„Mit kleinen Reparaturen nicht getan“
Begonnen hat alles mit der Enthüllung, dass beim bis dahin renommierten Autopreis Gelber Engel nicht nur die Zahl der Teilnehmer gefälscht, sondern auch die Rangfolge der Preisträger manipuliert wurde. Danach hagelte es Vorwürfe, Präsident und Geschäftsführer mussten gehen. Die ADAC-Delegierten stellten am Samstag zwar die Weichen für eine tiefgreifende Reform - wie der deutsche Autoclub wieder flottgemacht werden soll, bleibt dennoch weitgehend offen.
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Beobachtern zufolge sollte die Hauptversammlung wohl nicht zuletzt dazu genutzt werden, um den Reformwillen zu unterstreichen. Der ADAC will dabei vor allem auf eine striktere Trennung zwischen dem Verein und seinen Unternehmen und mehr Kontrolle von außen setzen. Personeller Neuanfang wurde in Saarbrücken unterdessen ohnehin nicht erwartet. Interimspräsident August Markl soll vielmehr den angekündigten Reformprozess zu Ende führen.
„Gigantischer Vertrauensverlust“
Markl erinnerte unterdessen daran, dass allein der aufgeflogene Schwindel rund um den Gelben Engel zu einem „gigantischen Vertrauensverlust“ geführt habe. Den Enthüllungen um den Autopreis folgten Skandale, etwa um Dienstreisen des Vereinspräsidiums mit dem Rettungshubschrauber und zweifelhafte Praktiken bei der Pannenhilfe.
Mit der Kritik müsse sich der ADAC nun „intensiv auseinandersetzen“ und sich Reformen unterziehen, forderte Markl. Entsprechende Arbeitspakete sind bereits seit einiger Zeit geschnürt. Ergebnisse aber bewegen sich an vielen Stellen noch im Ungefähren. Daher gab es auch keinen Kandidaten für die Nachfolge für den im Februar zurückgetretenen Präsidenten Peter Meyer. Begründung: Solange Ergebnisse des Reformprozesses offen seien, sei auch das Anforderungsprofil für den neuen Präsidenten unklar.
Whistleblower-Plattform freigeschaltet
Die konkreteste Neuerung ist bisher die bereits am Samstag freigeschaltete externe Plattform für anonyme Hinweisgeber. Markl zufolge sollen „damit Fehlverhalten und Missstände in der gesamten ADAC-Organisation identifiziert und im Bedarfsfall auch entsprechend geahndet und abgestellt werden können“. Auch bei der Postenvergabe gab es erstes Konkretes: So sollen Ehrenamtler keine Aufsichtsämter in den Versicherungsgesellschaften des ADAC mehr übernehmen.
ADAC bleibt Verein und Unternehmen
Der ADAC will aber weiterhin als Verein und gleichzeitig unternehmerisch tätig bleiben. Derzeit prüft das Münchner Registergericht, ob die ideellen Ziele wirklich den wirtschaftlichen übergeordnet sind - der ADAC also zu Recht als Idealverein geführt wird. Das Unternehmerische wolle der Verein dazu „auf ein sinnvolles Maß zurückführen“, kündigte Markl an. Nur: Wie viel wirtschaftliches Engagement ist für einen milliardenschweren Verein eigentlich „sinnvoll“? Das einzelne Mitglied solle außerdem mehr in den Mittelpunkt rücken - wie, das wurde nicht vertieft. Er „bitte um Geduld bei den Reformen“, sagte Markl. „So ein großer Verein lässt sich nicht über Nacht reformieren.“
Warnung vor „allzu großen Erwartungen“
Vielen Delegierten schienen die wagen Ankündigungen aber zu genügen. In den Redebeiträgen ging es kaum um die Clubreform, stattdessen um das Layout der Mitgliederzeitschrift „Motorwelt“, die Zukunft des ADAC-Postbusses und die Bezeichnung einzelner Vereinsgebiete als „Gaue“. Ehrenpräsident Otto Flimm warnte sogar vor zu umfangreichen Reformankündigungen. Verfehlungen müssten abgestellt werden, der Verein dürfe aber „keine allzu großen Erwartungen wecken, es gebe einen neuen ADAC“, mahnte Flimm.
Für eine konsequente Rundumerneuerung des ADAC aber warb Edda Müller, die Chefin von Transparency International Deutschland und Mitglied im externen Beirat, der die Reform begleitet. „Mit ein paar kleinen Reparaturen wird es nicht getan sein“, betonte Müller. „Im Reformprozess haben wir und Sie noch eine lange Wegstrecke zurückzulegen“, sagte sie.
Mindestens bis Anfang Dezember soll das noch dauern. Dann sollen die Delegierten bei einer außerordentlichen Hauptversammlung erste Reformen beschließen. Geht es nach Beobachtern, dürfte aber auch dann die ADAC-Rundumerneuerung wohl weiterhin nicht gänzlich abgeschlossen sein.
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