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„Rache“ für zerstörte Heiligtümer

Während die sunnitische Terrorgruppe Islamischer Staat (IS, früher ISIS) in Syrien den Truppen von Präsident Baschar al-Assad zusetzt, formiert sich im Irak, wo die Offensive vor sechs Wochen ausgegangen war, zunehmend Widerstand. Vor allem die Zerstörung wichtiger Heiligtümer in der Region und das Machtgebaren von IS-Kämpfern gegenüber anderen Sunniten akzeptieren einstige Verbündete nicht.

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In den von den Extremisten eroberten Gebieten im Norden und Westen des Irak begehren immer mehr gegen die Terrorgruppe auf. Nach der Einnahme von Mossul am 10. Juni konnte IS noch mit Hilfe sunnitischer Stämme Richtung Bagdad vorrücken, zu sehr ist die von Schiiten dominierte Regierung verhasst.

In dem von IS ausgerufenen Kalifat wurde nun ein streng islamisches Leben eingeführt, Christen wurden vertrieben, zentrale Kulturstätten und Heiligtümer zerstört. So sprengte IS Medienberichten zufolge vergangenen Donnerstag die Grabstätte des Propheten Jonah in Mossul. Am Sonntag wurden eine historische Moschee und ein Schrein in Mossul gesprengt. Die Dschihadisten folgen einer besonders strengen Auslegung des Korans. Um einen Heiligenkult zu verhindern, sind selbst Grabstätten von Gefährten des Propheten Mohammed nicht vor Zerstörung sicher.

Berichte über Zwangsrekrutierungen

Irakischen Medien zufolge soll IS bereits begonnen haben, in Mossul Männer zwischen 17 und 37 Jahren zwangsweise zu rekrutieren und einige von ihnen nach Syrien zu schicken. Das kurdische Nachrichtenportal Basnews zitiert einen aus der Stadt geflohenen Jugendlichen mit den Worten: „Sobald du der Gruppe beitrittst, schicken sie dich nach Syrien oder in den Kampf gegen die irakische Armee.“

Zudem gehen IS-Kämpfer offenbar mit Härte nicht nur gegen Christen und Schiiten, sondern auch gegen sunnitische Stammesführer vor, die sich nicht unterordnen wollen. So stellte IS laut dem Nachrichtenportal Sumaria News erst am Freitag in der Provinz Diyala fünf verbündeten sunnitischen Gruppen ein Ultimatum, sich innerhalb von 48 Stunden unterzuordnen oder die Region zu verlassen.

Volksbrigaden gegen Dschihadisten

Lokale Milizen gehen nun in der nördlichen Provinz Ninive auf Konfrontation mit den Dschihadisten, wie der Gouverneur der Provinz, Athil al-Nudschaifi, sagte. „Die Bildung der Volksbrigaden zum Kampf gegen die IS-Miliz wurde vor wenigen Tagen abgeschlossen“, sagte Nudschaifi gegenüber der Zeitung „al-Schark al-Aussat“.

Geführt würden die Brigaden von einem ehemaligen irakischen Armeeoffizier. Wie stark diese Milizen sind, wollte der Gouverneur nicht sagen. Sie stammten seinen Angaben zufolge nicht von aufständischen Sunnitengruppen aus der Region. Grund für die Anti-IS-Kämpfer sei die „Rache“ dafür, dass IS-Mitglieder in Mossul Schreine und andere Heiligtümer zerstört hätten.

Ärger gegenüber IS macht sich auch im Westirak breit. In der Provinz al-Anbar würden die Dschihadisten ebenfalls vertrieben, sagte Stammesführer Ahmed Abu Rischa gegenüber dem kurdischen Nachrichtenportal Rudaw. In den kommenden Tagen wollten „seine Kämpfer die Stadt Falludscha befreien“. Seinen Aussagen zufolge soll diese Operation sogar gemeinsam mit dem irakischen Militär durchgeführt werden.

Gegen Stärkung von Maliki

Zahlreiche sunnitische Stämme weigern sich allerdings weiterhin, die Waffen gegen IS zu erheben. Sie fürchten, dadurch den umstrittenen schiitischen irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki zu stärken. Der jahrelange Machtkampf zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden führte zu einem Machtvakuum und hatte den Vormarsch von IS zusätzlich begünstigt.

Die zerstrittenen politischen Blöcke in Bagdad konnten sich nach wie vor nicht auf eine gemeinsame Antwort auf die Dschihadisten einigen. Schiitische Milizen etwa stellten erst am Samstag in der Stadt Bakuba die Leichen getöteter IS-Kämpfer öffentlich zur Schau. Die Bevölkerung in Bakuba ist mehrheitlich schiitisch, die umliegenden Dörfer hauptsächlich sunnitisch und in der Gewalt von IS-Kämpfern.

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