Altbekannte Positionen ausgetauscht
Überschattet von schweren Gefechten in der Ostukraine haben die Präsidenten Russlands und der Ukraine am Dienstag bei einem Treffen in Minsk einen Ausweg aus der Krise gesucht. Zu Beginn der Gespräche gaben sich Wladimir Putin und Petro Poroschenko die Hand. Es war ihr erstes Treffen seit Juni.
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„In Minsk entscheidet sich das Schicksal der Welt und Europas. So sehe ich das“, sagte das ukrainische Staatsoberhaupt Poroschenko eingangs noch euphorisch. Auch dem Gastgeber, Weißrusslands Präsidenten Alexander Lukaschenko, erklärte Poroschenko: „Die Priorität ist Frieden“, schließlich sei es Ziel der Gespräche, das Blutvergießen in seinem Land zu beenden und einen politischen Kompromiss zu suchen. Doch bei hoffnungsvollen Worten blieb es nicht.
Beiderseitige Forderungen
Poroschenko betonte, dass er eine wirksame Kontrolle der Grenze zu Russland und einen Stopp der Waffenlieferungen an die Separatisten als einzige Möglichkeit betrachte, um das Blutvergießen im Osten seines Landes zu beenden. Zudem müssten die Kriegsgefangenen freigelassen werden, erklärte der ukrainische Präsident. Er werde sich alle Vorschläge anhören, die Frieden bringen könnten.
Putin forderte die Ukraine zur friedlichen Lösung des Konflikts auf. Moskau räumte ein, dass auf ukrainischem Boden russische Soldaten im Einsatz seien, über lange Zeit war das dementiert worden. Moskau sei zu einem weiteren Dialog über die Krise bereit, sagte Putin. Die prowestliche Führung in Kiew müsse aber mit den Separatisten bzw. mit den Verwaltungen der russischsprachigen Regionen verhandeln, deren Einbeziehung sei unabdingbar.
Putin drohte mit Sanktionen
Nach dem Importstopp für EU-Agrargüter durch Russland warnte Putin ferner vor einer Umgehung der Sanktionen. Falls die europäischen Waren den russischen Markt über die Ukraine erreichten, könne das Russlands Wirtschaft über zwei Milliarden Euro kosten, sagte Putin. Dann würde Russland mit weiteren Handelssanktionen reagieren. Als Reaktion auf EU-Sanktionen hat Russland die Einfuhr zahlreicher Lebensmittel aus der Europäischen Union gestoppt. An dem Treffen nahm auch eine Delegation aus Brüssel mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton teil.
Auf gegenseitige Schuldzuweisungen verzichtet
Poroschenko rief russischen Agenturen zufolge die Mitglieder der Eurasischen Zollunion - Russland, Weißrussland und Kasachstan - auf, sich an einer Geberkonferenz für die notleidende Ostukraine zu beteiligen. Beobachtern zufolge vermieden Poroschenko und Putin gegenseitige Schuldzuweisungen. Die Eurasische Zollunion rief er auf, Räume für eine Zusammenarbeit mit einer Freihandelszone zwischen der Ukraine und der EU zu suchen. Er sei zu weiteren Gesprächen zwischen Zollunion, Ukraine und EU bereit. Auch Putin begrüßte dieses Format.
Nach seiner Ankunft in Minsk traf sich Poroschenko zunächst mit der EU-Außenbeauftragten Ashton. Er betonte, die Integration der Ukraine in EU-Strukturen richte sich nicht gegen den Nachbarn Russland. „Im Gegenteil - das Assoziierungsabkommen mit der EU soll den Handel beleben“, sagte er.
Vieraugengespräch zwischen Putin und Poroschenko
Im Anschluss trafen sich Putin und Poroschenko nach russischen Angaben zu einem Vieraugengespräch. Man plane nun Beratungen von Grenzschutz und Generalstab zur Beruhigung der Lage in der Ostukraine. Die Vorbereitung einer Waffenruhe solle so schnell wie möglich beginnen, sagte Poroschenko in der Nacht nach den Verhandlungen mit Putin. Der Kreml-Chef habe erneut deutlich gemacht, dass er Poroschenkos Friedensplan unterstütze, sagte der ukrainische Staatschef.
Putin hingegen drängte weiterhin auf eine baldige Waffenruhe. Ansprechpartner für die Regierung in Kiew seien aber die Aufständischen. Er wies Kritik zurück, nach einem umstrittenen ersten Hilfskonvoi schicke Russland auch eine zweite Lastwagenkolonne eigenmächtig in das krisengeschüttelte Nachbarland. „Wir haben über die Notwendigkeit der Hilfe für Donezk und Lugansk gesprochen und vereinbart, wie wir zusammenarbeiten werden“, sagte Putin in der Nacht zum Mittwoch der Agentur Interfax zufolge.
Treffen überschattet
Überschattet wurde das Treffen in Minsk von der Gefangennahme von zehn russischen Soldaten in der Ukraine. In einem im ukrainischen TV gezeigten Video gab ein Soldat zu, mit seiner Kolonne die Grenze zur Ukraine überquert zu haben. Die Gefangennahme der Soldaten ist der erste konkrete Beleg, dass Russland mit eigenen Truppen im umkämpften Osten der Ukraine aktiv ist. Nahe der Küstenstadt Nowoasowsk im Südosten gab es am Dienstag laut der ukrainischen Armee heftige Kämpfe mit „russischen Söldnern“.
Kiew schickt neue Waffen
Unterdessen plant die Regierung in Kiew den Kauf neuer Waffen. Das Kabinett beschloss am Dienstag, binnen 48 Stunden Kriegsgerät für die sogenannte Anti-Terror-Operation ins Krisengebiet zu schicken, wie die Regierung mitteilte. Das Verteidigungsministerium soll sämtliche Bestände der Rüstungsfirma Ukroboronprom kaufen und unverzüglich in den Osten des Landes senden.
Das Militär hatte nach den jüngsten Vorstößen der prorussischen Separatisten über fehlende gepanzerte Technik geklagt. Poroschenko hatte am Sonntag mehr als 2,2 Milliarden Euro für neue Rüstungsgüter angekündigt.
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