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Neue Namen im Gespräch

Der britische Premierminister David Cameron lobbyiert bei seinen EU-Amtskollegen gegen den siegreichen Spitzenkandidaten bei der Europawahl, Jean-Claude Juncker. Cameron sehe Ungarn, Litauen, Irland, Schweden, Slowenien „und möglicherweise Deutschland“ als Verbündete gegen eine Nominierung Junckers als EU-Kommissionspräsident, hieß es laut Reuters aus Londoner Regierungskreisen.

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Laut einem Bericht der „Financial Times“ (Onlineausgabe) bringt Cameron auch schon mögliche Alternativkandidaten in Stellung. Statt Juncker könnte der irische Premier Enda Kenny, der polnische Regierungschef Donald Tusk oder der Finne Jyrki Katainen den Spitzenposten in Brüssel bekommen.

Cameron hätte gern „sympathische Figur“

Cameron wünsche sich mit Blick auf das geplante EU-Austrittsreferendum im Jahr 2017 eine „sympathische Figur“ an der Spitze der EU-Kommission statt Juncker, dessen Ansichten eines integrierten Europas rund um die Gemeinschaftswährung Euro nicht im Einklang mit der öffentlichen Meinung stünden. Der luxemburgische Ex-Premier sei daher „völlig inakzeptabel“ für London, sagte Cameron Parteifreunden.

Nummer eins mit Verlusten

Die konservative EVP verzeichnete bei der EU-Wahl ein dickes Minus und kam nur noch 213 der 751 Sitze im Europaparlament. Bisher waren es 273. Die Sozialdemokraten (S&D) kamen mit 190 Sitzen auf Platz zwei. Auf Platz drei liegen die Liberalen (ALDE) mit 64 Sitzen.

Cameron hatte bereits am Freitag verlauten lassen, dass er sowohl Juncker als auch dessen sozialdemokratischen Kontrahenten Martin Schulz ablehne, weil sie zu „föderalistisch“ seien. Er nahm schon am Wochenende mit anderen Staats- und Regierungschefs Kontakt auf, um über Alternativkandidaten zu sprechen.

Cameron mahnt EU-Regierungschefs

Vor dem EU-Gipfel am Dienstag warnte Cameron die EU-Staats- und -Regierungschefs davor, sich vom EU-Parlament bei der Benennung eines Kandidaten für das Spitzenamt in eine Richtung drängen zu lassen. Das habe er in Telefonaten mit zehn Regierungschefs deutlich gemacht, sagte eine Sprecherin des Premierministers. Diese sollten den Kandidaten vorschlagen, den sie entsprechend ihren Vorgaben für am geeignetsten für den Chefposten hielten. Die Staats- und Regierungschefs sollten sich nicht durch das Parlament festlegen lassen.

Innenpolitisch durch UKIP unter Druck

Der konservative britische Regierungschef steht innenpolitisch unter starkem Druck, die Gangart gegenüber der Europäischen Union zu verschärfen. Für Unmut sorgt insbesondere die vermeintlich starke Zuwanderung aus ärmeren EU-Mitgliedsstaaten. Cameron konnte die EU-Gegner in seiner Partei nur mit der Ankündigung eines Referendums über den EU-Austritt Großbritanniens für das Jahr 2017 besänftigen. Bei der Europawahl konnte er mit dieser Linie nicht punkten. Stärkste Kraft wurde stattdessen die EU-Austrittspartei United Kingdom Independence Party (UKIP), die Torys landeten an dritter Stelle hinter der oppositionellen Labour Party.

Orbans Rache für Kritik an seiner Politik

Lautstarke Unterstützung bekommt Cameron aus Ungarn. Der ungarische Premier Viktor Orban bezog offen Stellung gegen Juncker als EU-Kommissionspräsident, obwohl Orbans FIDESZ-KDNP der EVP-Fraktion im EU-Parlament angehört. Orban erinnerte an die seitens der Juncker-Regierung delegierte EU-Justizkommissarin Viviane Reding, die „Ungarn in der letzten Zeit nur geschadet“ habe.

Reding hatte mehrfach Beanstandungen erhoben wegen der Beschneidung der Unabhängigkeit der ungarischen Justiz. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn wiederum habe das ungarische Mediengesetz kritisiert. Juncker kommentierte am Montag in Brüssel die Begründung Orbans für die Ablehnung seiner Person als EU-Kommissionspräsident als „nicht gerade elegantes Argument“. Euronews gegenüber sagte Juncker: „Ich kann nicht akzeptieren, dass die Debatte eines früheren luxemburgischen Ministers mit der ungarischen Regierung als Argument dazu dient, einen anderen Luxemburger vom Posten des Kommissionspräsidenten auszuschließen.“

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