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Regierungstruppen zurückgezogen

Im Westen des Irak festigt die islamistische ISIS-Miliz ihre Machtposition. Kämpfer der Organisation Islamischer Staat im Irak und Syrien (ISIS) rückten immer näher an einen weiteren syrisch-irakischen Grenzposten heran, meldete das Nachrichtenportal Sumaria News am Sonntag unter Berufung auf Sicherheitskreise.

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Ein Großteil der irakischen Regierungstruppen habe sich aus dem Grenzort al-Walid in der Provinz al-Anbar zurückgezogen, meldete Sumaria News. Erst am Samstag hatten Milizen, die mit ISIS kooperieren, weiter nördlich in der Ortschaft al-Kaim einen Grenzposten übernommen. Von offizieller oder unabhängiger Seite konnten die Meldungen zunächst nicht bestätigt werden.

ISIS-Kämpfer

AP

ISIS-Milizionäre zeigen ihre Waffen

21 Menschen exekutiert

Wie der US-Nachrichtensender CNN unter Berufung auf einen hochrangigen Vertreter des irakischen Sicherheitsapparates berichtete, nahmen ISIS-Kämpfer neben ihrer Offensive im Norden auch die westirakischen Städte Raua, Ana, al-Kaim und Husseiba ein. Die islamistischen Aufständischen richteten in in Rauna und Ana 21 Menschen hin. Das wurde am Sonntag von Offizieren und Ärzten mitgeteilt. Die Exekutionen erfolgten demnach am Samstag und Sonntag. Bei den Getöteten handelte es sich den Angaben zufolge um Repräsentanten der bisherigen Autoritäten, darunter etwa auch Stammesführer.

Spezialeinheit der Regierungstruppen

Reuters

Soldaten der regulären irakischen Armee bei einem Einsatz

Augenzeugen berichteten am Sonntag, dass ISIS einen Großteil der Ortschaft Haditha - 260 Kilometer westlich von Bagdad - unter ihre Kontrolle gebracht hätten. In der Region steht ein Euphrat-Staudamm mit einem strategisch wichtigen Wasserkraftwerk.

Jordanien mobilisiert Streitkräfte

Nach dem Vorrücken der ISIS in der irakischen Westprovinz Anbar hat Jordanien seine Streitkräfte an der Grenze zum Nachbarland mobilisiert. Das Königreich habe „Dutzende“ Verbände entlang der Grenze aufgeboten, verlautete am Sonntagabend aus Militärkreisen in Amman. Berichten zufolge sollen Kämpfer der ISIS-Milizen die Stadt Rutba auf der Straße von Bagdad nach Amman und einen strategisch wichtigen Grenzübergang nach Jordanien eingenommen haben.

Hunderttausende auf der Flucht

Von der syrischen Provinz Rakka aus waren die ISIS-Kämpfer vor einigen Monaten ins westirakische Anbar gekommen. In der Stadt Falludscha setzten sie sich im Jänner fest, eroberten Waffendepots der irakischen Armee und hielten Angriffen der Regierungstruppen stand. Sunnitische Terrorgruppen wie ISIS kämpfen gegen Schiiten, die sie als „Abweichler“ von der wahren Lehre des Islams ansehen. Die ISIS-Kämpfer verbreiten derzeit Angst und Schrecken in der Region. Hunderttausende sind auf der Flucht. Im benachbarten Syrien sieht die Lage wegen des dort tobenden Bürgerkrieges ähnlich aus.

Syrische Luftwaffe bombardiert ISIS-Stellungen

In dem Konflikte stehen die schiitisch dominierte irakische Regierung, der Iran, die USA und das umstrittene Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad auf einer Seite. Kampfflugzeuge der syrischen Luftwaffe bombardierten am Samstag ISIS-Stellungen an der Grenze. Im Ort Muhassan kamen bei einem Angriff 16 Menschen ums Leben.

Freiwillige verstärken Regierungstruppen

Reuters/Ahmed Saad

Iraker in einem Camp von Freiwilligen

Chamenei gegen US-Intervention

Das geistliche Oberhaupt im schiitischen Iran, Ajatollah Ali Chamenei, sprach sich unterdessen nachdrücklich gegen eine US-Intervention im Nachbarland aus. Die Iraker seien selbst in der Lage, die Gewalt zu stoppen, sagte er am Sonntag der Nachrichtenagentur IRNA zufolge. Es handle sich in dem Nachbarland nicht um einen Krieg zwischen Schiiten und Sunniten. Vielmehr nutzten die USA die Differenzen unter den Religionsgruppen, um die Kontrolle über das einstmals von ihnen besetzte ölreiche Land wiederzuerlangen. „Die USA wollen einen Irak unter ihrer Vorherrschaft, regiert von ihren Strohmännern“, sagte Chamenei.

Rouhani kritisiert „Terrorunterstützer“

Chamenei wendet sich damit auch gegen einen Vorstoß des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani. Dieser hatte zuvor eine mögliche Zusammenarbeit mit den USA gegen Extremistengruppen im Irak ins Spiel gebracht. Rouhani hatte zudem erklärt, seine Landsleute würden nicht zögern, notfalls die heiligen Stätten der Schiiten im Irak zu schützen.

Wie Chamenei hatte aber auch er die Erwartung geäußert, dass die Iraker dazu selbst in der Lage sein würden. Rouhani übte unterdessen - in Anspielung auf Saudi-Arabien und Katar - scharfe Kritik an jenen Staaten, „die die Terroristen mit ihren Petrodollars unterstützen“.

Kerry: Kritischer Moment

US-Außenminister John Kerry traf am Sonntag zu politischen Gesprächen in Ägypten ein. In Kairo, wie bei seinen nächsten Reisestationen in Jordanien, Brüssel und Paris geplant, sprach er über Möglichkeiten sprechen, den Vormarsch der islamistischen Milizen im Irak zu stoppen.

Kerry rief am Sonntag in Kairo die irakischen Politiker dazu auf, ihre konfessionelle Spaltung zu überwinden. „Dies ist ein kritischer Moment, in dem wir Iraks Anführer aufrufen, konfessionelle Überlegungen hinter sich zu lassen und mit allen Menschen zu sprechen“, sagte Kerry bei einer Pressekonferenz mit seinem ägyptischen Kollegen Sameh Shukri.

Er wies Vorwürfe zurück, dass die USA, die den irakischen Machthaber Saddam Hussein bei einer militärischen Intervention im Frühjahr 2003 gestürzt hatten, für die aktuelle Krise verantwortlich seien. Zudem versicherte er, die USA würden sich nicht in die Wahl der Führung einmischen.

Washington will 300 Soldaten schicken

Die USA hatten angekündigt, das irakische Militär im Kampf gegen die Terrormiliz zu unterstützen. Washington setzt dabei unter anderem auf einen möglichst kurzen Einsatz der rund 300 Soldaten, die als Militärberater in den Irak geschickt werden sollen. Medienberichten zufolge sollten die ersten Soldaten bereits am Wochenende im Irak eintreffen.

Angesichts der militärischen Erfolge der sunnitischen Aufständischen demonstrierten die Schiiten am Samstag in ihren Hochburgen mit Militärparaden ihre Entschlossenheit im Kampf. Im Bagdader Stadtteil Sadr City paradierten Tausende bewaffnete Kämpfer der Miliz des einflussreichen Schiitenführers Moktada al-Sadr. Ähnliche Paraden fanden in den südlichen Städten Basra, Nadschaf und Kut statt.

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