„Keine militärischen Aktionen“
US-Präsident Barack Obama hat Militäraktionen in der Ukraine ausgeschlossen, aber weitere Sanktionen gegen Russland in Aussicht gestellt. „Dieses anhaltende Eindringen in die Ukraine bringt weitere Kosten und Konsequenzen für Russland“, sagte Obama am Donnerstag (Ortszeit) mit Blick auf die aktuelle Entwicklung in dem Konflikt.
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„Wir werden keine militärischen Aktionen unternehmen, um das Ukraine-Problem zu lösen“, sagte Obama vor Journalisten im Weißen Haus in Washington. „Die Ukraine ist kein Mitgliedsstaat der NATO“, so seine Begründung. Die USA seien jedoch zu Militäraktionen bereit, sollten NATO-Mitgliedsstaaten in Osteuropa angegriffen werden, sagte der US-Präsident. Washington werde seinen Verpflichtungen nachkommen und jedes Mitglied des atlantischen Bündnisses „sehr ernsthaft verteidigen“.

APA/ORF.at
Aus Sicht Obamas gibt es keine Zweifel mehr an einer militärischen Einmischung Moskaus im Nachbarland. Die „ganze Welt“ könne die Präsenz der russischen Kräfte in der Ukraine auf den Bildschirmen mitverfolgen, sagte der US-Präsident. Er kündigte an, dass er den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko im September in Washington empfangen werde. Das US-Verteidigungsministeriums teilte mit, dass im Oktober Kampfpanzer und etwa 600 Soldaten zu einer Militärübung nach Polen und in die Staaten des Baltikums geschickt werden.
Weiteres Krisentelefonat mit Merkel
Obama hatte vor seinem Presseauftritt erneut mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel telefoniert, um über die Krise zu beraten. Dabei sei man sich einig gewesen, dass das russische Vorgehen Konsequenzen haben müsse. Laut Angaben aus Berlin hätten sich beide „sehr besorgt zu zahlreichen Meldungen über den Zustrom weiterer russischer Soldaten und russischen militärischen Geräts in den Südosten der Ukraine“ gezeigt. Dadurch werde „die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine weiter ausgehöhlt“. Merkel und Obama seien sich einig gewesen, „dass ein solches Verhalten nicht folgenlos bleiben dürfe“.
Merkel hatte zuvor bereits Beratungen über weitere Sanktionen gegen Russland beim anstehenden EU-Gipfel angekündigt. „In den letzten Tagen“ habe sich die Lage in der Ostukraine „wieder erschwert und verschlechtert“, sagte die Kanzlerin in Berlin. Die EU habe in den vergangenen Monaten gegenüber Russland deutlich gemacht, dass „bei weiteren Eskalationen auch über weitere Sanktionen gesprochen werden muss“.
Gefährliche Eskalation
Die EU hatte beim Beginn der Ukraine-Krise einen mehrstufigen Sanktionsplan erarbeitet, dessen höchste Stufe mit umfassenden Wirtschaftssanktionen aber bisher nicht in Kraft gesetzt wurde. Ähnlich Obama schloss auch die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen eine militärische Intervention des Westens in dem Konflikt aus: „Es gibt keine militärische Lösung für diese Krise.“
In der Ukraine hatte sich die Lage am Donnerstag nochmals verschärft. Die Führung in Kiew warf Moskau vor, mit regulären Truppen einen wichtigen Grenzort und umliegende Dörfer angegriffen und eingenommen zu haben. Die Nachricht der mutmaßlichen Eroberung von Nowoasowsk mit seinen 11.000 Einwohnern folgte auf ukrainische Angaben vom Mittwoch, wonach eine russische Militärkolonne mit rund 100 Panzern und Raketenwerfern die Grenze überquert habe. Die NATO teilte ihrerseits in Brüssel mit, dass Hunderte russische Soldaten die prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine unterstützten - sie „kämpfen mit ihnen, kämpfen unter ihnen“.
NATO-Bilder zeigen Truppenbewegungen
Außerdem zeigten Satellitenbilder, „dass russische Kampftruppen, ausgerüstet mit hochentwickelten schweren Waffen, innerhalb des souveränen Territoriums der Ukraine aktiv sind“. Wegen der Kämpfe mit den Rebellen will die ukrainische Regierung die erst kürzlich abgeschaffte Wehrpflicht wieder einführen. Der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat entschied nach eigenen Angaben, im Herbst wieder mit Rekrutierungen zu beginnen.
Putin spricht von „Erfolg“ für Separatisten
Der international scharf kritisierte russische Präsident Wladimir Putin forderte die prorussischen Rebellen in der Ostukraine auf, einen „humanitären Korridor“ für eingekesselte ukrainische Soldaten zu öffnen. Damit sollten „unnötige Opfer“ vermieden werden, sagte er in der Nacht auf Freitag in Moskau. Nach der Einnahme des Grenzortes Nowoasowsk durch die Rebellen sollten die eingekesselten Regierungstruppen die Möglichkeit erhalten, sich durch den Korridor „aus der Kampfzone zurückzuziehen“.
Das Vorrücken der Separatisten bezeichnete Putin als „Erfolg“. Diese würden damit die Militäroperation der ukrainischen Regierung abwehren, die eine „tödliche Gefahr“ für die Zivilbevölkerung sei, meinte er in einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung. Die Militäroperation der ukrainischen Armee habe schon viele friedliche Bürger das Leben gekostet.
Im Konflikt im Osten der Ukraine sind laut einem aktuellen Bericht der UNO seit Mitte April bereits mindestens 2.593 Menschen getötet worden. „Die Tendenz ist alarmierend. Es gibt einen signifikanten Anstieg der Totenzahl im Osten des Landes“, hieß es am Freitag. Vor gut zwei Wochen hatte die UNO noch von 2.000 Toten gesprochen. Zuletzt haben sich die Kämpfe jedoch verstärkt in dicht besiedeltes Gebiet verlagert.
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