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Keine Einigung in Sicht

Das Gezerre in der Koalition über den Zeitpunkt einer Steuerreform geht weiter: SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder pochte erneut auf die „rasche Umsetzung“ einer Steuerreform, die auch die Millionärsabgabe beinhaltet. Der Koalitionspartner ÖVP bewegt sich nach Ansicht des früheren Finanzstaatssekretärs aber „zu wenig“. ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka sagte, die ÖVP wolle „dem Druck standhalten“.

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Lopatka betonte, dass sich die Regierungsparteien bei der Einführung einer Steuerreform weitgehend einig seien. Nur beim Zeitpunkt des Inkrafttretens sei man sich nicht einig. Er bekräftigte allerdings, eine Steuerreform „nicht auf Pump“ und nicht durch die Einführung neuer Steuern finanzieren zu wollen.

Lopatka verweist auf Vereinbarung

Die Vorgangsweise sei mit dem Koalitionspartner einvernehmlich festgelegt. Die Steuerreform solle 2014 aufbereitet und 2015 beschlossen werden. Nachgeben bei der Forderung nach Vermögenssteuern will er nicht: „Es ist wichtig, wenn man von einer Sache überzeugt ist, dem Druck standzuhalten“, erst recht, wenn der Druck aus den eigenen Reihen komme, meinte er. „Wir brauchen die massive Unterstützung des Bundeskanzlers, was die Verhandlungen mit den Bundesländern über Strukturreformen betrifft“, so Lopatka.

Zum von Kanzleramtsminister Josef Ostermayer vorgelegten SPÖ-Modell für Vermögenssteuern meinte er, er kenne das Konzept immer noch nicht genau. Was „für uns nie gehen darf“, sei aber die Belastung des Mittelstandes sowie neue Steuern, und dieses Modell ziele „in diese Richtung“. Er betonte aber, dass jeder Vorschlag der SPÖ im Rahmen der Steuerreformkommission ernsthaft diskutiert werde.

Schieder will Strukturreform

Schieder zeigte sich wiederum trotzdem zuversichtlich, dass „unsere Argumente am Schluss noch zu einer Überzeugung führen werden“. Er trete weiter für die Entlastung der Bürger ein, denn der dadurch steigende Konsum wirke wie ein kleines Konjunkturpaket. Dieser Konjunktureffekt komme auch der Wirtschaft zugute. Es brauche aber auch eine Strukturreform des Steuersystems, betonte Schieder. Immerhin versuchten sowohl Schieder als auch Lopatka den Ton einigermaßen sachlich zu halten und nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Weiter Kritik an Spindelegger-Brief

In Anspielung auf den Vorschlag des Vizekanzlers Michael Spindelegger (ÖVP), der Millionären kürzlich riet, für Wissenschaft oder Entwicklungshilfe zu spenden, und gleichzeitig höhere Steuern ablehnte, meinte Schieder: „Ich bin gegen ein Almosensystem, ich bin dagegen, dass Leute spenden sollen. Wenn sie wollen, sollen sie spenden.“ Das ändere aber nichts an dem SPÖ-Vorhaben, die Reichensteuer durchzusetzen.

Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos meldete sich in einer Aussendung zu Spindeleggers „Bettelbrief“ zu Wort. Er sprach von einer „blamablen Aktion“. Es sei „kaum zu glauben, dass der Finanzminister einfach nicht begreifen will, dass eine Millionärsabgabe nicht nur von weiten Teilen der Bevölkerung, sondern auch von Betroffenen befürwortet wird“.

Blümel warnt vor „Neiddebatte“

ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel bekräftigte in einer Aussendung die Ablehnung der ÖVP gegenüber Vermögenssteuern. Die SPÖ verrenne sich in „leistungsfeindlichen Neiddebatten“, so Blümel. „Von uns gibt es eine klare Absage an Pseudomaßnahmen, die wirkungslos und unehrlich sind.“ Es gelte, „durch sorgsames Sparen und sinnvolle Reformen künftige Entlastungen zu verdienen“.

Für Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ist die Millionärssteuer „kein Allheilmittel“. Vor Beginn des EU-Innenministerrats in Luxemburg sagte Mikl-Leitner, sie bezweifle auch den zuletzt von der SPÖ vorgelegten Vorschlag, wonach eine solche Abgabe zwei Milliarden Euro bringen könnte. „Gerade diese Streitereien bringen dem Steuerzahler keinen einzigen Cent mehr.“

Bures rechnet mit 1,5 Milliarden

Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) wiederum sieht die „ÖVP-Front gegen die Millionärsabgabe bröckeln“. Vor Beginn des EU-Verkehrsministerrats in Luxemburg sagte Bures: „Ich bin für die Millionärsabgabe. Es ist wichtig, wenn man die Einkommen entlastet, dass man bei der Gegenfinanzierung sagt, das oberste eine Prozent der Bevölkerung soll einen Beitrag leisten.“

Es handle sich „letztlich um eine Frage der Gerechtigkeit und der gerechten Verteilung“. Bures: „Ich habe schon den Eindruck, dass die Front in der ÖVP da bröckelt.“ Es gebe „einige Stimmen seitens des Koalitionspartners, die sagen, die Millionärsabgabe ist gerecht“. Die Schweiz habe auch eine solche Steuer, und „das ist also nicht etwas, was es nicht gibt. Die Schweiz nimmt 4,5 Milliarden Euro damit ein, wir rechnen mit 1,5 Milliarden.“

Der „Koalitionspartner wird sich dem Argument der gerechten Steuerverteilung auf Dauer nicht verwehren können“. Nach den jüngsten Untersuchungen betrage das Vermögen des obersten Prozents der Bevölkerung 400 Milliarden Euro. „Das sind rund 80.000 Menschen oder 37.000 Haushalte.“ Wie genau die Berechnung erfolge und was einberechnet werde, müsse in den Verhandlungen noch festgelegt werden, so Bures.

ÖVP-„Schnellschätzung“ kommt auf 125 Mio. Euro

Das ÖVP-geführte Finanzministerium hat eigene Berechnungen zur von der SPÖ geforderten Millionärssteuer angestellt - und kommt dabei auf eine weit geringere mögliche Einnahmesumme, berichtet die „Kronen Zeitung“. Laut dem „Schnellschätzung“ genannten Papier würde das SPÖ-Modell maximal eine Summe von 125 Mio. Euro bringen.

Das Finanzministerium hält in dem Bericht fest, dass aus der 1993 abgeschafften Vermögenssteuer zuletzt 750 Mio. Euro lukriert wurden. Auf heutige Verhältnisse hochgerechnet, wäre das ein Aufkommen von rund 1,2 Mrd. Euro. Mit dem SPÖ-Modell wäre dieses Volumen allerdings nicht mehr zu erzielen, da 80 Prozent der Vermögenssteuer von Betrieben stammte - die SPÖ wolle diese jedoch von der Besteuerung ausnehmen. Zudem sei ein Freibetrag von einer Mio. Euro vorgesehen. Maximal würden somit 110 Mio. Euro erzielt werden, heißt es in der Ministeriumsunterlage.

Bei der Erbschaftssteuer kommt das Finanzressort auf ein maximales Aufkommen von rund 15 Mio. Euro. 2007 habe es 24 Erbschafts- und 25 Schenkungssteuerfälle über einer Mio. Euro gegeben. Damit wurden acht bzw. vier Mio. Euro erzielt. Hochgerechnet auf heutige Verhältnisse wären das 15 Mio. Euro. Insgesamt errechnet das Finanzministerium somit 125 Mio. Euro (110 Mio. Euro aus der Vermögenssteuer und 15 Mio. Euro aus der Erbschafts-/Schenkungssteuer) aus dem Millionärssteuermodell der SPÖ.

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