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„Scheitern ist keine Option“

Nach dem bisher schwersten Ebola-Ausbruch weltweit hat Sierra Leone den Notstand ausgerufen. Präsident Ernest Bai Koroma wies die Sicherheitskräfte am Donnerstag an, die besonders betroffenen Regionen unter Quarantäne zu stellen. Öffentliche Zusammenkünfte wurden untersagt. Das Nachbarland Liberia hatte bereits am Mittwoch ein ähnliches Maßnahmenpaket verkündet, um das Virus einzudämmen.

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Sierra Leone ist inzwischen am stärksten betroffen. „Das Land befindet sich in einem schweren Kampf. Ein Scheitern ist keine Option“, sagte Koroma, der für kommende Woche seine Teilnahme an einem USA-Afrika-Gipfel absagte. Am Freitag will er zu einem Krisentreffen mit den Regierungschefs von Liberia und Guinea reisen.

Militär soll helfen

Polizei und Militär beschränkten in Sierra Leone die Ein- und Ausreise in die stark betroffenen Regionen, die als Ausgangspunkt der Seuche vermutet werden, sagte Koroma. In den Gebieten würden die Häuser durchsucht, um Ebola-Infizierte zu finden und zu isolieren. Zugleich solle dafür gesorgt werden, dass Gesundheitsbeamte und Hilfsorganisationen ungehindert ihrer Arbeit nachgehen können. Alle Maßnahmen seien zunächst auf 60 bis 90 Tage begrenzt.

Wegtransport einer Ebola-Toten

APA/EPA/Ahmed Jallanzo

Liberianische Hilfskräfte in Schutzanzügen bei 30 Grad Hitze

Auch in Liberia waren am Vortag mehrere Ortschaften unter Quarantäne gestellt worden. Sämtliche Schulen des Landes wurden geschlossen. Der liberianische Fußballverband sagte sämtliche geplante Spiele im Land ab. Bereits zu Wochenbeginn hatte Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf eine weitgehende Schließung der Landesgrenzen angeordnet sowie alle Demonstrationen und Großveranstaltungen untersagt.

„Diese Epidemie ist beispiellos“

Der Kampf gegen die Seuche wird auch dadurch erschwert, dass es zu Infektionen beim Gesundheitspersonal kommt. Ein amerikanisches Friedenscorps kündigte an, 340 Helfer aus Liberia, Sierra Leone und Guinea abzuziehen, nachdem zwei Mitarbeiter in Kontakt mit einer Person gekommen waren, die später an Ebola starb. Sierra Leone meldete am Dienstag den Tod des Leiters der größten Ebola-Klinik in Kenema, Omar Khan.

Grafik zeigt Ebola-Epidemien in Afrika

APA/ORF.at

Die aktuelle ist nicht die erste Ebola-Epidemie in Afrika

„Diese Epidemie ist beispiellos, sie ist ganz und gar nicht unter Kontrolle, die Situation verschlechtert sich immer weiter“, warnte der Einsatzleiter der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, Bart Janssens, in der Zeitung „La Libre Belgique“. Bald könnten weitere Länder der Region betroffen sein. Immer noch breite sich der besonders aggressiver Ebola-Virusstamm weiter aus, sagte Janssens. Zugleich fehle ein umfassender Überblick, um zu verstehen, „wo die Hauptprobleme liegen“.

100-Mio.-Dollar-Programm der WHO

Die Weltgesundheitsbehörde (WHO) stellte unterdessen ein Sofortprogramm im Volumen von 100 Millionen Dollar (74,62 Mio. Euro) bereit. „Das Ausmaß des Ebola-Ausbruchs und die damit verbundenen Risiken erfordern, dass die WHO und die betroffenen Länder ihrer Antwort eine neue Qualität geben“, sagte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan am Donnerstag.

Nötig seien mehr finanzielle Mittel und eine bessere Unterstützung der betroffenen Regionen durch Fachleute. Dringend benötigt würden vor allem Seuchenfachleute, Ärzte und Krankenschwestern. Auch Logistikfachleute würden gesucht, appellierte Chan an die Staatengemeinschaft. Insgesamt müsse das Helferkontingent dringend aufgestockt werden.

Frankreich in „äußerster Wachsamkeit“

Auch die für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissarin Kristalina Georgieva rief die internationale Gemeinschaft zu weiteren Anstrengungen auf. Sie sprach von einem „extrem besorgniserregenden Ansteckungsgrad“ in den betroffenen Staaten.

Frankreich ermahnte zu erhöhter Wachsamkeit. Derzeit sei zwar „das Risiko einer Einschleppung des Virus nach Europa gering“, sagte die französische Gesundheitsministerin Marisol Touraine der Zeitung „Le Parisien“ vom Donnerstag. Das medizinische Personal sei aber alarmiert worden, um im Falle von Ebola-Symptomen bei Rückkehrern sofort reagieren zu können.

Die USA gaben unterdessen eine Reisewarnung für drei afrikanische Staaten heraus, in denen sich das Ebola-Virus ausbreitet. Es handle sich um Guinea, Liberia und Sierra Leone, teilte das Center for Disease Control am Donnerstag in Washington mit.

Schon über 720 Tote

Die Seuche führt in 60 bis 90 Prozent der Fälle zum Tod. Sie wird über alle Körperflüssigkeiten oder Ausscheidungen eines erkrankten Menschen übertragen - bis hin zu Schweiß und Tränenflüssigkeit. Zu den Ebola-Symptomen zählen Fieber, Muskelschmerzen, Durchfall sowie in heftigen Fällen innere Blutungen und schließlich Organversagen. Gegen die Krankheit existieren bisher keine Medikamente.

Nach WHO-Angaben sind bei dem Ausbruch in Liberia, Guinea und Sierra Leone mehr als 729 Menschen ums Leben gekommen, 1.323 Menschen haben sich infiziert. Erste Ebola-Fälle waren in Guinea im März dieses Jahres registriert worden, rückblickend wurde darauf geschlossen, dass es schon im Dezember 2013 erste Infektionen gab. Rasch wurden auch das nahe Liberia und Sierra Leone erfasst.

Die nigerianische Fluggesellschaft Arik und die in Togo ansässige panafrikanische Airline ASKY setzten unterdessen alle Flüge zu den Hauptstädten von Liberia und Sierra Leone aus. Trotz Ausbreitung der Seuche sprach sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gegen Reisebeschränkungen, Flugverbote oder die Schließung von Grenzen aus.

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