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Firmenpatriarchen mit Eigensinn

Maximale Profite und solide Bilanzen - das sind die Grundlagen, auf denen im Normalfall wirtschaftliche Entscheidungen getroffen werden. Anders sieht die Sache allerdings aus, wenn das Ego von Firmenchefs dem einen Strich durch die Rechnung macht. Vor allem Familienkonzerne neigen offenbar zu ausgefallenen Deals, wie ein aktueller Blick nach Deutschland zeigt

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Der Konzern Wild Flavors ist nicht unbedingt ein Unternehmen, das jeder kennt - anders als sein bekanntestes Produkt. Das orangensafthaltige Erfrischungsgetränk Capri-Sonne gilt seit 1969 als Renner bei Kindern, sieben Milliarden Beutel werden derzeit jährlich verkauft. Wild Flavors produziert aber vor allem eine Vielzahl von Düften, Aromen, Fruchtauszügen und Lebensmittelfarben, die bei der Herstellung von Getränken und Nahrungsmitteln verwendet werden.

Lebenswerk verkauft - mit einer Ausnahme

Firmenpatriarch Hans-Peter Wild verkaufte das von seinem Vater 1931 als Zick-Zack-Werke Rudolf Wild in Heidelberg gegründete Unternehmen nun für 2,3 Milliarden Euro an den US-Agrarkonzern Archer Daniels Midland (ADM). Der 73-Jährige trennte sich damit endgültig von seinem Lebenswerk, nachdem er in der Familie keinen Nachfolger für das Unternehmen gefunden hatte. Nur von Capri-Sonne trennte sich Wild nicht, obwohl er schon im Vorjahr gemeint hatte: „Ich bin eine One-Man-Show.“ Doch was mit dem Getränk, für das einst Muhammad Ali Werbung machte, längerfristig passieren soll, ist noch völlig unklar.

Unorthodoxe Entscheidungen

„Irgendetwas muss ich ja machen, ich lebe nicht ewig“, sagte er am Dienstag. In der Zukunft sei ein Verkauf nicht auszuschließen, er stehe derzeit aber nicht zur Debatte. Denkbar sei auch ein Börsengang. Interessenten für einen Kauf meldeten sich jede Woche. „Wir reden nicht mal mit denen.“

Dass Wild zu unorthodoxen Entscheidungen neigt, zeigte vor etlichen Jahren ein Streit in seiner Heimatstadt Heidelberg. Wild selbst residierte zwar schon der Steuer wegen in der Schweiz, wollte aber ein weiteres Werk bauen. Die Stadt verweigerte die Zustimmung und wollte das Grundstück wenig später an den SAP-Mitgründer Dietmar Hopp für den Bau eines neuen Stadions für TSG Hoffenheim geben. Wild entzog seinem Golfpartner Hopp die Freundschaft und rüstete sein Unternehmen von SAP auf die Konkurrenzsoftware Oracle um.

Tausche Jagdrevier gegen Cityimmobilie

Noch bizarrer sind die Geschäfte von Harro Uwe von Cloppenburg. Er ist einer der Chefs der Modekette Peek & Cloppenburg West. Er gilt als öffentlichkeitsscheu, die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) veröffentlichte unlängst aber ein überraschendes Angebot, das er dem Ort Kesseling in Rheinland-Pfalz machte. Er wollte 300 Hektar Wald als Jagdrevier und bot im Gegenzug eine Immobilie in der City von Bonn an, die auch eine Filiale seiner Modekette beherbergt.

Finanziell wäre das ein gutes Geschäft für Kesseling: Der Wald ist 3,75 Millionen Euro Wert und bringt jährlich 40.000 Euro an Holz und Jagdpachterlösen. Das Haus in Bonn wird auf 4,6 Millionen geschätzt, die jährlichen Mieteinnahmen betragen rund 225.000 Euro. Über die Motive schweigt Cloppenburg, und das macht auch den Ort stutzig, eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Das ganze hätte sich übrigens leicht auch in Österreich abspielen können: Der Ministerrat verlieh Cloppenburg 2005 die österreichische Staatsbürgerschaft, das sei „im Interesse der Republik Österreich“, hieß es damals.

Chaos bei Media-Saturn

Bereits monatelang für Schlagzeilen sorgt der Machtkampf bei Europas größtem Elektrogerätehändler Media-Saturn. Erich Kellerhals hatte Media Markt gegründet, 1990 beteiligte sich Kaufhof und brachte die Tochter Saturn in die Elektroehe mit. Kaufhof wiederum verschmolz Mitte der 90er Jahre mit Metro - und nun hängt schon seit einigen Jahren der Haussegen schief. Denn Kellerhals hält zwar nur 22 Prozent des Konzerns, hat aber bei allen wichtigen Entscheidungen Vetorechte - und die nutzt er.

Zuletzt ging es um die Nachfolge des zurückgetretenen Firmenchefs Horst Norberg. Mit dem kommissarischen Chef Pieter Haas ist Kellerhals nicht einverstanden, mit einer einstweiligen Verfügung will er dessen Tätigkeit untersagen lassen. Zuletzt schaltete er sogar eine Stellenanzeige für den Job, zog sie aber später zurück.

Streit auf Kosten des Unternehmens

Inhaltlich geht es um die Neuausrichtung der Kette. Kellerhals sieht zudem einen Interessenkonflikt, denn Metro sei über die Elektrosparten der Töchter Kaufhof und Real ein Konkurrent von Media-Saturn. Beobachter sehen aber seit langem einen Konflikt, bei dem es nur bedingt um rationale Argumente geht. Die Parteien seien einander spinnefeind, träfen sich vor allem vor Gericht, und teilweise gehe es nur noch darum, einander zu schaden. Darunter leidet freilich der Konzern, der mit zunehmender Konkurrenz aus dem Onlinehandel ohnehin schwächelt.

Karstadt am Ende?

Noch schlimmer steht es um die deutsche Traditionskaufhauskette Karstadt. Die ehemalige Ikea-Managerin Eva-Lotta Sjöstedt warf fünf Monate nach dem Amtsantritt überraschend den Posten als Karstadt-Chefin hin. Angetreten war sie als Hoffnungsträgerin, die den 17.000 Karstadt-Beschäftigten eine Zukunftsperspektive verschaffen sollte.

Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen hatte ihr „die volle Unterstützung“ für ihre Strategie und ihre Investitionspläne für die 83 Warenhäuser zugesagt, hieß es zu Beginn. Nun schrieb sie, „dass die Voraussetzungen für den von mir angestrebten Weg nicht mehr gegeben sind“.

Investor Berggruen hatte die insolvente Kette 2010 um einen Euro übernommen, von den hochtrabenden Plänen hat er aber bisher kaum etwas verwirklicht - im Gegenteil: Er habe nichts investiert und ein paar „Filetstücke verhökert“, meinen Kritiker. Mittlerweile wird für das Traditionshaus die Zeit knapp.

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