Von der documenta bis Venedig
Die gefeierte österreichische Malerin Maria Lassnig ist am Dienstag im Alter von 94 Jahren in Wien verstorben. Lassnig galt abseits aller Stil- und Modeströmungen über Jahrzehnte als kompromisslose Außenseiterin des Kunstbetriebes. Doch ihr später Ruhm kam umso strahlender.
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Lassnig wurde schon vor einigen Tagen mit Beschwerden ins Spital eingeliefert. Dort sei es ihr allerdings stetig schlechter gegangen. Am Dienstag starb die Malerin, bestätigte der Leiter des Grazer Universalmuseums Joanneum, Peter Pakesch, eine Meldung der Tageszeitung „Der Standard“ (Onlineausgabe). Vergangenes Jahr wurde Lassnigs unermüdliches Lebenswerk bei der Biennale in Venedig mit dem Goldenen Löwen geehrt.
Sendungshinweis
Ö1 sendet in memoriam Maria Lassnig am Freitag um 16.00 Uhr ein „Im Gespräch“ mit der Künstlerin, das erstmals 1996 ausgestrahlt wurde.
Geboren wurde Lassnig am 8. September 1919 im kärntnerischen Kappel am Krappfeld. 1941 wurde die angehende Künstlerin an der Wiener Akademie der bildenden Künste in die Meisterklasse Wilhelm Dachauer aufgenommen, die sie 1943 verlassen musste, weil ihre Bilder als „entartet“ bezeichnet wurden. Ihr Studium schloss sie dann bei Ferdinand Andri und Herbert Boeckl ab. Die erste Einzelausstellung folgte 1948 in Klagenfurt, wo auch ihre ersten „Körperbewusstsein“-Arbeiten entstanden, mit denen sie später breite Anerkennung fand.

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Lassnig-Gemälde bei einer Ausstellung in München im Februar 2010
1951 übersiedelte sie nach Wien. Dort gehörte sie zum Kreis um Monsignore Otto Mauer. Bei mehreren Paris-Aufenthalten lernte sie u. a. den Dichter Paul Celan und den Surrealisten Andre Breton kennen, ließ sich von der „Ecriture automatique“ und dem Tachismus beeinflussen. 1968 übersiedelte sie nach New York, wo sie sich nicht nur mit Malerei, sondern auch mit Zeichentrickfilmen beschäftigte.

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Lassnig 2013 mit dem Goldenen Löwen der Biennale von Venedig
Zahlreiche Ehrungen
1980 kehrte sie nach Wien zurück, wo sie eine Professur für Malerei an der Hochschule für angewandte Kunst übernahm. Im selben Jahr vertrat sie - zusammen mit Valie Export - ihre Heimat bei der Biennale in Venedig. 1982 und 1997 folgten Einladungen zur documenta nach Kassel. Als erste bildende Künstlerin erhielt Lassnig 1988 den Großen Österreichischen Staatspreis, zahlreiche weitere Auszeichnungen folgten, wobei der Goldene Löwe für ihr Lebenswerk, der Lassnig letztes Jahr in Venedig verliehen wurde, zu den Höhepunkten zählte.
Zu ihrer bekannten Körperbewusstseinsmalerei („Ich male und zeichne nicht den ‚Gegenstand‘ Körper, sondern ich male Empfindungen vom Körper.“) kamen in den vergangenen Jahren viele andere Motive dazu, ganze Serien, in denen sie auch mit immer neuem Umgang mit Farbe und Licht überraschte: „Keller-Bilder“ etwa, und Darstellungen männlicher Dominanz und Gewalt vom „Weltzertrümmerer“ bis zum „Kinderschreck“.
Hohe Preise für Gemälde
Ihre großen Gemälde sind längst nur noch für Museen und kapitalkräftige Sammler erschwinglich, die Bedeutung ihrer mit wenigen Strichen die Balance zwischen Realismus und Abstraktion haltenden, nicht selten mit farbkräftigen Hintergründen versehenen Zeichnungen scheint dagegen noch zu wenig gewürdigt.
Auf Ski- und Motorradtouren musste Lassnig in den vergangenen Jahren aus Gesundheitsgründen ebenso verzichten wie auf Nikotinkonsum. Künstlerisch war sie in ihrer Wiener Atelierwohnung mit Blick auf die Gloriette bis zuletzt ungebrochen neugierig und produktiv geblieben, erst Ende April vergangenen Jahres eröffnete sie in einer Berliner Galerie eine Ausstellung. „Man stirbt nicht. Man gibt sich nur auf“, notierte sie im Juni 1988 in ihr Tagebuch.
Ostermayer: Eine der wichtigsten Künstlerinnen
Vertreter aus Politik und Kunstbetrieb würdigten am Dienstagabend die verstorbene Malerin und Medienkünstlerin. Mit Lassnig verliere Österreich eine der wichtigsten und prägendsten Künstlerinnen, erklärte Minister Josef Ostermayer (SPÖ) in einer Aussendung. Auch der Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder sowie Vertreter von Grünen und NEOS zeigten sich betroffen.
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