Jubelszenen in Gaza
Israel hat die Darstellung militanter Palästinenser zurückgewiesen, wonach ein israelischer Soldat in den Händen der Al-Kassam-Brigaden, der Kampftruppen der radikalislamischen Hamas, ist. „Es gibt keinen entführten Soldaten, die Gerüchte sind falsch“, so der israelische Botschafter bei der UNO, Ron Posor.
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Die Miliz der radikalislamischen Palästinensergruppe Hamas hatte zuvor erklärt, während der Kämpfe im Gazastreifen einen israelischen Soldaten gefangen genommen zu haben. Ein maskiertes Mitglied der Al-Kassam-Brigaden hatte im Hamas-TV gesagt, der Soldat sei in ihrer Gewalt, und den angeblichen Namen und die Erkennungsmarkennummer genannt. Es ist eine der größten Sorgen Israels im Zusammenhang mit der Bodenoffensive, dass - ähnlich wie im Fall des entführten und dann jahrelang festgehaltenen Gilad Schalit - ein Soldat in die Hände der Hamas gerät.
In Gaza war es nach der Ansage im Hamas-TV zu Jubelszenen gekommen; von ähnlichen Szenen berichteten Augenzeugen in Ramallah und Hebron im Westjordanland. Im Jahr 2006 hatte die israelische Armee eigens eine Bodenoffensive zur Befreiung des kurz zuvor entführten Soldaten Schalit gestartet.
Hamas-Kämpfer drangen durch Tunnel nach Israel ein
Am Montag gab das israelische Militär die Tötung von „mehr als zehn“ militanten Palästinensern aus dem Gazastreifen bekannt, die illegal nach Israel eindrangen. Die „Terroristen“ aus den Reihen der radikalislamischen Hamas seien über zwei Tunnel vom nördlichen Gazastreifen aus nach Israel gelangt und Montagfrüh von israelischen Streitkräften erschossen worden, teilte Armeesprecher Peter Lerner via Twitter mit.
Dutzende Tote bei Häuserkampf
Die israelische Bodenoffensive im Gazastreifen weitete sich am Sonntag zu einem Häuserkampf mit zahlreichen Toten auf beiden Seiten aus. Am bisher blutigsten Tag der jüngsten israelischen Militäroperation beklagten die Palästinenser mehr als 100 Tote. Allein im Stadtteil Sadschaija habe es am Sonntag 60 Tote gegeben, darunter viele Frauen und Kinder. Dort wurden am Sonntag auch 13 Soldaten einer israelischen Eliteeinheit im Gefecht mit Kämpfern der radikalislamischen Hamas getötet.
Am Montag starben im Gazastreifen nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte mindestens 20 Menschen durch israelischen Beschuss. Fünf Menschen wurden getötet, als die dritte Etage des Krankenhauses der Märtyrer von Al-Aksa in Deir el-Balah getroffen wurde, wie ein palästinensischer Behördensprecher sagte. Im südlich gelegenen Rafah wurde laut dem Sprecher der palästinensischen Rettungskräfte, Aschraf al-Kudra, eine neunköpfige Familie getötet, darunter sieben Kinder.
Mehr als 500 Tote
Die Zahl der palästinensischen Toten bei israelischen Angriffen im Gazastreifen stieg damit auf mehr als 500. Seit Beginn der Offensive in dem schmalen Küstenstreifen am Mittelmeer vor knapp zwei Wochen seien 3.150 Menschen verletzt worden, teilten die palästinensischen Rettungskräfte mit. Unter den Opfern in dem Palästinensergebiet seien viele Frauen und Kinder.
Auf der israelischen Seite kamen bisher 25 Soldaten und zwei Zivilisten ums Leben. Rund 80 israelische Soldaten wurden nach Angaben des israelischen Rundfunks bei den Kämpfen verletzt.

APA/EPA/Jim Hollander
Israel will weiter Truppen in den Gazastreifen schicken
Hamas ruft Menschen zum Bleiben auf
Angesprochen auf den Angriff auf Sadschajia sagte eine israelische Militärsprecherin, die Bewohner des betroffenen Viertel seien zwei Tage zuvor aufgerufen worden, das Gebiet zu verlassen, um ihr Leben zu schützen. Die Hamas wiederum appellierte an die Bewohner, der israelischen Aufforderung nicht Folge zu leisten.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warf der Hamas vor, Zivilisten im Gazastreifen als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Die Armee greife militärische Ziele an. Dass es dabei manchmal auch Opfer unter Zivilisten gebe, bedauere Israel, sagte Netanjahu dem US-Fernsehsender CNN. Einen Zeitrahmen für den Militäreinsatz nannte Netanjahu nicht. Die Aktion zur Zerstörung der Tunnel werde „ziemlich schnell“ erledigt sein, sagte er nur.
„Wir werden nicht aufhören, bis alle Ziele erreicht sind“, sagte Netanjahu am Sonntag in Tel Aviv. Die Hamas sei selbst für die vielen Toten unter den Zivilisten in dem Palästinensergebiet verantwortlich. „Israel hat diesen Kampf nicht selbst gewählt, er ist uns aufgezwungen worden“, sagte der Regierungschef. Das Vorgehen gegen die Tunnel und Raketen der Hamas sei lebensnotwendig für die Sicherheit der Bürger Israels. Es könnten noch „schwere Tage“ bevorstehen, sagte Netanjahu.
Israels Botschafter von Berichten „frustriert“
Auch international wirbt Israel um Unterstützung für seinen Kampf gegen die Hamas. So unterstrich am Montag Israels Botschafter in Österreich, Zvi Heifetz, die Position seiner Regierung, Israel sei der gegenwärtige Militäreinsatz durch den immer heftigeren Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen „aufgezwungen“ worden, die Hamas verweigere jeden Waffenstillstand und missbrauche in zynischer Weise die eigene Bevölkerung, indem sie von Wohnvierteln aus angreife und die dort lebenden Zivilisten in evidentem Bruch der Genfer Konvention daran hindere, sich in Sicherheit zu bringen.
„Sie wissen genau, was sie tun“, sagte der Botschafter. „Sie zielen genau darauf ab, zivile Opfer zu präsentieren.“ Nachsatz im Hinblick auf das israelische Luftabwehrsystem „Iron Dome“: „Wir schützen unsere Bevölkerung durch Raketen - sie schützen ihre Raketen durch ihre Bevölkerung.“ Er habe sich daher eine „eine tiefere Analyse erwartet, wer verurteilt gehört und wer unterstützt“, zeigte sich Heifetz „frustriert“ von der österreichischen und internationalen Berichterstattung.
Luftalarm in Tel Aviv
Israel startete seine Bodenoffensive am Donnerstag, nachdem ein zehntägiger Beschuss aus der Luft und vom Meer aus keinen durchschlagenden Erfolg gebracht hatte. Im Süden Israels und in Tel Aviv heulten auch am Montag wieder Sirenen, die vor Raketenangriffen warnen. Nach israelischen Angaben wurden bisher 1.700 Raketen auf das Land abgefeuert. Die meisten werden jedoch vom Abwehrsystem „Iron Dome“ abgefangen.
Obama für „sofortige Waffenruhe“
US-Präsident Barack Obama forderte unterdessen eine "sofortige Waffenruhe im Nahen Osten. US-Außenminister John Kerry startet einen neuen Vermittlungsversuch in der Krisenregion. Diplomatische Bemühungen unter anderem von Ägypten, Katar, Frankreich und den Vereinten Nationen um ein Ende der Gewalt waren am Wochenende zunächst erfolglos geblieben.
UNO-Sicherheitsrat fordert erneut Waffenruhe
Auch der UNO-Sicherheitsrat rief Israelis und Palästinenser erneut zu einer Waffenruhe auf. „Die Mitglieder des Sicherheitsrats fordern eine sofortige Einstellung der Kampfhandlungen“, sagte Ruandas UNO-Botschafter Eugene Richard Gasana, dessen Land derzeit die Präsidentschaft des Gremiums innehat, nach einer Dringlichkeitssitzung am Sonntagabend (Ortszeit). Die 15 Mitglieder des Sicherheitsrates einigten sich - abseits der Forderung nach einer Waffenruhe - bisher nicht auf eine gemeinsame Erklärung.
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon ist derzeit auf einer Vermittlungsreise in Nahost im Bemühen um einen dauerhaften Waffenstillstand. Nach einem Besuch in der katarischen Hauptstadt Doha am Sonntag wird Ban im Verlauf der Woche in Kuwait, Ägypten, Israel, im Westjordanland und in Jordanien erwartet.
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