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Wo die Millionen bunkern

Die wertvollsten Kunstwerke befinden sich oft nicht in Galerien und Museen, sondern in den begehbaren Tresorräumen riesiger Hochsicherheitswarenlager in der Schweiz und in Singapur. Denn Kunst und andere Luxusgüter haben sich in den letzten Jahren zur beliebten Anlageform der Superreichen entwickelt.

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Schließlich garantieren namhafte Werke bzw. seltene Kostbarkeiten nicht nur den Werterhalt, sondern versprechen meist stattliche Renditen. Die zunehmende internationale Kooperation der Banken bei der Jagd nach Steuersündern macht die Sachwerte zusätzlich attraktiv. Dem persönlichen Vergnügen dienen die wertvollen Sammelgüter nur selten. Stattdessen werden die Kunstwerke, Weine, Juwelen und Oldtimer als reine Wertanlage gesehen. In eigens errichteten Hochsicherheitslagern, Freeports (Freilager), werden die Kunstschätze in Milliardenhöhe verwahrt.

1.000 Picassos allein in Genfer Speicher

Allein im Genfer Freeport sollen sich laut einem Bericht des Schweizer Wirtschaftsmagazins „Bilanz“ nebst französischen Impressionisten und amerikanischen Pop-Art-Künstlern, 1.000 Bilder und Zeichnungen von Pablo Picasso befinden. Die spezialisierten Depots bieten alle Vorteile eines Offshore-Finanzzentrums: Sicherheit und Diskretion stehen an erster Stelle, der Inhalt der Lagerräume und der Eigentümer können anonym bleiben, zudem lockt eine ganze Reihe an Steuerzuckerln.

Zoll- und steuerfrei dank Transitstatus

Besonders die Schweiz ist hier Vorreiter. Da die Freilager wie etwa in Genf oder Zürich in der Transitzone eines internationalen Flughafens und somit geografisch exterritorial liegen, können die Oligarchen und Milliardäre direkt mit ihrem Privatjet anreisen und ihre mitgebrachten Luxusgüter unverzollt einlagern, vorführen und handeln. Zölle und Steuern fallen erst an, wenn die Waren tatsächlich in die Zielländer eingeführt werden.

Das passiert jedoch selten. Der Weiterverkauf erfolgt häufig direkt in den Geschäftsräumen der Warenlager. Oftmals wechselt ein Werk einfach nur in ein anderes Abteil, wie der „Economist“ berichtet. Von den steuerfreien Freeports profitiert auch die weltgrößte Kunstmesse. Zur Art Basel fliegen Hunderte Privatjets ein, in den Warenlagern herrscht Hochbetrieb. Es wird besichtigt und gehandelt. Ein Schlüssel zum eigenen Tresorraum gilt inzwischen als Statussymbol.

Hochglanzdepots für 13.000 Euro pro Jahr

Mit bekannten Diskontlagerräumen wie MyPlace haben die Luxusdepots der Schweizer Eurasia Investment Holding freilich nichts gemein. Von außen im unscheinbaren Industrielook mit viel Sichtbeton, lassen nur die hohen Mauern auf einen möglichen wertvollen Inhalt schließen. Ein Video auf der Website gibt einen kleinen Einblick in die Abstellflächen der Superreichen.

Das Innere des Freeports Singapur zeigt sich in modernem Design mit einer riesigen Stahlskulptur und hochglänzendem Klavierlackboden in der Lobby. Durch die Zutrittsschleuse gelangt nur, wer selbst einen Tresorraum gemietet hat. Ein zehn Quadratmeter großer begehbarer persönlicher Tresorraum kostet in Singapur 13.000 Euro pro Jahr, Versicherung nicht inkludiert. Verfügbar sind Räume zwischen zehn und 350 Quadratmetern.

Konstante Temperatur und Luftfeuchtigkeit

Hinter sieben Tonnen schweren Metalltüren befinden sich des Weiteren einzelne Schließfächer für Schmuck und Uhren, flüssige Kostbarkeiten wie Chateau Petrus und Chateau Lafite werden in speziellen Kellergewölben gelagert. Für digitale Werke steht ein eigener Datensicherheitssafe zur Verfügung, betuchte Autosammler können Garagenflächen für ihre Oldtimer und Rennautos mieten.

Statt kalten Garagenfeelings ist der Speicher für die Wertsachen der Superreichen mit allen Annehmlichkeiten ausgestattet. Sämtliche Lagerräume werden laut Website 24 Stunden überwacht und mit modernsten Alarmanlagen sowie einem Klimasystem für eine konstante Temperatur von 20 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 55 Prozent ausgestattet. CO2-Löschanlagen sorgen dafür, dass im Brandfall das Feuer erstickt und kein Kunstwerk nass wird.

Privatgalerie für Besichtigungen

Ein Bereich des Warenspeichers ist als Privatgalerie konzipiert, die von den Kunden für die Besichtigung bzw. Vorführung ihrer Bilder genutzt werden kann. Auch ein voll ausgestattetes Büro, in dem Kunden „diskret und sicher“ ihren Geschäften nachgehen können, und eine große Lounge mit Indoor-Wasserfall, stehen zur Verfügung.

Da Luxusgüter so wenig wie möglich bewegt werden sollten, um den Wert möglichst zu erhalten, können zudem sämtliche Dienstleitungen direkt im Warenlager – ebenfalls steuerfrei - in Anspruch genommen werden. Konservatoren, Autopfleger und Restauratoren stehen ebenso bereit, wie spezialisierte Verpacker und professionelle Fotografen, welche die Besitztümer für den Weiterverkauf optimal in Szene setzen.

Reiche werden immer reicher

Weltweit gab es im Jahr 2012 zwölf Millionen Millionäre, die zusammen über ein Anlagevermögen von insgesamt 46,2 Billionen Dollar, verfügten. Zehn Prozent mehr als im Jahr davor. Das geht aus dem „World Wealth Report 2012“ hervor, dem gemeinsamen Wohlstandsbericht des Beratungsunternehmens Capgemini und der Royal Bank of Canada.

Besonders kräftig legte zudem mit rund elf Prozent das Vermögen der 111.000 Ultrareichen zu. Sie verfügen jeweils über ein anlagefähiges Vermögen von mehr als 30 Millionen US-Dollar. Die meisten Superreichen gibt es demnach weiterhin in Nordamerika, gefolgt von Europa und der rasant wachsenden Asien-Pazifik-Region.

Weitere Luxuslager geplant

Aufgrund der regen Nachfrage – Singapur und Genf sind demnach nahezu ausgebucht – planen die Betreibergesellschaften bereits neue Großprojekte. Mitte 2015 soll ein 21.000 Quadratmeter großes Luxusdepot in bester Lage auf dem Luxemburger Flughafen eröffnen. Noch in diesem Jahr kann die finanzstarke asiatische Klientel ihre Wertsachen auf 83.000 Quadratmetern im steuer- und zollfreien Pekinger Luxuswarenlager lagern.

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