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Hochburgen in Südeuropa

Noch vor wenigen Wochen hat es nach einer Sensation ausgesehen: Der europäische Verbund der Linksparteien, angeführt vom griechischen Oppositionschef Alexis Tsipras, hatte in Umfragen zur EU-Wahl die traditionell drittplatzierte Fraktion der Liberalen überholt.

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Mittlerweile haben die Liberalen in den Umfragen wieder einen deutlichen Vorsprung auf das Linksbündnis - gestärkt dürfte dieses nach dem 25. Mai trotzdem sein. Anfang März hatte die wöchentliche Umfrage zur EU-Wahl von Pollwatch für Aufsehen gesorgt, als sie die Vereinigte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke mit 67 Mandaten und damit sechs Abgeordneten mehr als die Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa auswies.

Das war - wie die Umfragewerte seither zeigen - zwar nur eine Momentaufnahme, doch bestätigt es den prognostizierten Trend einer Stärkung der radikalen Parteien - nicht nur rechts, sondern eben auch links der Mitte. Zum Linksbündnis Europa anders gehört auch die heimische Allianz von KPÖ, Piraten und Wandel mit ihrem Spitzenkandidaten Martin Ehrenhauser.

Gegen Sparpolitik

Mit ihrer Grundsatzkritik an der drastischen Sparpolitik im Zuge der Finanzkrise und deren vor allem in Südeuropa dramatischen sozialen Folgen - darunter hohe Arbeitslosigkeit, Kürzung und Einstellung staatlicher Sozialhilfen, Kürzung von Pensionen - prägen die Linksparteien durchaus die Agenda im EU-Wahlkampf. Es wird vor allem vom künftigen Zusammenspiel von Sozialisten und Volksparteien abhängen, wie stark die Linke - und am anderen Extrem die Rechtspopulisten und -extremisten - im EU-Parlament die Agenda bestimmen werden.

Sie werden zwar deutlich zunehmen - die Rechte stärker als die Linke -, doch in Mandaten werden sie weit von den beiden großen Fraktionen entfernt bleiben. Wenn sich Volkspartei und Sozialisten - wie bereits in den letzten Jahren - beim Gros der Gesetzgebung auf eine gemeinsame Linie einigen, werden die Parteien und Fraktionen an den Rändern der EU-Politik kaum ihren Stempel aufdrücken können.

Tsipras’ innenpolitische EU-Agenda

Der linke Spitzenkandidat Tsipras macht zudem kein Hehl daraus, dass er nicht ernsthaft daran denkt, nach Brüssel oder Straßburg zu wechseln. Für den Chef der griechischen linksradikalen SYRIZA bietet die Kandidatur vor allem die willkommene Bühne, um innenpolitisch zu punkten. Sein Ziel ist es, mit SYRIZA in Griechenland die Nummer eins bei der EU-Wahl zu werden und mit einem solchen Votum im Rücken die Regierung in Athen zu stürzen. Analysten fürchten, dass Griechenland in dem Fall in eine lange Phase der Regierungslosigkeit stürzen könnte.

Athen ist wirtschaftlich wie politisch noch nicht aus dem Schneider. Der konservative Regierungschef Antonis Samaras und sein sozialistischer Koalitionspartner Evangelos Venizelos werben für die Fortsetzung der Sparpolitik und der Bemühungen um eine Modernisierung des Staates. Griechenland stehe kurz davor, wieder ein „normaler“ Staat zu werden, versichert er. Das Land habe vier Jahre lang gelitten. Jetzt sei Griechenland über den Berg, und man dürfe nichts riskieren. Samaras macht den Griechen zugleich Mut: „Wir entfernen uns langsam von der Krise und legen die Fundamente für die Zukunft des neuen Griechenlands“, wiederholt er immer wieder.

Gemeinsame Front im Süden Europas

Ein besonders großes Hoffnungsgebiet für die Linken ist Italien. Dort gibt es vier Linksaußenparteien - doch jede ist für sich genommen zu klein, um die geltende Vierprozenthürde zu überspringen. Daher verbündeten sie sich trotz erheblicher ideologischer Unterschiede zu der Liste Das andere Europa mit Tsipras (L’altra Europa con Tsipras).

In Spanien, einem weiteren Land, das von der Euro-Krise schwer gezeichnet ist, dürfte die Vereinigte Linke (Izquierda Unida) deutlich die Zehnprozentmarke überspringen. Immer wieder gingen in den vergangenen Jahren Hunderttausende - vor allem junge - Spanier auf die Straße, um gegen die extrem hohe Arbeitslosigkeit und die Sozialkürzungen zu demonstrieren. In Portugal könnte die linksgerichtete Partei noch auf deutlich mehr kommen. In Deutschland stagniert die Linke laut derzeitigen Umfragen bei etwa acht Prozent. Das heimische Linksbündnis um Ehrenhauser lag in Umfragen zuletzt bei etwa drei Prozent.

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