Der Profit des Krieges
Die Eroberung der irakischen Großstadt Mossul hat der Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS) offenbar zu viel Geld verholfen. 1,5 Milliarden Dollar an geraubtem Barvermögen aus Banken und durch das Plündern militärischer Versorgungsgüter soll der dschihadistischen Miliz der Raubzug durch die Stadt gebracht haben. Das zeigen Daten, die nun in Behördenhände gelangt sind.
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Wie der britische „Guardian“ berichtete, ist es den irakischen Streitkräften offenbar gelungen, an 160 USB-Sticks heranzukommen, auf denen brisante Daten zur Struktur der Terrorgruppe gespeichert sind. Dem Bericht zufolge gelangten die Daten in die Hände der Soldaten, nachdem ein Kurier des ISIS-Kommandeurs Abdulrahman al-Bilawi im Verhör den Namen seines Chefs gestanden hatte. Kurz darauf sei Bilawi tot gewesen. In seinem Haus wurden die Datenträger gefunden, die derzeit noch - unter anderem von der CIA - ausgewertet werden.
Der ISIS-Informant hatte den Streitkräften auch prophezeit, dass Mossul in Kürze zur „Hölle“ werden würde. Zwei Tage später fiel die Stadt in die Hände der Terroristen. Was die Behörden auf den Speichersticks fanden, verblüffte sie, wie ein Geheimdienstoffizier gegenüber dem „Guardian“ sagte. „Das meiste davon war uns nicht bekannt.“ Auf den Sticks sind offenbar nicht nur die Namen und Kriegsnamen aller ausländischen ISIS-Kämpfer und von Anführern verzeichnet, sondern auch Codewörter, die Initialen von Informanten in Ministerien und die kompletten Finanzdaten der mittlerweile offenbar milliardenschweren Organisation.
Reichste Terrorgruppe weltweit?
Wie die Behörden anhand der Informationen herausfanden, wuchs das Vermögen der Terrorgruppe von vormals 875 Millionen Dollar an Bargeld nach der Einnahme Mossuls um etwa 1,5 Milliarden Dollar an. Die Terroristen raubten Banken aus und plünderten schweres Kriegsgerät und militärische Versorgungsgüter. Eine stattliche Summe angesichts der Tatsache, dass die radikalislamische Gruppe überhaupt erst seit drei Jahren existiert. Sie dürfte damit die finanzstärkste Terrorgruppe weltweit sein.
ISIS ging aus dem irakischen Widerstand der 2003 gegründeten Gruppe Tawhid und Dschihad hervor, die sich gegen die US-Invasion im Irak wandte. Die Gruppe griff im Irak nicht nur US-Soldaten an, sondern verübte auch Selbstmordanschläge auf Schiiten und Christen im Land. An Macht gewann ISIS, als sie sich im Frühjahr 2013 in den syrischen Bürgerkrieg einmischte. Dort überwarf sie sich jedoch mit der aus syrischen Salafisten bestehenden Al-Nusra-Front, obwohl beide Gruppen damals dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahestanden.
Unklarheit über genaue Mitgliederzahl
Lukrativ war für ISIS offenbar schon der Kampf in Syrien. So wurden laut „Guardian“ allein durch die Übernahme der nördlich der Hauptstadt Damaskus gelegenen Stadt Nabuk im Vorjahr 36 Millionen Dollar erbeutet. Dabei gilt die Zahl der Mitglieder von ISIS nicht einmal als besonders groß. Experten vermuten, ISIS bewegt sich mit rund 10.000 Mann im Irak. Die Organisation selbst spricht von 20.000 bis 30.000 Kämpfern.
Kämpfer aus Europa, Afrika, Golfstaaten
In ihren Reihen kämpfen internationale Brigaden, darunter Muslime aus Nordafrika und den arabischen Golfstaaten sowie Konvertiten aus Europa und Nordamerika. Viele von deren Namen waren den Geheimdiensten bereits bekannt. Ihre Spuren verschwanden jedoch oftmals beim Überschreiten der Grenze zu Syrien und der Verwendung von Kriegsnamen. Durch die neu aufgetauchten Daten werden ihre Spuren wieder deutlicher. Teilweise verfügen die Geheimdienste nun sogar über Telefonnummern und E-Mail-Adressen der Kämpfer oder ihrer Verwandten.
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