Cartoonist setzt sich durch
Zum 38. Mal fanden in Klagenfurt die Tage der deutschsprachigen Literatur statt. Das Wettlesen um den Ingeborg-Bachmann-Preis konnte in diesem Jahr der Cartoonist und Schriftsteller Tex Rubinowitz für sich entscheiden. Der Autor wurde am Sonntag in Klagenfurt für den Text „Wir waren niemals hier“ ausgezeichnet.
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In dem Text erinnert sich der Ich-Erzähler an eine lang vergangene erste Liebe zu einem Mädchen aus Litauen, das Probleme mit Sex hat, Koreanisch lernt und an Batterien lutscht. Die Erzählung könnte, so kündigte Rubinowitz an, Teil eines Romans werden.
Der 1961 in Hannover geborene und seit 1984 in Wien lebende Zeichner veröffentlicht seine charakteristischen, minimalistischen und meist humorvollen Figuren regelmäßig im „Falter“, in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, im „Standard“, in „Titanic“, „Kurier“ und „Spiegel“ (Onlineausgabe). Zudem ist er Mitautor der ORF-Satiresendung „Willkommen Österreich“. Zuletzt trat Rubinowitz mit seinem Reisebuch „Rumgurken“ und seinen Listen „Die sieben Plurale von Rhabarber“ in Erscheinung.

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Die Preisträger Michael Fehr, Gertraud Klemm, Tex Rubinowitz, Senthuran Varatharajah und Katharina Gericke
Im Vorfeld des Wettbewerbs erklärte Rubinowitz seine Teilnahme mit dem Vorteil des Alters, sich „nichts mehr zu scheißen“. „Man muss eine gewisse Naivität haben, um sich das zu trauen,“ so Rubinowitz. „Aber was soll mir schon groß passieren? Es ist wunderbar, dass ich dort sein kann. Und wenn sie mich zerrupfen - mein Gott.“
Publikumspreis an Gertraud Klemm
Insgesamt fünf Preise wurden bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur vergeben. Der in Bern lebende Michael Fehr erhielt den Kelag-Preis in Höhe von 10.000 Euro für „Simeliberg“. Der in Sri Lanka geborene und in Berlin lebende Senthuran Varatharajah wurde für seinen ersten literarischen Versuch „Vor der Zunahme der Zeichen“ - er hat noch keinen Text veröffentlicht - mit dem 3sat-Preis ausgezeichnet (7.500 Euro).

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Publikumspreisträgerin Gertraud Klemm
Zum Träger des Publikumspreises über 7.000 Euro kürten die Zuschauer in Niederösterreich lebende Wienerin Gertraud Klemm für „Ujjayi“, einen Text über ein Schreibaby. Den Ernst-Willner-Preis in Höhe von 5.000 Euro bekam die in Berlin lebende Autorin Katharina Gericke für „Down, down, down“. Sie war auf Einladung von dem Juryvorsitzenden Burkhard Spinnen nach Klagenfurt gekommen. Spinnen, der seit 2008 den Juryvorsitz innegehabt hatte, gab nach der Preisverleihung seinen Rückzug aus der Jury bekannt. „Er wird uns fehlen“, war der einhellige Tenor im Publikum.
Sendungshinweis
Tex Rubinowitz ist am 7. Juli im Rahmen des „kultur.montags“ Studiogast bei „les.art“.
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Brutaler Wettbewerb
Der Bachmann-Preis ist seit jeher eine Gratwanderung. Feingliedrige Texte, manchmal auch absichtsvoll hingeklotzte Texte - und dazu junge oder nicht mehr ganz so junge Literaten, die der kommerziellen Bestsellerproduktion so fern sind wie Arthouse-Filmer dem Reality-TV im Nachmittagsfernsehen - und sich trotzdem einem brutalen Wettbewerb aussetzen. Einem Wettbewerb, der schon kollektive, öffentliche Auspeitschungen und Erniedrigungen rhetorischer Natur geboten hatte, noch bevor es die Suche nach den Supermodels, den Supertalenten und den großen Chancen gab. Allein der Begriff „Wettlesen“ ist eine Provokation für jeden literaturaffinen Menschen.

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Die Jurorenrunde beim 38. Bachmann-Preis
Und dennoch: Nirgendwo sonst wird so öffentlichkeitswirksam und trotz allen Humors so ernsthaft über Literatur diskutiert wie bei den Klagenfurter Tagen der Literatur. Die Auszeichnung hat bereits vielen Autoren zu Karriereschüben verholfen, im Vorjahr etwa Katja Petrowskaja, deren autobiografischer Geschichtenband „Vielleicht Esther“ nach ihrem Bachmann-Erfolg im Vorjahr für Furore sorgte. Zu prominenten Preisträgern der Vergangenheit zählen auch Gert Jonke (1977 - erste Ausgabe), Ulrich Plenzdorf (1978), Franzobel (1995), Sibylle Lewitscharoff (1998), Terezia Mora (1999), Uwe Tellkamp (2004), Lutz Seiler (2007) und Maja Haderlap (2011).
Bachmann-Preis „langfristig abgesichert“
„Kärnten sucht den Superautor“ (auch: „Bachmann-Preis“) steht jedenfalls noch viele Staffeln bevor. Nachdem es im vergangenen Jahr heftige Diskussionen über ein Aus für das Wettlesen gab, steht das offenbar derzeit nicht mehr zur Debatte. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz betont im Vorwort der Broschüre zum Wettbewerb, es sei gelungen, die Finanzierung mit Hilfe der Kooperationspartner „auf eine solide neue Basis zu stellen und damit auch langfristig abzusichern“.
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