Übergänge sollen sanfter werden
Volksschulen und Kindergärten sollen künftig stärker zusammenwachsen, der Übergang soll für die Kinder damit sanfter werden. Eine Arbeitsgruppe arbeite derzeit daran, wie die Vernetzung konkret funktionieren soll und welche gesetzlichen Barrieren dafür abgebaut werden müssen, kündigte Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) Anfang September an.
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Im ersten Schritt kooperieren bei der Volksschulreform mit Beginn dieses Schuljahrs 35 Standorte mit einem oder mehreren Kindergärten. Möglich wäre, dass die Volksschulpädagogen bereits in den Kindergarten kommen und die Kinder kennenlernen, schilderte Heinisch-Hosek im Gespräch mit der APA mögliche Formen der Zusammenarbeit. Derzeit wäre ein solches Modell allerdings „ein Gesetzesbruch“.
Kennenlernen schon vor dem ersten Schultag
Gleichzeitig sollen Kindergartenkinder schon in die Volksschule hineinschnuppern können und die Volksschullehrer sich - das Einverständnis der Eltern vorausgesetzt - über Portfolios und Pensenbücher bereits ein Bild über Stärken und Schwächen der Kinder machen können. Umgekehrt wäre es wünschenswert, wenn zwei, drei Monate nach dem Wechsel die Kindergartenpädagogen hin und wieder in der Schule vorbeischauen und beobachten, wie die Kinder sich entwickeln, so Heinisch-Hosek. Diese würden damit die frühere Bezugsperson nicht von einem Tag auf den anderen verlieren.
„Unsere Netzwerkprojekte machen Vorschule praktisch überflüssig, weil man den Kindern mehr Zeit gibt“, so Heinisch-Hosek. Die Kinder sollen möglichst als gemeinsame Gruppe aus dem Kindergarten in die Volksschule übertreten und dann bis zum Ende der zweiten Klasse Volksschule Zeit haben, auf dasselbe Bildungsniveau zu kommen.
Ein weiterer Punkt der Volksschulreform: Mit dem Schuljahr 2015/16 soll gesetzlich verankert werden, dass Volksschulen auch ohne Schulversuch bis zur dritten Klasse auf Ziffernoten verzichten können. Der Beschluss war eigentlich schon für diesen Sommer geplant, ist aber, wie Heinisch-Hosek sagt, aus Zeitgründen gescheitert.
Schulbeginn für 460.000 Schüler
In Wien, Niederösterreich und dem Burgenland begann am 1. September nach den neunwöchigen Sommerferien für rund 460.000 Schüler das neue Schuljahr. Eine Woche später starteten die restlichen rund 649.000 Schüler in Vorarlberg, Tirol, Kärnten, Salzburg, Oberösterreich und der Steiermark ins neue Unterrichtsjahr. Rund 81.000 der insgesamt 1,1 Mio. Schüler sind heuer Taferlklassler.
Im Mai 2015 sollen an den vierten Volksschulklassen die Bildungsstandards in Deutsch getestet werden. An 35 Standorten wird heuer außerdem mit der Volksschulreform begonnen. Die Eckpunkte sind - neben der engen Kooperation mit dem Kindergarten - individuelle Förderung in der Schuleingangsphase, alternative Leistungsbeurteilung und umfassende Sprachförderung.
Förderoffensive an Wiener Volksschulen
In Wien wird es mit dem neuen Schuljahr Gratisförderkurse an den öffentlichen Volksschulen geben. Es soll je nach Klassenzahl Förderstunden geben, Standorte mit vielen sozial schwachen Schülern und Kindern mit Lernschwierigkeiten oder Sprachproblemen bekommen zusätzliche Kontingente. An Neuen Mittelschulen (NMS) und AHS-Unterstufen sollen ab dem Sommersemester 2015 ebenfalls Gruppenkurse angeboten werden. Insgesamt will die Stadt Wien 20 Mio. Euro pro Jahr in die „Förderung 2.0“ investieren.
Zentralmatura wird Realität
In den AHS wird mit dem neuen Schuljahr nach zehn Jahren Diskussion außerdem die Zentralmatura Realität: Von 5. bis 13. Mai 2015 müssen alle Maturanten dieselben zentral vorgegebenen Aufgaben lösen. Korrigiert werden sie aber vom jeweiligen Klassenlehrer nach einem standardisierten Raster. Neben der Zentralmatura besteht die neue „standardisierte kompetenzorientierte Reife- und Diplomprüfung“ noch aus einer „vorwissenschaftlichen Arbeit“ sowie ebenfalls leicht reformierten mündlichen Prüfungen. An den berufsbildenden höheren Schulen (BHS) ist die neue Matura erst ab 2015/16 verpflichtend.
Heinsch-Hosek glaubt trotz der Pannen bei der Generalprobe an eine fehlerfreie Premiere der Zentralmatura: „Wir haben schon viele Vorarbeiten geleistet, damit alles glattgehen wird.“ Es gebe bereits Vorschläge der Taskforce wie ganz klare Regeln bei der Beurteilung, mehr Informationen der Schulen über die Abläufe, mehr Praxisnähe bei den Maturaaufgaben und eine Verbesserung der Logistik, damit alle Maturaaufgaben vollständig vorliegen, so Heinisch-Hosek am Montag.
Ob auch künftig das zuletzt umstrittene Bundesinstitut für Bildungsforschung (BIFIE) für die Durchführung der Zentralmatura zuständig sein wird, lässt Heinisch-Hosek vorerst noch offen. Es sei Aufgabe der zur Reform des BIFIE eingesetzten Lenkungsgruppe mit heimischen und internationalen Experten zu schauen, welche Aufgaben das BIFIE übernehme.
Evaluierung der umstrittenen NMS
Mit der NMS erhält ein weiteres umstrittenes Thema neue Aktualität: Anfang 2015 soll die Evaluierung vorliegen, die von einem Universitätenkonsortium unter der Leitung des emeritierten Erziehungswissenschaftlers Ferdinand Eder (Uni Salzburg) durchgeführt wird. Eigentlich soll die NMS bis 2015/16 die Hauptschule ablösen, mit dem neuen Schuljahr sind bereits 96 Prozent der Standorte umgestellt.
Heinisch-Hosek forderte Zeit zur Entwicklung des Potenzials der NMS: „Es wäre viel zu kurz gegriffen, jetzt schon zu behaupten, ob diese Schulform pädagogisch viel oder wenig bringt. Im Prozess von Schulreformen sind immer gewisse Vorlaufzeiten notwendig, bis sich qualitätsvolle Ergebnisse zeigen.“
90 Millionen müssen eingespart werden
Weniger Mittel wird es unterdessen auf Bundesebene für den Bildungsbereich geben: Heinisch-Hosek muss den Vorgaben des Finanzministeriums zufolge 60 Mio. Euro im Jahr 2015 einsparen. Bis zum Ende dieses Jahres muss sie Pläne vorlegen, wie das gelingen soll. Die Ministerin hatte ihre ursprünglichen Sparpläne nach Protesten zurückziehen müssen.
Dazu kommen 30 Mio. Euro, die sie eigentlich jährlich einnehmen wollte, indem die Länder mehr für jene Landeslehrer bezahlen sollten, die sie über den mit dem Bund vereinbarten Stellenplan einstellen. Die bereits erlassene Verordnung wurde zwar nach Protesten der Länder zurückgezogen, Heinisch-Hosek hat allerdings angekündigt, für 2015 weiterhin deren Umsetzung anzustreben.
„Da werde ich intensive Gespräche mit dem Finanzminister führen und hoffe, dass die Deadline auch erstreckbar sein wird“, sagte Heinisch-Hosek mit Verweis auf den Reformdialog mit den Bundesländern, eine Arbeitsgruppe zu Vereinfachungen in der Schulverwaltung und Abbau von Doppelgleisigkeiten. „Ich hoffe hier schon auf die Arbeitsgruppe Bund - Länder, dass wir die Sparvorgaben für nächstes Jahr gemeinsam erfüllen können.“
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