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Spielend gegen den Feind

2005 hat die CIA an einer Waffe der besonderen Art gearbeitet: an einer Actionfigur, die dem Al-Kaida-Führer Osama bin Laden wie aus dem Gesicht geschnitten war. Als Propagandamaßnahme wollte der Geheimdienst die Puppen an afghanische Kinder verteilen.

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„Devil Eyes“ lautete der Codename des von der CIA im Geheimen entwickelten Projekts, und der Name war tatsächlich Programm. Denn das besondere an der 30 Zentimeter großen Puppe: Sie sah - ausgestattet mit Bart, Kaftan und Turban - Bin Laden nur anfangs zum Verwechseln ähnlich.

Das Gesicht der Figur sollte mit einer hitzeempfindlichen Farbe bemalt werden. Mit der Zeit hätte sich diese ablösen und hinter Bin Ladens eigentlichen Gesichtszügen eine teuflische Fratze zum Vorschein kommen lassen sollen. Bin Laden verwandelt sich in einen Dämon mit stechend grünen Augen in einem rot-schwarzen Gesicht. Nach den Plänen der CIA hätten sich afghanische Kinder und Eltern über die teuflische Verwandlung nicht nur erschrecken, sondern sich in der Folge auch vom Al-Kaida-Führer abwenden sollen.

Veteran der Spielzeugindustrie

Für die Umsetzung des Projekts wandte sich der Geheimdienst 2005 an einen der Großen der Spielzeugindustrie. Donald Levine war über viele Jahre Vorstand der Spielzeugfirma Hasbro und hatte laut „Washington Post“ ausgezeichnete Kontakte zu chinesischen Herstellern. Diese sollten die Puppen für die CIA produzieren. Außerdem arbeitet Levine zu dieser Zeit bereits mit dem US-Auslandsgeheimdienst zusammen. Levine war Teil einer Gruppe, die für die CIA Spielzeug für kleine Geschenkrucksäcke entwickelte. Die Verbündeten der USA in Afghanistan sollten die Pakete an afghanische Kinder verteilen.

Verkäufer mit Osama bin Laden Puppe

Reuters/Edgar Su

Andere Hersteller produzierten ebenfalls Actionfiguren von Bin Laden - durchaus auch als antiamerikanische Propaganda

Die Wahl des amerikanischen Auslandsgeheimdiensts dürfte aber wohl noch aus einem anderen Grund auf Levine gefallen sein. Galt der im Mai dieses Jahres Verstorbene doch als Vater einer der bekanntesten Actionfiguren der USA: G.I. Joe. Bereits der millionenfach verkaufte Spielzeugsoldat ließ ein gehöriges propagandistisches Potential erkennen, befanden sich die USA zur Markteinführung von G.I. Joe 1964 doch kurz vor dem offiziellen Eintritt in den Vietnamkrieg.

„Don Levine war ein überzeugter Patriot und stolzer Veteran des Koreakriegs. Als man sich an ihn wandte, war er geehrt, unserem Land helfen zu können“, zitiert die „Washington Post“ eine Reaktion von Levines Familie auf die jetzt öffentlich gewordene Zusammenarbeit von CIA und dem Spielzeugentwickler.

Projekt fallengelassen

Tatsächlich entwickelte Levine innerhalb kurzer Zeit für die CIA erste Prototypen der Figuren. Drei Stück sollen es laut CIA-Sprecher Ryan Trapani gewesen sein. Beim Geheimdienst scheinen die Entwürfe allerdings ein Umdenken eingeleitet zu haben. „Nach der Präsentation der Beispiele entschied die CIA, diese Idee fallen zu lassen. Es wurden weder weiter Actionfiguren produziert noch verteilt“, so Trapani gegenüber der „Washington Post“.

Darth Maul aus Star Wars

AP/Denis Beaumont

Die dämonische Fratze, die hinter Bin Ladens Gesicht zum Vorschein kommen sollte, erinnert an Star-Wars-Bösewicht Darth Maul. Der Produzent der Darth-Maul-Actionfigur: die Spielzeugfirma Hasbro

Entgegen den Angaben der CIA könnten jedoch weit mehr als drei Prototypen die von Levine beauftragte chinesische Fabrik in Dongguan verlassen haben. Laut einer damals mit der Produktion betrauten Person seien vor der Einstellung des Projekts bereits Hunderte Figuren hergestellt und bereits 2006 nach Pakistan verschickt worden. Eine davon bekam die „Washington Post“ auch tatsächlich zu Gesicht.

Spielzeug als Propaganda

Warum sich die CIA letztendlich gegen das Projekt entschied, ließ Trapani offen. An sich ist der Einsatz von Spielzeug als Propagandawaffe für den US-Geheimdienst nicht neu. Bereits in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelte die CIA den Plan, per Ballon Spielsachen über Kuba abzuwerfen - als Teil der Invasion der Insel. Und bevor die USA 1994 in Haiti einmarschierten, verteilte der Geheimdienst im großen Stil Fußbälle auf der Insel.

Screenshot washingtonpost.com

www.washingtonpost.com

Die „Washington Post“ konnte Fotos von einem Prototyp der Actionfigur machen

Ob die dämonische Bin-Laden-Puppe den USA und ihren Verbündeten tatsächlich große Sympathiepunkte eingebracht hätte, ist zumindest fraglich. Mag sein, dass das auch der CIA im Lauf des Projekts bewusst wurde. Zumindest ein Exemplar der Puppe bewahrt der Geheimdienst laut „Washington Post“ aber nach wie vor in seinem Hauptquartier auf - vielleicht als Erinnerungsstück an die skurrileren Seiten des Kampfs gegen den Terror.

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