Klugs Bedingungen für Ministerin „o. k.“
Einen Tag nach dem von Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) verkündeten Aufnahmestopp im Asylwerberheim Traiskirchen war man im Innenministerium am Mittwoch mit der Suche nach Notquartieren beschäftigt. Die Asylwerber sollen etwa in Privatquartieren, in Liegenschaften des Innenministeriums und notfalls auch in Zelten untergebracht werden, teilte Ministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) mit.
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Auch eine Unterbringung in leer stehenden Kasernen ist geplant. Hatte sich SPÖ-Verteidigungsminister Gerald Klug zunächst noch gegen diese Möglichkeit ausgesprochen, legte er am Mittwoch ein Angebot für die befristete Nutzung der Kaserne Linz-Ebelsberg vor. Das Bundesheer könne ein Unterkunftsgebäude der Kaserne Linz-Ebelsberg für bis zu 100 Asylwerber „unter Auflagen befristet bereitstellen“, heißt es in der Unterlage, die der APA vorliegt. Bezogen werden könnten die Räumlichkeiten, sobald die Eckpunkte erfüllt werden, theoretisch innerhalb weniger Tage.
Linz: Inhaltliche und rechtliche Vorbehalte
Die Stadt Linz jedoch bleibt bei ihrer bereits am Dienstag geäußerten Ablehnung. „Neben inhaltlichen Vorbehalten gegenüber einem Großquartier verhindert auch der rechtskräftige Flächenwidmungsplan eine allfällige, kurzfristige Umnutzung der Kaserne“, so Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) in einer Aussendung. Auch der Linzer Sicherheitsstadtrat Detlef Wimmer (FPÖ) hat in einer Presseaussendung ein „klares Nein“ deponiert. Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer ÖVP) hatte sich hinggeen für eine Bereitstellung der Kaserne ausgesprochen.
Mikl-Leitner zeigte sich jedenfalls sehr erfreut über das Angebot Klugs und sprach von einem „Sieg der Menschlichkeit“. Die Beamten sollen nun die Umsetzung prüfen. Mikl-Leitner beauftragte ihre Mitarbeiter, an Ort und Stelle zu prüfen, wie die Bedingungen Klugs umzusetzen sind. „Ich hoffe, dass das so rasch als möglich bewerkstelligt werden kann. Je schneller, desto lieber“, meinte sie auf die Frage, wann die ersten Flüchtlinge einziehen könnten.
Mikl-Leitner: Eines „der besten“ Asylsysteme Europas
In der ZIB2 verteidigte die Ministerin Mittwochabend das Asylsystem Österreichs - es sei europaweit „eines der besten“. Sie gestand jedoch ein, dass es immer wieder einmal Probleme gebe. Als Lösung wolle sie die Grundversorgung neu strukturieren, ein entsprechender Vorschlag sei bereits in Ausarbeitung und solle im Herbst mit den Ländern besprochen werden. Mikl-Leitner kündigte einen Automatismus an, der sicherstellen solle, dass die Länder ihre Quote erfüllten. Wie dieser genau aussehen soll, ließ sie jedoch offen.
Keine Asylwerber in Schubhaftzentrum
Entschieden sprach sich die ÖVP-Ministerin dagegen aus, das Schubhaftzentrum im steirischen Vordernberg für Asylwerber zu öffnen. Das Zentrum - derzeit bei weitem nicht voll belegt - sei ausschließlich Schubhäftlingen vorbehalten. Diese dürften das Anhaltezentrum nicht verlassen, Asylwerbern sei dies jedoch schon gestattet, so Mikl-Leitner.
Die von Klug im Angebot gestellten Bedingungen sind für Mikl-Leitner „o. k.“, etwa wenn es darum geht, dass das Innenressort die Kosten für die Adaptierung und den Betrieb in der Unterkunft übernimmt. Dass die Flüchtlinge, wie vom Verteidigungsminister ebenfalls gefordert, nach sechs Monaten ausziehen, geht für Mikl-Leitner auch in Ordnung: „Ich habe zugesagt, dass wir uns äußerst bemühen.“ Sie ist allerdings der Meinung, dass die vorübergehende Unterbringung der Personen den geplanten Verkaufsprozess der Kaserne Ebelsberg ohnehin nicht behindern würde: „Das eine schließt das andere nicht aus.“ Sobald die Gebäude den Besitzer wechseln, verlassen die Asylwerber das Gelände „selbstverständlich“, so die Ministerin.
Quartier muss abgegrenzt werden
Das Verteidigungsressort hält in dem Angebot fest, dass die Unterbringung auf sechs Monate befristet ist und das betroffene Gebäude durch das Innenministerium von der restlichen Liegenschaft zu trennen ist - etwa durch einen Zaun und mit eigenem Zugang. „Kaufen“ muss das Innenministerium die Kasernenräumlichkeiten nicht. Es hat auch die behördlichen Auflagen zur Nutzung zu erfüllen.
Betont wird im Angebot ebenfalls, dass eine „rechtzeitige und ordnungsgemäße Rückgabe“ an das Heer stattfinden muss. Sollte sich dadurch der geplante Verkauf der Liegenschaft im Jahr 2015 verzögern, soll die Bundesimmobilien GmbH beauftragt werden, das Gelände zum Verkehrswert anzukaufen. Das Einvernehmen mit Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP), Parteikollege von Mikl-Leitner, „ist durch das Innenministerium herzustellen“, heißt es im Papier weiters.
2.200 Anträge im Juli
Es gab allein im Juli 2.200 Asylanträge, das sind mehr als 70 Anträge pro Tag, so Mikl-Leitner. Die Diakonie pocht auf die Rechte der Asylwerber. Jeder Flüchtling habe in Österreich das Recht auf Grundversorgung, das heißt auf Unterkunft und Verpflegung. Es könne also nicht sein, dass durch die Sperre von Traiskirchen Flüchtlinge auf der Straße stehen, sagte der Flüchtlingsbeauftragte der Diakonie, Christoph Riedl, im Ö1-Morgenjournal. „Es gibt Rechtsberatung, und wir würden unsere Klienten auch dahingehend beraten, dass sie ein Recht auf Durchsetzung haben. Das heißt, sie könnten das Recht auf Betreuung auch einklagen“, so Riedl - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Caritas appelliert an Länder
Für den Präsidenten der Caritas Österreich, Michael Landau, ist die Asyldebatte ein „politisches Sommertheater“. Er appelliert im Ö1-Morgenjournal-Gespräch an die Länder, ihre Zusagen zu erfüllen. Bund und Länder sollten Blockaden auflösen und das „Pingpongspiel“ auf dem Rücken der Flüchtlinge beenden. Landau geht davon aus, dass niemand unversorgt auf der Straße stehen wird, denn das wolle in Österreich niemand, „die Aufgaben sind bewältigbar“. In Österreich gebe es keinen Notstand, „das ist Blockade zwischen den Gebietskörperschaften“, so Landau weiter - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Für den steirischen Caritas-Direktor Franz Küberl ist das jetzige Problem „herbeiverwaltet“ worden. „Gescheit wäre für die Politik jetzt auf alle Fälle einmal, dass man nicht gegeneinander Ratschläge erteilt, sondern miteinander Lösungen sucht“, so Küberl - mehr dazu in steiermark.ORF.at
Gemischte Reaktionen
Die bundes- und landespolitischen Reaktionen auf Prölls Schritt fielen gemischt aus. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sieht nun im Asylstreit die säumigen Bundesländer gefordert. Zwar räumte er auf die Kritik aus Niederösterreich hin ein, als Regierungschef selbst „immer“ gefordert zu sein. Wenn sich sechs Bundesländer aber nicht an die vereinbarten Quoten hielten, unterstütze er die Innenministerin. Die zeigte gleichfalls „Verständnis“ für ihren Parteikollegen Pröll und sprach von einer dramatischen Situation im Erstaufnahmezentrum. In Traiskirchen könne mit knapp 1.400 Personen keine „menschliche und humane Betreuung mehr garantiert werden“.
„Absolutes Verständnis“ für Pröll zeigte auch FPÖ-Bundesparteichef Heinz-Christian Strache, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Er kritisierte bei einer Pressekonferenz die Asylpolitik der Regierung und forderte, dass eine Asylberechtigung schon an den EU-Außengrenzen geprüft werden soll. Dort sollten Erstaufnahmezentren errichtet werden, wo geprüft werden solle, ob ein Asylstatus gerechtfertigt sei oder nicht. Erst danach dürfe eine Aufteilung auf die Länder erfolgen.
Kritik kam am Mittwoch von den Grünen: „Jetzt im Sommerloch mit einer Aufnahmesperre in Traiskirchen für mediale Furore zu sorgen löst kein einziges Problem, sondern ist leider zum wiederholten Mal Inszenierung auf dem Rücken der Schutzsuchenden“, meinte die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Alev Korun, in einer Aussendung und forderte „realitätsnahe Kostensätze“, da sich mit den derzeitigen „nur menschenunwürdige Massenquartiere“ ausgehen würden.
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