, wohin das alles führen wird.“

Laut APA strahlte der Fernsehsender Doschd eine längere Passage von Gudenus’ Rede im Originalton aus. Er hatte diese auf Russisch gehalten. Gudenus hatte in Moskau studiert und verfügte in der Vergangenheit auch über geschäftliche Beziehungen nach Russland, mit Parteifreunden war er in den vergangenen Jahren wiederholt nach Russland gereist. Im März hatte der FPÖ-Politiker außerdem als Beobachter beim international umstrittenen Referendum auf der Krim fungiert, das die Annexion der Halbinsel durch Russland legimitieren sollte. In der Ukraine wird deshalb überlegt, ihn mit einem Einreiseverbot zu belegen.

Alte Bekannte aus Wien

Als Moderator von Gudenus’ Vortrag fungierte der erzkonservative Oligarch Konstantin Malofejew, der nicht nur als maßgeblicher Unterstützer von prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine gilt und deshalb von der EU mit Sanktionen belegt wurde. Gudenus kennt den Oligarchen bereits aus Wien. Malofejew moderierte Ende Mai, so enthüllte damals der Schweizer „Tagesanzeiger“, eine Veranstaltung in Wien. Neben Spitzenvertretern der FPÖ, darunter auch Gudenus, kamen dabei maßgebliche Rechtsaußen-Politiker aus ganz Europa ins Wiener Palais Liechtenstein.

Aber auch Wladimir Jakunin, dessen „Zentrum für nationalen Ruhm“ und „Apostel-Andreas-Stiftung“ als Veranstalter der Moskauer Forums auftraten, ist in Wien gut bekannt: Der ehemalige KGB-Agent ist nicht nur Vertrauter von Russlands Präsident Wladimir Putin und mächtiger Chef der russischen Eisenbahnen. Jakunin ist auch Gründungspräsident und Mastermind der in Wien tätigen Institution namens Öffentliches Weltforum Dialog der Kulturen (WPF-DC). Ex-SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer fungiert laut Homepage dieser NGO als einer der Kopräsidenten.

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