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Letzte Vorbereitungen für Abschleppen

Den Bergungsteams, die seit zwei Jahren an der gesunkenen „Costa Concordia“ gearbeitet hatten, ist es am Montag gelungen, das Wrack wieder zum Schwimmen zu bringen. Bisher lag es auf einer mit großem Aufwand errichteten Unterwasserplattform. In rund einer Woche soll das Kreuzfahrtschiff nach Genua geschleppt werden.

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Nach stundenlangen Vorbereitungen dazu gab Montagvormittag der Chefingenieur der Bergungsmannschaft, Franco Porcellacchia, den ersten Teilerfolg bekannt. „Das Schiff schwimmt.“ Die „Costa Concordia“ habe sich vorerst etwa einen Meter vom Meeresboden abgehoben, später folgte ein weiterer Meter. Erreicht wurde das, indem die an beiden Flanken des Wracks schon vor Monaten angebrachten Schwimmkörper mit Druckluft gefüllt wurden. „Das Schiff steht aufrecht und hat keine Schlagseite“, sagte der Chefingenieur bei einer Pressekonferenz. „Das ist extrem positiv.“ Die letzten Schwimmkörper waren erst in den letzten Tagen an dem Wrack montiert worden.

Costa Concordia

APA/EPA/Claudio Giovannini

Druckluftgefüllte Schwimmkörper hoben das Wrack vom Meeresboden

Vor dem eigentlichen Abschleppen musste der rund 114.000 Tonnen schwere und fast 300 Meter lange Koloss rund 30 Meter in das offene Meer gezogen werden. Dafür wurden nach dem Anheben Taue am Wrack angebracht. Später sollen dann die letzten nötigen Schwimmkörper montiert werden. Das Schiff war am 13. Jänner 2012 - also beinahe auf den Tag vor zweieinhalb Jahren - vor der Insel Giglio in der Toskana auf einen Felsen aufgelaufen und gesunken.

Große „Eskorte“ nach Genua

Binnen einer Woche soll das Wrack zum Abtransport bereit sein. Dann soll der Kreuzfahrtriese nur noch mit 18 anstatt wie nach der Havarie 30 Metern Tiefgang im Wasser liegen. Der reguläre maximale Tiefgang der „Costa Concordia“ hatte knapp über acht Meter betragen. Vier Schlepper und eine „Eskorte“ von Begleitschiffen sollen das Wrack nach Genua bringen. Zwei weitere Jahre dürfte es danach noch dauern, bis das Schiff - die Baukosten hatten seinerzeit rund 540 Mio. Euro betragen - vollständig verschrottet ist.

Costa Concordia

Reuters/Alessandro Bianchi

Tiefgang wird vor dem Abschleppen noch weiter verringert

Um den Abwrackauftrag hatten sich Unternehmen aus Europa, aber auch aus der Türkei und sogar China beworben. Die gesamten Bergungskosten dürften sich nach Einschätzung des Eigentümers, der Reederei Costa Crociere (einer Tochterfirma der britisch-amerikanischen Carnival Corporation & plc) rund auf das Dreifache der seinerzeitigen Baukosten summieren. Bis zu 80 Prozent der Materialien sollen nach Angaben der Verantwortlichen recycelt werden.

Wellengang als kritischer Faktor

Auf jeden Fall muss, sobald sich die „Costa Concordia“ im offenen Meer befindet, das Wetter absolut mitspielen. Laut Costa Crociere hält das Wrack keinen Wellen stand, die höher als 2,6 Meter sind. Die 280 Kilometer lange Strecke in den Hafen von Genua soll mit einer Geschwindigkeit von zwei Knoten in 72 bis 96 Stunden zurückgelegt werden, berichtete zuletzt die italienische Tageszeitung „La Stampa“. Ein Knoten entspricht einer Geschwindigkeit von einer Seemeile (1,852 Kilometer) pro Stunde.

Costa Concordia nach der Aufrichtung

AP/Andrew Medichini

Im September 2013 wurde die „Costa Concordia“ aufgerichtet

Niemand darf sich Konvoi nähern

Den Transport begleiten laut Mitteilung von letzter Woche insgesamt zehn Schiffe: Zwei Schlepper ziehen das Wrack, zwei weitere stehen für etwaige Notfälle zur Verfügung. Die anderen halten sich zum Einsatz bereit, sollte es etwa zu umweltgefährdenden Zwischenfällen kommen. Der Transport wird auch von Meeresbiologen begleitet, die dafür sorgen sollen, dass sich Delfine dem Konvoi nicht zu sehr nähern. Die „Costa Concordia“ wird bei der Überstellung ein als „Heiligtum der Wale“ genanntes multinationales Meeresschutzgebiet zwischen Sardinien und den Küsten der italienischen Regionen Ligurien und Toskana durchqueren.

Costa Concordia vor der Aufrichtung

Reuters/Alessandro Bianchi

Die „Costa Concordia“ lief knapp vor Giglio auf einen Felsen auf. Die linke Seite des Schiffs wurde über 70 Meter aufgerissen.

Schiffe der Küstenwache und der Polizei werden zudem dafür sorgen, dass sich auch kein Mensch in einem Umkreis von drei Seemeilen unerlaubt dem Konvoi nähert. Der Luftraum über dem Gebiet, das vom havarierten Luxusliner befahren wird, wird ebenfalls geschlossen. Presseteams, die über die spektakuläre Operation berichten wollen, werden sich mit den offiziellen Bulletins, Fotos und Videoaufnahmen begnügen müssen, die der Zivilschutz liefern wird. Der Cheflotse in Genua, Giovanni Lettich, wird den Einzug des Schiffes in den Hafen koordinieren. Er war auch bei Einweihung des Schiffs 2006 an Bord des Kreuzers.

Unglück forderte 32 Menschenleben

Die „Costa Concordia“ hatte am Abend des 13. Jänner 2012 bei einem riskanten Manöver einen Felsen gerammt und war mit 4.229 Menschen an Bord nur wenige Meter vor der toskanischen Insel Giglio in Schieflage geraten. Bei dem Unglück starben 32 Menschen, eine Leiche wurde bis heute nicht gefunden. Der Kapitän Francesco Schettino verließ das riesige Kreuzfahrtschiff per Rettungsboot und kehrte trotz mehrfacher Aufforderung der Hafenbehörde nicht an Bord zurück, obwohl die meisten Passagiere noch dort festsaßen. Schettino muss sich vor Gericht verantworten, weitere Mitglieder der Crew wurden zu Haftstrafen verurteilt.

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