Wenig konkret, aber selbstbewusst
Auf sieben bis acht Prozent soll das Wirtschaftswachstum in den nächsten drei Jahren wieder ansteigen. Daran hielt Indiens Finanzminister Arun Jaitley bei seiner Budgetrede Anfang Juli fest und kündigte Schritte an, um die Investitionen in Asiens drittgrößter Volkswirtschaft zu stärken. Details präsentierte der Finanzminister aber nur sehr selektiv.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Fast drei Stunden lang sprach Jaitley vor dem indischen Parlament, hielt sich dabei aber, wie der „Economist“ schreibt, vor allem mit „Kleinkram“ auf. 33 Millionen Dollar wolle die Regierung etwa in die Errichtung der weltgrößten Statue von Vallabhbhai Patel - Gründungsvater des modernen Indiens - investieren, so eine der von Jaitley präsentierten Informationen. Das ist im Übrigen mehr, als die Regierung für Projekte aufwenden will, die die Sicherheit von Frauen im Land verbessern sollen. Über weite Strecken blieb der Finanzminister aber vage.
Chaotische fünf Jahre
Dabei hatten Narendra Modi und seine hindu-nationalistische Volkspartei (BJP) im Wahlkampf sehr konkret benannt, was sie verändern wollten. Die Vorgängerregierung unter der Führung der Vereinigten Fortschrittlichen Allianz (UPA) hatte es der BJP auch leicht gemacht, notwendige Reformen aufzuzeigen.
Mehr als die Hälfte der Sitzungszeit des Parlaments entfiel, weil die Abgeordneten streikten, Korruptionsskandale lähmten die Regierung unter Premierminister Manmohan Singh. Die Rupie verlor im letzten Jahr binnen Monaten fast ein Fünftel ihres Werts, die Inflation ist hoch, das Leistungsbilanzdefizit ebenso, die Wirtschaft wächst nicht mehr so rasant wie noch vor einigen Jahren.
Rückwirkende Steuer als Investitionsbremse
Als einen der Gründe, die Investoren von Indien abschreckten, wies die BJP wiederholt auf die rückwirkenden Steuerforderungen an ausländische Unternehmen hin. Hierbei werden auch Unternehmenskäufe zwischen ausländischen Firmen in Indien besteuert werden, wenn die Unternehmen dort geschäftlich tätig sind.
Der neue Finanzminister hatte sich von Anfang gegen die von der UPA-Regierung 2012 in ein Gesetz gegossene Besteuerung ausgesprochen. Dennoch scheint die von der BJP im Vorfeld angekündigte Aufhebung der Steuer erst einmal verschoben zu sein. Ein „hochrangig besetzter Ausschuss“ werde sich mit der Frage beschäftigen, sagte Jaitley am Donnerstag. Die britische Vodafone kündigte daraufhin bereits an, weiter gegen die Nachforderungen über 1,6 Milliarden Euro vorzugehen.
An Defizitziel wird festgehalten
Noch am Vortag hatte Jaitley gewarnt, die Haushaltslage der drittgrößten asiatischen Volkswirtschaft sei schlechter als gedacht. Im Gegensatz zu den Erwartungen vieler Experten kündigte er am Donnerstag trotzdem an, am Defizitziel der Vorgängerregierung von 4,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im Fiskaljahr bis März 2015 festzuhalten. „Ich habe beschlossen, mich dieser Herausforderung zu stellen“, sagte er vor dem Parlament. „Wenn man es nicht versucht, hat man schon verloren.“
Maßnahmen „nicht durchdacht“
Wie sich der Versuch gestalten sollte, ließ der Finanzminister aber in weiten Teilen offen. Zwar fixierte die Regierung die Erhöhung der Verbrauchersteuer auf Zigaretten und andere Tabakwaren von elf auf satte 72 Prozent und wird auch auf Softdrinks fünf Prozent mehr Steuer aufschlagen. Einen Termin für die bereits während des Wahlkampfs angekündigte Einführung einer landesweiten Mehrwertsteuer ließ Jaitley allerdings offen.
Dementsprechend skeptisch zeigte sich in einer ersten Reaktion die Ratingagentur Fitch. Es sei unklar, wie die Regierung das Defizitziel ohne Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen erreichen wolle. Ähnlich kritisch äußerte sich auch Atsi Sehen, Indien-Experte der zweiten großen Ratingagentur Moody’s. „Der Wille scheint da zu sein, aber die Maßnahmen sind noch nicht wirklich durchdacht worden“, so Sehen.
Markt für Rüstungskonzerne geöffnet
Einen deutlichen Investitionsschub erhofft sich die Regierung durch die Erhöhung der Obergrenze für Direktinvestitionen in der Rüstungs- und Versicherungsbranche aus dem Ausland auf 49 Prozent. Bisher durften ausländische Investoren an Unternehmen in diesem Bereich maximal 26 Prozent halten.
Konkrete Zahlen nannte Jaitley auch sein zweites ministerielles Ressort betreffend. Indien wird seine Militärausgaben noch einmal um zwölf Prozent auf 25,2 Milliarden Euro erhöhen. Bereits die vergangenen drei Jahre war Indien der weltweit größte Waffenkäufer, da es sein jahrzehntealtes Arsenal durch moderne Waffen zu ersetzen versucht.
Ausbleibende Regenfälle lasten auf Wirtschaft
Auch die Agrarindustrie darf sich über höhere Zuwendungen freuen. So erhöht die Regierung in diesem Jahr die Subventionen auf Düngemittel und - entgegen den Erwartungen - auch auf Diesel. Die Subventionen sollen Bauern helfen, die ausbleibenden Monsunregenfälle auszugleichen.
Neben fehlenden Investitionen in die Wirtschaft hatte Indien in den letzten Jahren auch vermehrt mit Dürreperioden zu kämpfen. Bereits am Tag vor der Budgetrede hatte die Regierung davor gewarnt, dass die anhaltende Trockenheit sich negativ auf das BIP auswirken könnte.
Links: