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Ex-Parlament ernennt Regierungschef

In der libyschen Hauptstadt Tripolis haben Islamisten Wohngebiete westlich der Stadt attackiert. Sie würden Häuser anzünden und deren Bewohner vertreiben, berichtete die libysche Nachrichtenseite Al-Wasat unter Berufung auf Augenzeugen. Demnach sind die Angreifer Milizen des islamistischen Bündnisses Fadschr Libia (Libyens Morgendämmerung).

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In den attackierten Vororten leben nach Angaben von Al-Wasat Unterstützer des abtrünnigen Armeegenerals Chalifa Haftar. Dessen nationalistisch geprägte Einheiten gehen seit Wochen in der sogenannten Operation Würde gegen verschiedene Islamistenmilizen im Land vor, etwa gegen die Fadschr Libia. Libyen zerfällt so immer mehr in ein unübersichtliches Kampfgebiet von Dschihadisten, Teilen der Armee sowie Rebellenbrigaden und abtrünnigen Armee-Einheiten.

Flughafen tagelang umkämpft

Schwere Gefechte hatten sich rivalisierende Milizen unter anderem tagelang auf dem internationalen Flughafen von Tripolis geliefert. Am Wochenende hatten Kämpfer von Fadschr Libia den Flughafen schließlich eingenommen. Die Islamistenkoalition Fadschr Libia ist verbündet mit der radikalislamischen Organisation Ansar al-Scharia, die in der ostlibyschen Stadt Bengasi kämpft. Bisher stand der Flughafen unter Kontrolle von Milizen aus der Stadt Al-Sintan.

Bei den Kämpfen um das Gelände sind insgesamt mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen. Angesichts des Chaos hatte das neu gewählte Parlament bereits Anfang August seinen Tagungsort von Tripolis in das sicherere Tobruk im Osten des Landes verlegt. Dort wurde am Montag nach Berichten von „Al-Wasat“ der neue Armeestabschef Abdul Rassak Nasuri vereidigt und in den Rang eines Generalmajors erhoben. Nasuri hatte 2011 ein Bataillon in Bengasi im Kampf gegen die Armee des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi befehligt.

„Regierung zur Rettung der Nation“ formiert

Ungeachtet der Tatsache, dass sein Mandat nach der Wahl im Juni abgelaufen war, beauftragte der ehemalige Nationalkongress in Tripolis am Montag den proislamistischen Politiker und Universitätsprofessor Omar al-Hassi mit der Bildung einer „Regierung der nationalen Einheit“, wie der Sender An-Nabaa berichtete. Die Islamisten hatten den Nationalkongress wieder zusammengerufen, obwohl inzwischen das Ende Juni gewählte Parlament in Tobruk zusammengetreten ist. An-Nabaa berichtete nicht, wie viele Abgeordnete des Nationalkongresses für Hassi, einen Professor für Politikwissenschaft aus Bengasi, der bereits im Juni vergeblich für das Amt des Regierungschefs kandidierte, gestimmt hatten.

Demnach wurde die Sitzung einberufen, ohne dass die eigentlich notwendige Zahl an Abgeordneten teilnahm. Der Nationalkongress stimmte laut dem Fernsehsender dafür, seine Sitzung fortzusetzen. Dem Parlament, das sich angesichts der anhaltenden Kämpfe zwischen rivalisierenden Milizen für eine ausländische Intervention ausgesprochen hatte, warf der Nationalkongress „Landesverrat“ vor. Die Islamisten hatten der Übergangsregierung und dem Parlament zuvor bereits jede Legitimität abgesprochen.

Nachbarstaaten wollen nicht intervenieren

Die Nachbarstaaten trafen sich inzwischen auf Initiative Ägyptens, um über die zunehmende Instabilität Libyens zu sprechen. Libyens Botschafter hatte zuvor in Kairo die internationale Gemeinschaft gebeten, seinem Land zu helfen. In einer Erklärung der Außenminister bei dem Treffen - Nachbarstaaten Libyens sind neben Ägypten der Sudan, Tschad, Niger, Algerien und Tunesien - hieß es, man rufe die Konfliktparteien in Libyen zum nationalen Dialog auf. Die gemeinsame Initiative beruhe auf dem „Prinzip der Nichteinmischung“.

Ägypten will der libyschen Regierung mit internationaler Unterstützung Finanzmittel und Waffen „im Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität“ zukommen lassen. Das sagte der ägyptische Außenminister Sameh Shoukry am Montag in Kairo laut einem Bericht der Nachrichtenseite Al-Masry al-Youm. Shoukry hatte seinen libyschen Amtskollegen sowie die Außenminister aller Nachbarländer Libyens zu einer Krisenkonferenz nach Kairo eingeladen. Neben der Stabilität Libyens sei auch die eigene Sicherheit durch Islamisten und Schmuggler im Grenzgebiet gefährdet, so Shoukry. Truppen wolle Ägypten jedoch nicht entsenden.

EU rügt bewaffnete Auseinandersetzungen

Die EU zeigt sich besorgt über die eskalierende Gewalt in Libyen. „Wir verurteilen die Verfolgung politischer Ziele mit Waffengewalt“, teilte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Montag in Brüssel mit. „Ein breit angelegter Dialog ist die einzige Lösung für die gegenwärtige Krise.“

Die EU befürworte die für die kommenden Tage angesetzten Diskussionen der Vereinten Nationen zur Lage im Land, erklärte der Sprecher. Die Konfliktparteien müssten sich auf eine sofortige Waffenruhe einigen. Der libyschen Übergangsregierung müsse eine Regierung der Einheit folgen, forderte der Sprecher. Die verfassunggebende Versammlung müsse ihre Arbeit rasch angehen.

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