Haus wird nach und nach geräumt
Bei der Räumung eines von rund 50 Punks besetzten Hauses in Wien zeichnet sich spät, aber doch ein Ende ab: Ungeachtet des Einsatzes von bis zu 1.700 Polizisten gelang es den Hausbesetzern, sich stundenlang im dritten Stock des Hauses zu verschanzen. Erst am späten Montagabend kamen die ersten Bewohner in Begleitung von Polizeibeamten aus dem Gebäude.
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Der Exekutive, mit Riesenaufgebot seit Vormittag im Einsatz, war es zuvor gelungen, auch in das dritte und somit oberste Stockwerk vorzudringen und die ersten Bewohner abzuführen. Man werde nun Wohnung für Wohnung räumen, sagte Polizeisprecher Roman Hahslinger zur APA. Die Aktion verläuft den Angaben zufolge bisher friedlich. Im Minutentakt werden FM4 zufolge die Bewohner aus dem Haus gebracht - mehr dazu in fm4.ORF.at.
Farbbeutel, Fäkalien, Urin
Der Räumungseinsatz beschäftigt die Polizei seit dem Vormittag. Die Aktivisten, die sich im Haus verschanzt hatten, leisteten mit massiven Barrikaden Widerstand gegen die gerichtlich angeordnete Räumung. Nach stundenlangem langsamen Weiterkommen konnte die Exekutive schließlich Schritt für Schritt bis in das letzte Stockwerk vordringen.

APA/Herbert Neubauer
Die Sympathisanten hatten sich vor der Pizzeria Anarchia aufgehalten
Die Delogierung der Pizzeria Anarchia - wie die Punks das Haus bezeichnen - begann um 10.30 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt war die Polizei mit einem Radpanzer vorgerückt, um den verbarrikadierten Eingangsbereich freizubekommen. Darauf reagierten die Punks, die sich im dritten Stock befanden, umgehend: Sie warfen Farbbeutel, faule Eier, Flaschen und Fäkalien. Ein Mann urinierte gar aus dem Fenster im obersten Stockwerk des Hauses - mehr dazu in wien.ORF.at.
Laut Polizeiangaben versuchten sich die Demonstranten auch mit Buttersäure gegen die Räumung zu wehren. Auch innerhalb des Hauses vermutete die Polizei Gefahren in Form von Stromfallen.

APA/Herbert Oczeret
Räumpanzer, Möbelstücke, Polizisten
Einsatz im gesamten Bezirk zu bemerken
Bei dem Einsatz gab es laut Hahslinger „ein paar im Einsatz leicht verletzte“ Polizisten. Die vonseiten des Innenministeriums genannte Zahl der Einsatzkräfte von 1.700 wollte er nicht bestätigen. Am Abend sprach Hahslinger von 500 direkt im Einsatz befindlichen Polizisten. Offen blieb damit die Zahl der in Bereitsschaft befindlichen EInsatzkräfte. In jedem Fall ist das Gebiet um das betroffene Haus weiträumig abgesperrt, der Einsatz ist im gesamten zweiten Wiener Gemeindebezirk zu bemerken.
Ziel des Einsatzes ist es, das Haus aufgrund eines rechtskräftigen Urteils zu räumen. „Und alle Personen, die nicht freiwillig oder selbstständig das Haus verlassen, müssen wir dann auffordern, das Haus zu verlassen, und dann, wenn sie nicht gehen wollen, müssen wir sie raustragen“, so Hahslinger. Eigenen Angaben zufolge hätten sich die Punks im dritten Stock angekettet.

APA/Herbert Oczeret
Die Gasse wurde weiträumig abgesperrt
Plan der Eigentümer als Schuss nach hinten
Seit rund zweieinhalb Jahren ist das Wohnhaus von Punks besetzt. Die Eigentümer hatten diesen vor etwa drei Jahren einen auf drei Monate befristeten Mietvertrag angeboten - mit dem Hintergedanken, die bestehenden Mieter aus dem Haus zu bekommen und das Haus umzubauen und Wohnungen mit Profit zu verkaufen. Doch der Plan der Eigentümer ging nicht auf - denn es kam zu einer Solidarisierung der Punks mit den bestehenden Hausbewohnern. Zwei Altmieter verließen das Haus, ein Altmieter wollte nicht ausziehen - auch die Punks blieben.
Grüne: „Absurder Polizeieinsatz“
Hahslinger rechtfertigte das bereits für Kritik sorgende Polizeigroßaufgebot gegenüber Ö1 damit, dass es „im Vorfeld schon Postings im Internet, Veröffentlichungen auch teilweise über die Medien“ gegeben habe, „dass für diese Hausbesetzerszene auch aus Deutschland Verstärkung anreisen soll“. Ob tatsächlich zahlreiche Unterstützer aus Deutschland angereist sind, blieb vorerst unklar - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Die Angelegenheit erreichte dennoch bereits die Wiener Kommunalpolitik: „Man muss sich leider nicht zum ersten Mal die Frage stellen, wie kompetent der Wiener Polizeipräsident (Gerhard Pürstl, Anm.) eigentlich ist“, meinte etwa der Grüne Gemeinderat Klaus Werner-Lobo zur APA. Denn „absurde Polizeieinsätze“ häuften sich in Wien in letzter Zeit. Auch Georg Prack, Landessprecher der Wiener Grünen, kritisierte per Aussendung den „überbordenden Polizeieinsatz“, der „in keinem Verhältnis zum Anlass“ stehe.
Paul Hefelle, ÖVP-Bezirksrat in der Leopoldstadt, stellte sich indes hinter die Polizei. Man könne diese nicht zum Sündenbock stempeln. Auch wenn der jetzige Eigentümer das betreffende Haus als Spekulationsobjekt erworben haben sollte, hätten sich die Aktivisten auf den Deal eingelassen. Nun hätten die Besitzer die Räumung vor Gericht durchgefochten und damit sei diese rechtskräftig.
FPÖ begrüßt Räumung
Auch die Bezirks-FPÖ reagierte: „Viel zu lange hat der linke Pöbel (...) hausen, die Gegend verdrecken und die Lebensqualität der Anrainer zerstören dürfen“, sagt der Leopoldstädter FPÖ-Obmann Wolfgang Seidl zur Räumung des Hauses. Kritik wurde an den Aussagen der Grünen geübt: Diese hätten den „gefährlichen Polizeieinsatz schlecht und somit den linken Randalierern gleichsam die Mauer gemacht“, so Seidl.
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