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Vom ersten Rad zum Retro-Bike

Mit dem Namen Puch verbindet man vor allem das Adjektiv legendär: die Waffenräder, das „Pucherl“ Puch 500, den Haflinger, das Puch Maxi. Der Vater des Erfolgs war Firmengründer Johann Puch - er konstruierte die ersten Modelle und startete mit modernem Marketing den Siegeszug seiner Firma. Er starb am 19. Juli vor 100 Jahren.

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Puch, 1862 in der damaligen Untersteiermark, dem heutigen Slowenien, unter dem Namen Janez Puh geboren, machte eine Karriere, wie man sie sonst nur aus Filmen kennt. Von Haus aus völlig mittellos, musste der Sohn eines Kleinbauern bereits im Alter von acht Jahren bei einem Müller als „Handlanger“ arbeiten. An Technik hochinteressiert, begann er mit zwölf eine Schlosserlehre, die er nach der üblichen Lehrzeit von drei Jahren abschloss.

Plakatausschnitt um 1900 mit Puch-Fahrrad

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Eine Fahrt ins Grüne um die Jahrhundertwende - natürlich auf Puch-Fahrrädern

Danach reiste er herum, wie es für junge Männer seiner Zeit üblich war, leistete den dreijährigen Militärdienst ab und begann sich schon bald auf die Reparatur von Fahrrädern zu spezialisieren. Puch war auch selbst beim Grazer Fahrradclub als Sportler aktiv. Mit seinem Interesse und Talent zog er das große Los: Der Fahrradmarkt boomte. Zuerst übernahm er den Vertrieb für zwei britische Fahrradmarken und mit 27 konnte er schließlich in der Grazer Strauchergasse eine eigene Werkstatt eröffnen, auf dem Gelände der Gärtnerei seiner Schwiegereltern. Von seinen von ihm begeisterten Kunden ermutigt, begann er nur ein Jahr später mit der Produktion der „Styria-Fahrräder“ - die erste Puch-Firma war geboren.

Pionier des Automobils

Diese blieb jedoch nur wenige Jahre in seinem Besitz, 1897 schied Puch aus dem gutgehenden Unternehmen aus. Warum, ist nicht genau geklärt; nach Ansicht von Friedrich F. Ehn, dem Chronisten der Puch-Werke („Puch-Automobile 1900-1990“) dürfte jedoch die „übermächtige Kapitalbeteiligung“ der Bielefelder Maschinenfabrik der Grund für den Ausstieg des Firmengründers gewesen sein. Möglich ist auch, dass Puch nach einer Herzattacke leisertreten musste und deshalb die Firma übergab.

Nach rund zwei Jahren war Puch aber wieder im Geschäft: Am 28. September 1899 wurde die „Johann Puch - Erste steiermärkische Fahrrad-Fabriks-Actien-Gesellschaft in Graz“ ins Handelsregister eingetragen. Die Fahrradproduktion war schon bald nur noch eines von mehreren Standbeinen des Unternehmens. Aufgrund des allgemeinen Trends zur Motorisierung begann Puch 1903 mit der Motorradherstellung, 1906 stieg er - revolutionär früh - in die serielle Autoproduktion ein.

Die Voiturette und das „Pucherl“

Puchs Schaffenskraft zeigte sich allerdings nicht nur in Form von Firmengründungen. Auf technischer Ebene entwickelte er beispielsweise eine neue Produktionsmethode für Kolbenringe. Dadurch wurden diese so qualitätvoll, dass auf ein Einschleifen der Ringe verzichtet werden konnte. Das wiederum schonte den Zylinder, der beim Einschleifen üblicherweise beschädigt wurde.

Puch Voiturette

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Das erste Modell der Puch Voiturette aus dem Jahr 1900

Puch entwickelte außerdem bereits vor der Jahrhundertwende einen Zweizylinderboxermotor, der in einer luftgekühlten Variante später das „Pucherl“, den legendären Puch 500, motorisierte. Zunächst jedoch war die Puch Voiturette - der erste Prototyp wurde 1900 gebaut - eine kleine Sensation. Puch begnügte sich nicht damit, eine Kutsche zu motorisieren, sondern entwarf ein komplett eigenständiges Fahrzeug.

Unverwüstlich und stabil

Noch zu seinen Lebzeiten setzte sich Puch mit vielen Fahrzeugen durch, über die damals weit gesteckten Grenzen Österreichs hinaus. Seine Lastwagen etwa kamen im Transportwesen zum Einsatz. Und den Ruf der Unverwüstlichkeit und Stabilität hatten die Fahrräder aus der Schmiede Puchs schon damals. Fahrzeuge von Puch kamen in allen möglichen Disziplinen bei Rennen zum Einsatz - durchwegs erfolgreich. Heute kann man sich viele von ihnen im Puch Museum anschauen, das auch online zum Schwelgen einlädt.

Fahrer auf einem Puch-MS50-Moped

APA/MSV Schwarze Sau/Oliver Wolf

Das Puch MS50 („schwarze Sau“ bzw. „Maurer-Horex“) wurde ab 1954 produziert und basierte 40 Jahre nach Puchs Tod noch immer auf seiner Vorarbeit

Der Siegeszug des Fahrrads

Puch war nicht nur Konstrukteur und Unternehmer - er erfand sogar eine neue Form von Marketing: Im Fahrradbereich setzte er von Anfang an auf Sportwerbung. Wie heute längst üblich, ließ er Sportler für sein Produkt werben und sponserte sie im Gegenzug. Sein Aufstieg war Puch vor allem gelungen, weil er 1893 beim legendären ersten Distanzrennen Wien - Berlin den drittplatzierten Franz Gerger mit einem Styria-Rad ausgestattet hatte.

Das Rennen wurde international mit allergrößtem Interesse verfolgt. Radfahren galt damals als Hobby für Schnösel. Militärbedienstete durften nicht einmal fahren. Mit dem Rennen bewiesen die Fahrer, dass sie den Streckenrekord Wien - Berlin von reitenden Militärs - 72 Stunden - um die Hälfte unterbieten konnten. Der Sieger kam nach 31 Stunden ins Ziel. Der Legitimation des Fahrrads war Genüge getan.

Puchs Vermächtnis

So viel Kreativität, unternehmerischer Geist und letztlich Stress hatten allerdings für Puch ihren Preis: Im Laufe seines Lebens erlitt er nach seiner ersten noch mehrere weitere Herzattacken, seine letzte am 19. Juli 1914. Er starb während eines Gesprächs mit Geschäftsfreunden in Zagreb.

Die Nachfolgefirma von Puchs Unternehmen, die Austro-Daimler-Puchwerke A.G., fusionierte 1934 mit der Steyr-Werke AG zur Steyr-Daimler-Puch AG. Nach dem Zweiten Welktrieg dominierte diese Firma vor allem den Militär- und Nutzfahrzeugmarkt (etwa mit dem Haflinger), unvergessen sind aber neben dem Waffenrad, das bis in die 80er Jahre hinein (zuletzt von Bianchi in Italien) produziert wurde, die Mopeds, das MS50, das DS50 und das Puch Maxi. Später wurde das Unternehmen filetiert und ein Kern in die neu gegründete Magna Steyr übernommen. Schließlich ging Steyr Motors über Umwege 2012 an die chinesische Investorengruppe Phoenix Tree HSC Investment.

Nachhaltig und schwerelos

Heute wird mit dem Namen Puch noch immer ein hoher Qualitätsstandard verbunden. Auf Secondhand-Plattformen werden etwa die „Volksmopeds“ von früher in restaurierter Form zu weit höheren Preisen als damals verkauft. Und das Wiener Unternehmen Faber produziert unter der Marke Puch neben neuen Modellen auch Rennräder und Waffenräder nach historischem Vorbild. Wer wissen will, was Nachhaltigkeit bedeutet, soll auf ein restauriertes, 70, 80 Jahre altes Waffenrad steigen. Die Gefährte sind schwer - und gleiten dennoch scheinbar schwerelos über den Asphalt.

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