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„Weckruf für irakische Regierung“

Angesichts des Vormarschs der Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS) schließen die USA eine militärische Reaktion im Irak nicht aus. Das Land brauche zusätzliche Hilfe der USA, und er schließe bei Überlegungen über eine Reaktion keine Option aus, sagte US-Präsident Barack Obama am Donnerstag im Weißen Haus.

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Er wolle sicherstellen, dass die Extremisten gestoppt werden könnten, sagte der US-Präsident. Obama traf sich auch mit seinen Team für nationale Sicherheit, um über die Situation zu beraten. Das teilte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Caitlin Hayden, mit. Zuvor hatte es geheißen, die USA wollten sich nicht an Luftangriffen gegen die Aufständischen beteiligen. Obama forderte die irakische Führung auf, an einer politischen Lösung zu arbeiten. „Das sollte ein Weckruf für die irakische Regierung sein“, sagte er.

Banges Warten in Bagdad

In Bagdad rechnet die Bevölkerung seit Tagen mit einem Einmarsch der Islamisten. Die Straßen waren am Freitag weitgehend menschenleer. US-Unternehmen brachten vor dem Hintergrund der sich verschlechternden Sicherheitslage US-Mitarbeiter einer irakischen Luftwaffenbasis in Sicherheit, teilte das US-Außenministerium am Donnerstag mit.

Es handelt sich demnach um US-Amerikaner, die für die irakische Regierung im Verteidigungsbereich arbeiten. Konkret soll die Basis Balad nördlich der Hauptstadt Bagdad betroffen sein, wie es aus US-Verteidigungskreisen hieß. Rund hundert US-Amerikaner seien vorübergehend in die irakische Hauptstadt verlegt worden. Sie seien an der geplanten Lieferung von 36 amerikanischen F-16-Kampfjets an die irakische Regierung beteiligt gewesen.

Berichte über Hilferuf Malikis an USA im Mai

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete am Donnerstag unter Berufung auf westliche Regierungsbeamte, dass der Irak um Luftschläge gegen die ISIS-Einheiten gebeten habe. Laut „New York Times“ (Mittwoch-Ausgabe) wollte der umstrittene schiitische Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki schon im Mai US-Luftangriffe auf sunnitische Extremisten.

Bagdad habe damit Sammelpunkte und Übungsgebiete der Rebellen treffen wollen. Außerdem sollte laut dem Bericht der Zustrom von Kämpfern aus Syrien verhindert werden. Dem „Wall Street Journal“ zufolge bot Bagdad dafür quasi freie Hand bei Angriffen auf Al-Kaida-Extremisten.

Fette Beute in Mossul?

Nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen sind mittlerweile rund eine Million Iraker auf der Flucht. Viele versuchten das als stabil geltende kurdische Autonomiegebiet im Nordirak zu erreichen. Allein in Mossul, das die Dschihadisten diese Woche überrannt hatten, waren binnen weniger Stunden 500.000 Menschen vor den Extremisten geflohen.

Laut dpa-Informationen erbeuteten ISIS-Kämpfer in Mossul 500 Milliarden irakische Dinar (318 Mio. Euro) in der Zentralbankzweigstelle. Damit wird ISIS zur reichsten Terrororganisation vor Al-Kaida. Experten schätzen das Vermögen von Al-Kaida auf 50 Millionen bis 280 Millionen Euro. Auch schweres Kriegsgerät soll ISIS erbeutet haben. Im Netz kursierende Videos zeigen irakische Panzer und Helikopter mit der schwarzen ISIS-Flagge bei einer Militärparade in Mossul.

„Fehlen eines moralischen Führers“

Unter dem Druck der ISIS-Kämpfer droht der Irak zu zerbrechen. Die Regierung unter Maliki bekam im Parlament keine Unterstützung für Notstandsmaßnahmen, und im Kurdengebiet übernahmen Kurdenkämpfer regional die Kontrolle. Offiziere machten Maliki sogar für die Schwäche des Widerstands gegen die Extremisten verantwortlich.

Der Armeekommandant der Provinz al-Anbar, die sich seit Mittwoch in der Hand von ISIS befindet, sieht laut dem TV-Sender al-Sumaria News „das Fehlen eines moralischen Führers“ als einen der Gründe, weshalb viele irakische Soldaten vor den ISIS-Kämpfern geflohen sind.

Schwere Vorwürfe von Human Rights Watch

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf ISIS Bombenanschläge in Wohngebieten, Massenexekutionen, Folter, Diskriminierung von Frauen und die Zerstörung kirchlichen Eigentums vor. Einige Taten kämen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleich.

Russland bezeichnete die Offensive von ISIS als „zutiefst beunruhigend“. Es sei „zynisch“, den Terror im Irak als Folge der Syrien-Krise zu bezeichnen, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag in Moskau. Lawrow sieht eine Mitschuld von Washington und London: „Wir können uns nicht darüber freuen, dass das Irak-Abenteuer der Amerikaner und Engländer nicht gut endet.“

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