„Logischer“ Schritt
Bolivien denkt über eine symbolträchtige Regelung nach: Künftig sollen die Uhren gegen den Uhrzeigersinn laufen. Die linke Regierung will sich so symbolisch von den letzten Spuren der Kolonialherren befreien.
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Am Kongressgebäude läuft die Uhr bereits jetzt gegen den Uhrzeigersinn. Die Regierung stellte die Zahlen auf dem Ziffernblatt um und ließ die Zeiger vom Zwölfer weg nicht nach rechts, sondern nach links kreisen. „Ganz logisch“ sei der Schritt, meinte Außenminister David Choquehuanca. Eine Uhr auf der südlichen Erdhalbkugel drehe sich eben genau andersherum als eine Uhr auf der nördlichen Halbkugel.
„Entkolonialisierung“
Auch Kongresspräsident Marcelo Elio stieß in dasselbe Horn. Er nannte die Reform „eine klare Aussage der Entkolionalisierung des Volks“ unter Präsident Evo Morales. Laut Vizepräsident Alvaro Garcia denkt die Regierung darüber nach, alle Uhren an öffentlichen Einrichtungen derart zu modifizieren.

Reuters/David Mercado
Wer genau schaut, kann unter den neuen arabischen Zahlen noch die lateinischen - im Uhrzeigersinn laufenden - Ziffern erkennen.
Garcia schilderte, wie während eines Kabinettstreffens im Freien Außenminister Choquehuanca einen Stock in die Erde gesteckt und auf den Lauf des Schattens gegen den Uhrzeigersinn hingewiesen habe. „Erhellend“ sei das gewesen, so Garcia.
Opposition empört
Bei der Opposition treffen die Pläne der Regierung auf wenig Gegenliebe. Die Abgeordnete Norma Pierola warf der Regierung vor, „die allgemeinen Gesetze der Zeit“ zu verändern. „Die Dinge entwickeln sich rückwärts in Bolivien“, höhnte Samuel Doria Medina, Zement- und Fast-Food-Magnat und wahrscheinlicher Gegner von Morales bei der Präsidentenwahl im Oktober.
Auch der frühere Vizepräsident des Landes, Victor Hugo Cardenas, äußerte sich kritisch. Er gehört wie auch Morales den Ayamara an und erklärte, es stimme, dass sich sein Stamm zur Begrüßung in einem Kreis aufstelle und sich gegen den Uhrzeigersinn grüße. Allerdings ziehe die Uhrreform diesen Gedanken ins Lächerliche, um politisch bei bestimmten Gruppen zu punkten.
Polarisierender Präsident
Morales regiert Bolivien seit 2006 und ist das erste indigene Staatsoberhaupt des Landes. Für ihn stimmten vor allem die verarmten Ureinwohner, zu denen mehr als jeder zweite Bolivianer gehört. Bereits in der Vergangenheit versuchte Morales das Erbe des Kolonialismus zurückzudrängen und machte sich damit nicht nur Freunde.
Vor einem Jahr musste die Präsidentenmaschine Morales’ wegen drohenden Treibstoffmangels in Wien landen. Frankreich, Italien, Spanien und Portugal hatten der aus Moskau kommenden Maschine zuvor den Überflug verweigert. Morales wurde vorgeworfen, den NSA-Aufdecker Edward Snowden heimlich aus Rudssland auszufliegen.
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