Attentat geplant und ausgeführt
Wegen des Mordes an der russischen Journalistin und Regierungskritikerin Anna Politkowskaja vor über sieben Jahren sind am Dienstag alle fünf Angeklagten schuldig gesprochen worden. Ein Schwurgericht in Moskau sah es als erwiesen an, dass die aus Tschetschenien stammenden Männer in das Attentat am 7. Oktober 2006 verwickelt waren, wie die Nachrichtenagentur Interfax meldete.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Politkowskaja war damals im Gang ihres Moskauer Wohnhauses erschossen worden. Wegen der Tat mussten sich drei Brüder aus Tschetschenien, deren Onkel sowie ein früherer Moskauer Polizeioffizier vor Gericht verantworten. Bei Rustam Machmudow handelt es sich nach Auffassung der Geschworenen um den Todesschützen. Seine Brüder Dschabrail und Ibragim sowie die beiden anderen Angeklagten wurden wegen Beteiligung an der Planung des Mordes schuldig gesprochen.

APA/EPA/Maxim Shipenkov
Der mutmaßliche Todesschütze Rustam Machmudow
Ibragim und Dschabrail Machmudow waren wie Ex-Polizist Sergej Chadschikurbanow in einem vorherigen Prozess im Jahr 2009 freigesprochen worden. 2010 kassierte Russlands Oberster Gerichtshof das Urteil jedoch und ordnete einen neuen Prozess an. Ende 2012 wurde dann der frühere Polizist Dmitri Pawljutschenkow zu elf Jahren Haft verurteilt, nachdem er in einer Abmachung mit der Anklage eingeräumt hatte, die Mordwaffe organisiert und dem Mörder übergeben zu haben.
Hintermänner weiter unbekannt
Wer den Mord an der Journalistin in Auftrag gegeben hat, ist bis heute ungeklärt. Auch das Tatmotiv bleibt weiterhin unklar. Menschenrechtler befürchten, dass die Spuren der Bluttat bis in Russlands Machtapparat reichen könnten und die wahren Hintergründe der Tat nie ans Licht kommen. „Wir sind mit dem Urteil einverstanden, aber den größeren Teil der Schuld tragen andere“, sagte Politkowskajas Sohn Ilja.
Die Verkündung des Strafmaßes sei für Mittwoch angesetzt, meldete die Agentur Interfax. Die Verteidigung kündigte hingegen an, in Revision zu gehen. Der Sprecher der Ermittlungsbehörde, Wladimir Markin, sagte nach dem Urteil, die Untersuchungen in dem Mordfall seien weiter nicht abgeschlossen.
Kritische Berichte über Tschetschenien-Konflikt
Die russische Reporterin der regierungskritischen Zeitung „Nowaja Gaseta“ hatte über schwere Menschenrechtsverletzungen in dem früheren Kriegsgebiet Tschetschenien berichtet. In ihrem letzten, unvollendeten Artikel kritisierte sie, dass die tschetschenischen Behörden politische Gegner foltern und als Terroristen inhaftieren.

AP/Sergey Ponomarev
Der Mord an Politkowskaja löste im In- und Ausland Trauer und Bestürzung aus
Für Aufsehen hatte die Tschetschenien-Expertin auch gesorgt, als sie 2002 nach dem Geiseldrama in einem Moskauer Musical-Theater die russischen Behörden kritisierte: Das Leben aller Geiseln hätte ihrer Ansicht nach gerettet werden können, wenn die russische Führung auf Verhandlungen mit den tschetschenischen Rebellen beharrt hätte statt das Gebäude stürmen zu lassen. Bei der Befreiung wurden 129 Geiseln getötet.
Im Herbst 2004 machte Politkowskaja auch im Zusammenhang mit dem Geiseldrama an einer Schule in Beslan Schlagzeilen. Eine Reise zum Schauplatz im Nordkaukasus scheiterte an einer Vergiftung, für die Politkowskaja den russischen Geheimdienst verantwortlich machte. Von ihrer Mission ließ sie sich trotzdem nicht abhalten. „Ich bin eine absolute Journalistin“, sagte Politkowskaja in einem ihrer letzten Interviews.
Links: