Lob von Neugebauer
Die ÖVP besteht darauf, dass EVP-Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker neuer Kommissionspräsident wird. Das sagte Parteiobmann Michael Spindelegger nach dem Bundesparteivorstand am Montag. Wer österreichischer Kommissar werden soll, ließ er weiterhin offen, der bisherige - Johannes Hahn - erklärte aber gegenüber Journalisten, er würde seine Arbeit gerne fortsetzen.
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Der bisherige Kommissar Hahn wollte sich beim Verlassen des Vorstands zwar nicht weiter zu diesem Thema äußern, hielt jedoch fest: „Ich habe immer gesagt, dass ich die Arbeit gerne fortsetzen würde.“ Auch Fritz Neugebauer sagte gegenüber Journalisten: „Ich weiß, dass Juncker auf den Kollegen Hahn mit Sicherheit nicht verzichten wird.“
Vor der Sitzung hatten sich die meisten ÖVP-Granden bedeckt gehalten. Am deutlichsten war Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll geworden. Pröll geht davon aus, dass Juncker der nächste Kommissionspräsident wird, und dieser hege eine Wertschätzung für den aktuellen österreichischen Kommissar Hahn. „Nach der Buchform“ müsste Hahn also wieder in der Kommission vertreten sein.

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Karas bleibt ausweichend
Grundsätzlich habe Hahn „ausgezeichnete Arbeit geleistet“, auch aus niederösterreichischer Sicht, so der Landeshauptmann. Entscheiden werde Juncker selbst: „Von mir braucht er keinen Tipp.“ Aus dem Wahlergebnis soll die Bundespartei laut Pröll lernen, dass man konsequent weiterarbeiten und viel bei den Bürgern sein müsse - während der gesamten Periode.
Der ÖVP-Spitzenkandidat, der im Wahlkampf ebenfalls Ambitionen auf den Kommissarsjob erkennen ließ, antwortete auch nach dem Vorstand ausweichend: Er sei angetreten, um die Wahl zum Europaparlament zu gewinnen - „Die Freude ist noch nicht verflogen“ -, außerdem sei das eine Frage für die Bundesregierung.
Spindelegger will Portfolio fixieren
Der Vizekanzler will bereits am Dienstag in Brüssel das Portfolio des künftigen österreichischen Kommissars besprechen: „Ich will eine Einigung möglichst rasch und ein gutes Portfolio haben.“ In weiterer Folge will er dann einen Namen nennen - hierzu erhielt er innerparteilich das Pouvoir - und diesen mit Kanzler Werner Faymann (SPÖ) besprechen. „Es geht nicht darum, Posten zu besetzen, sondern qualitätsvolle Menschen dorthin zu bringen, wo sie hingehören“, so Spindelegger.
Angesichts des Wahlergebnisses in Europa „kann es nur einen geben, und das ist Jean-Claude Juncker“, so Spindelegger nach dem Parteivorstand auf die Frage, wer nächster Kommissionspräsident werden soll. Man habe sich vor der Wahl darauf geeinigt, dass der Stärkste auf den Präsidentensessel gehoben wird, so der Vizekanzler. Er stelle daher mit „großem Bedauern“ fest, dass das vom Spitzenkandidaten der Sozialdemokraten, Martin Schulz, nun infrage gestellt werde. „Ich fordere, dass man zu dem steht, was vorher vereinbart wurde“, ansonsten sei man unglaubwürdig. Spindelegger sprach auch von „Wählertäuschung“.
„Ausgiebige“ Diskussion
Das Wahlergebnis sei im Parteivorstand „ausgiebig“ diskutiert worden, so Spindelegger. Eine Schlussfolgerung daraus sei, dass die ÖVP den Fokus Europa in den nächsten Monaten und über die gesamte Periode „spürbar“ machen will. Gemeinsam mit den Europaabgeordneten ist daher eine Veranstaltungsreihe geplant.
Einen Beschluss des Parteivorstands gab es zur „Reformagenda“. Hier nannte Spindelegger die vier Bereiche Verwaltung, Frühpensionen, ÖBB-Infrastruktur und Förderungen. Man werde Vorschläge erarbeiten und mit der SPÖ diskutieren. Ziel sei es, „Spielraum für Entlastungen der Steuerzahler“ zu erarbeiten.
Eine „Richtungsentscheidung“
Karas sah im Wahlergebnis eine „Richtungsentscheidung“, zumal drei Viertel der Österreicher und nahezu drei Viertel in Europa proeuropäische Kräfte gewählt hätten. Dennoch müsse man weiterhin verstärkt gegen Populismus auftreten. Sachlichkeit und Kompetenz hätten gewonnen, so Karas. Er forderte, den Dialog mit den Bürgern über den Nutzen der EU zu intensivieren, die Umsetzung eines Wiener Konvents und schlug in Anlehnung an die Schullandwochen etwa Europawochen in Brüssel und Straßburg vor.
Das schlechte Abschneiden der ÖVP in Vorarlberg bezeichnete Spindelegger als „außerordentlich bedauerlich“, gleichzeitig sei das Plus in Salzburg „erfreulich“. Es gebe unterschiedliche Trends, „das muss uns auch zu denken geben“, so Spindelegger, der auf den Europafokus der ÖVP verwies.
Faymann: Kommissar war kein Thema
Das SPÖ-Präsidium zeigte sich trotz des klaren Verfehlens des selbst gesteckten Wahlziels geschlossen. Die Frage, wer Österreichs Vertreter in der künftigen Kommission sein soll, war laut SPÖ-Chef Kanzler Werner Faymann im Präsidium kein Thema. Aber hier gelte, was vor der Wahl gesagt worden sei: „Ich halte Johannes Hahn für einen guten Kommissar.“ Eine endgültige Entscheidung werde aber erst fallen, wenn die Ressorts in der Kommission aufgeteilt seien.
Von den anderen Teilnehmern des Parteipräsidiums war Ähnliches zu vernehmen. Seniorenchef Karl Blecha sagte, er sei immer dafür eingetreten, dass dieser von der bei der EU-Wahl stärksten Partei gestellt werden solle. Dass die SPÖ mit Hahn gut leben könnte, machte etwa Infrastrukturministerin Doris Bures klar, die die „gute Arbeit“ des österreichischen Kommissars würdigte. Ähnlich Wiens Bürgermeister Michael Häupl: „Mit der Arbeit von Hahn kann man zufrieden sein.“
Auch Faymann für Juncker
Geht es nach Faymann, soll Jean-Claude Juncker neuer EU-Kommissionspräsident werden. Man habe vor der EU-Wahl gesagt, der Chef der stärksten Fraktion sollte diese Position übernehmen. Das gelte weiterhin. Nicht einmischen will sich Faymann bezüglich der Leitung der SPÖ-Delegation in Brüssel. Das könnten sich die fünf sozialdemokratischen Abgeordneten auch ohne ihn ausmachen.
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