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175 identifizierte Opfer beigesetzt

Etwa 20.000 Menschen haben auch am Freitag in der Gedenkstätte Potocari des Massakers von Srebrenica vor 19 Jahren gedacht. Auf dem Friedhof nahe der ostbosnischen Kleinstadt wurden heuer 175 im letzten Jahr identifizierte Opfer des Massakers beigesetzt. Das Jüngste von ihnen war im Juli 1995 erst 14 Jahre alt, das Älteste 79.

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„Das Ziel des Völkermordes ist nicht erreicht worden. Davon zeugt unsere Rückkehr“, meinte der Bürgermeister von Srebrenica, Camil Durakovic, in einer kurzen Ansprache. Er forderte die Verurteilung der Täter und Recht und Gerechtigkeit für die Überlebenden.

Keine Reden

Der Gedenkfeier wohnten Bakir Izetbegovic und Zeljko Komsic, das muslimische und das kroatische Mitglied des Staatspräsidiums, eine bosnische Parlamentsdelegation und mehrere andere bosniakische (muslimische) Politiker wie auch der Hohe Repräsentant Valentin Inzko und zahlreiche Diplomaten bei. Auf Reden wurde zum ersten Mal verzichtet. Die Gedenkfeier hatte nach der Kranzniederlegung verschiedener Delegationen einen religiösen Charakter.

Srebrenica-Gedenkfeier

Reuters/Dado Ruvic

Trauernde Angehörige

In Potocari haben nach der Beisetzung am Freitag 6.141 Opfer des Völkermordes von Srebrenica ihre letzte Ruhe gefunden. Namentlich sind 8.372 Opfer bekannt. Etwa 7.100 Opfer wurden bisher gefunden.

1.200 Opfer weiter vermisst

Nach etwa 1.200 Opfern wird nach Angaben des Instituts für Vermisste weiter gesucht. Die Leichen der bisher entdeckten Srebrenica-Opfer wurden in der Umgebung der Kleinstadt an sogar 150 verschiedenen Stellen, unter anderem in 74 Massengräbern, entdeckt.

Wie in früheren Jahren gab es in Srebrenica auch an diesem Freitag erneut Menschen, die mehrere Familienmitglieder zu beerdigen hatten. Hasib Salkic hat der Beisetzung seiner zwei Söhne beigewohnt. Omer und Refik waren im Juli 1995 erst 25 und 20 Jahre alt. Drei Brüder von Dzanan Delic ruhen seit heute ebenfalls in Potocari. Der bosnische Filmregisseur Ado Hasanovic, zum Zeitpunkt des Massakers noch ein Kleinkind, hatte in Srebrenica sogar 30 Familienangehörige verloren.

Bisher 33 Urteile

Sowohl das UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY) wie auch der Internationale Gerichtshof (IGH) haben das von bosnisch-serbischen Truppen im Juli 1995 angerichtete Massaker als Völkermord bezeichnet. Mehrere einstige bosnisch-serbische Offiziere wurden vor dem Haager Kriegsverbrechertribunal zu hohen Haftstrafen verurteilt, drei von ihnen zu lebenslanger Haft.

Die Prozesse gegen die zwei hauptverantwortlichen Personen, den einstigen Präsidenten der Republika Srpska, Radovan Karadzic, und seinen Militärchef Ratko Mladic, sind vor dem Haager Gericht noch im Gange. Für das in Srebrenica angerichtete Massaker wurden soweit insgesamt 33 Personen verurteilt.

Gespaltenes Land

Die Spaltung unter den bosnischen Ethnien - Bosniaken (Muslime), Serben und Kroaten - kam auch am heurigen 11. Juli erneut zum Ausdruck. Während der Tag in dem größeren Landesteil, der Bosniakisch-Kroatischen Föderation, ein Trauertag ist, ist er in der kleineren Entität, der Republika Srpska, wo seit dem Kriegsende sowohl Srebrenica wie auch Potocari liegen, ein ganz normaler Arbeitstag. Das bosnisch-serbische Parlament hatte es vor vier Jahren gar abgelehnt, das Srebrenica-Massaker durch eine Resolution zu verurteilen. Das Parlament im benachbarten Serbien hatte das getan, ohne jedoch das Wort Völkermord zu verwenden.

Keine offiziellen Vertreter Belgrads

Mehrere serbische nichtstaatliche Organisationen haben diese Woche an den Staatschef Tomislav Nikolic appelliert, sich am 11. Juli dem europaweiten Gedenktag für Srebrenica-Opfer anzuschließen. An mehreren Stellen im engsten Stadtzentrum Belgrads sind laut Medienberichten Plakate mit einer Mladic-Abbildung aufgetaucht. Dazu der Text: „General, danke für Srebrenica“. Mitglieder der serbischen nichtstaatlichen Organisation „Frauen in Schwarz“ wohnten wie in früheren Jahren der Gedenkfeier in Srebrenica bei, offizielle Vertreter Belgrads sind Medien zufolge ausgeblieben.

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