Ungebrochene Kreativität
Das übermalte Gesicht von Arnulf Rainer ist eine der Ikonen der österreichischen Nachkriegskunst geworden. Dank seines umfangreichen Werks, das über die markante Übermalung bis zur Fotografie in späteren Jahren reicht, ist Arnulf Rainer seit Jahrzehnten in den Museen der Welt zu Hause und hat einen Dauerplatz an der Spitze der hiesigen Kunstschaffenden.
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Auf der renommierten „Kunstkompass“-Liste der international meistbeachteten zeitgenössischen Künstler liegt Rainer konstant auf Platz eins der Österreicher und belegt 2014 international Rang 64. Das ist nicht zuletzt der ungebrochenen Kreativität des Künstlers zu verdanken, der auch mit knapp 85 Jahren von seinem adaptierten Bauernhof im Innviertler Enzenkirchen, seinem Wohnsitz nahe Passau, aus Wien oder im Winter aus Teneriffa seine Galeristen mit immer neuen Werken bedient.
Geboren wurde Arnulf Rainer am 8. Dezember 1929 in Baden bei Wien. Von 1940 bis 1944 besuchte er die Nationalpolitische Erziehungsanstalt in Traiskirchen und danach die Staatsgewerbeschule in Villach, wo er 1949 maturierte. In der Folge wurde er sowohl an der Hochschule für angewandte Kunst als auch für bildende Kunst aufgenommen, die er aber beide nach wenigen Tagen wegen Kontroversen mit seinen Lehrern verließ. Gemeinsam mit Ernst Fuchs, Anton Lehmden, Arik Brauer, Wolfgang Hollegha und Josef Mikl gründete er 1950 die „Hundsgruppe“ und begegnete 1953 dem Priester Otto Mauer. In dessen „Galerie nächst St. Stephan“ war Rainer schließlich mit seinen ersten Einzelpräsentationen sowie mit Hollegha, Markus Prachensky und Mikl als Malergruppe „Galerie St. Stephan“ zu Hause.
Übermalskandale
Mit Beginn der 50er Jahre wandte sich Rainer nach erstem Interesse für Surrealismus und Informel seinen heute für ihn charakteristischen Übermalungen zu. Eigene und fremde Bilder, Selbstporträts und Fotos kamen ihm unter Farbe, Kohlestift und Kugelschreiber, 1961 wurde er in Wolfsburg wegen der öffentlichen Übermalung eines prämierten Bildes sogar gerichtlich verurteilt. Gerade wegen seiner radikalen Verhüllung von oft auch religiösen Symbolen war Rainer jahrelang umstritten - von kirchlicher Seite wurde seine Arbeit aber mit mehreren Auftragsarbeiten und Ehrendoktoraten sowohl der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität von Münster als auch der Kath.-Theol. Privatuniversität Linz zunehmend gewürdigt.
Ab 1963 arbeitete Rainer in verschiedenen Studios in Berlin, München, Köln und schließlich Wien, wo 1968 im Museum des 20. Jahrhunderts auch seine erste Retrospektive stattfand. Als ihm 1974 der Kunstpreis der Stadt Wien verliehen werden sollte, verweigerte er die Teilnahme an der Übergabezeremonie - der Preis wurde ihm wieder aberkannt. 1977 nahm er an der documenta 6 teil, ein Jahr später vertrat er Österreich bei der Biennale von Venedig. Im November 1978 erhielt er den Großen Österreichischen Staatspreis und wurde im gleichen Jahr Mitglied des Österreichischen Kunstsenats. Der Auszeichnungsreigen sollte 2005 gekrönt werden, als Rainer als erster nicht spanischer Künstler den Aragon-Goya-Preis für sein Lebenswerk erhielt.
Beste Bilder zerstört
Ab 1981 hatte Rainer eine Professur an der Akademie der bildenden Künste in Wien inne. Dort wurden 1994 allerdings 36 Bilder, die in seinem Akademie-Atelier aufbewahrt waren, übermalt und beschädigt. Er nannte diese Bilder seine besten, sie waren bereits für eine Ausstellung im Guggenheim Museum ausgewählt worden. Ermittlungen gegen Rainer selbst und seine Galeristin wurden im Jahr darauf eingestellt, ein Täter wurde nie dingfest gemacht. Rainer selbst ließ sich auf den Schock hinauf auf eigenen Wunsch emeritieren.
Die Museen der Welt würdigten die künstlerische Arbeit des Malers mit zahlreichen Personalen und Retrospektiven - vom Centre Pompidou in Paris (1984) über das Guggenheim in New York (1989) bis zur Pinakothek der Moderne in München, die Rainer 2002 einen eigenen Raum widmete. 2009 wurde in Baden, seiner Geburtsstadt, das eigens ihm gewidmete Museum im einstigen Frauenbad eröffnet. Und zwischen 3. September und 8. Februar 2015 zeigt die Wiener Albertina aus Anlass des 85. Geburtstags des Künstlers eine große Retrospektive mit zentralen Werken aus allen Schaffensperioden.
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