Themenüberblick

„Organisierter Angriff“

In der ukrainischen Millionenstadt Odessa ist es erneut zu Zusammenstößen zwischen prorussischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Nach einer Kundgebung von mehreren Tausend Regierungsgegnern haben Medienberichten zufolge moskautreue Aktivisten ein Polizeigebäude, das offenbar auch der örtliche Sitz der Miliz ist, gestürmt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die mit Knüppeln bewaffnete Menge habe ein Tor durchbrochen und die Freilassung von Gesinnungsgenossen gefordert, hieß es. Spezialeinheiten hätten die Menschen zunächst zurückdrängen können. Unter dem Druck der Demonstranten habe die Polizei später zahlreiche Gefangene freigelassen, die nach den jüngsten Unruhen festgenommen worden waren. Augenzeugen sprachen von 30 Menschen.

Auseinandersetzung zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten in Odessa

Reuters//Gleb Garanich

Odessa war auch am Sonntag Schauplatz von Ausschreitungen

Polizeichefs entlassen

In der Hafenstadt war Freitagabend die Gewalt zwischen Hunderten Anhängern der Regierungen in Kiew und Moskau eskaliert. Bei Straßenschlachten bewarfen einander beide Seiten mit Molotow-Cocktails, ein Gewerkschaftsgebäude wurde in Brand gesteckt. Bei den Zusammenstößen wurden vier Menschen getötet, 38 weitere kamen bei dem Brand ums Leben.

Der ukrainische Übergangsregierungschef Arseni Jazenjuk hatte bei einem Besuch in Odessa zuvor eine Untersuchung versprochen, „um herauszufinden, wer nicht seine Pflicht getan hat“. Weil die Sicherheitskräfte die tödliche Gewalt nicht verhinderten, seien bereits die Polizeichefs der Stadt entlassen worden.

Gleichzeitig machte Jazenjuk Russland für die Eskalation der Gewalt in Odessa verantwortlich. Es habe sich um einen „organisierten Angriff auf das Volk“ gehandelt, sagte der prowestliche Politiker. „Es war Russlands Absicht, in Odessa zu wiederholen, was sich im Osten des Landes ereignet“, so Jazenjuk weiter.

Armee weitet Militäroffensive aus

Im Osten des Landes haben ukrainische Truppen am Sonntag ihre Offensive gegen prorussische Separatisten ausgeweitet. Mit gepanzerten Fahrzeugen errichteten sie außerhalb der 160.000-Einwohner-Stadt unter anderem einen Kontrollposten auf der Hauptverbindungsstraße in die Regionalmetropole Donezk. „Die Stadt ist vollkommen umstellt“, sagte die Rebellensprecherin Stella Choroschewa. In Slawjansk, das Hauptziel des Einsatzes war, blieb die Lage zunächst ruhig. Am Freitag waren dort bei Kämpfen mindestens neun Menschen getötet worden.

Gefechte wurden am Sonntag aus dem rund 30 Kilometer südlich von Kramatorsk gelegenen Konstantinowka gemeldet. Im Zentrum der Stadt, in der die bewaffneten Aktivisten seit Ende April das Rathaus besetzt halten, wurden Barrikaden errichtet. Zudem starb bei Schusswechseln in der Großstadt Lugansk mindestens ein Separatist.

Landkarte der Ukraine

APA/ORF.at

In Mariupol begannen die Regierungseinheiten am Sonntag mit dem Sturm auf ein besetztes Verwaltungsgebäude. „Sie haben uns fünf Minuten gegeben, um das Haus zu verlassen, und danach das Feuer eröffnet“, sagte Separatistensprecher Michail Krutko. Der „Anti-Terroristen-Einsatz“ werde über Slawjansk und Kramatorsk hinaus geführt, bekräftigte Andrej Parubij vom ukrainischen Sicherheitsrat.

Neuer Angriff auf Kramatorsk

Erst am Samstag hatte die ukrainische Armee nach Angaben aus Kiew Kramatorsk unter ihre Kontrolle gebracht. Fast alle besetzten Verwaltungsgebäude seien geräumt worden. Ein Fernsehsendeturm und mehrere Kontrollposten seien von den Separatisten zurückerobert worden, hieß es vonseiten des ukrainischen Innenministeriums. Ein Sprecher der prorussischen „Volksmilizen“ bestätigte, dass nur noch eine Behörde in ihrer Hand sei. Laut Regierung wurden sechs Separatisten getötet. Innenminister Arsen Awakow teilte am Sonntag via Facebook mit, dass in der Früh ein neuer Angriff auf Kramatorsk begonnen habe.

CIA-Berater für Kiew?

Wie „Bild am Sonntag“ berichtete, wird die Übergangsregierung in Kiew von Dutzenden Spezialisten des US-Geheimdiensts CIA und der US-Bundespolizei FBI beraten. Die Beamten sollten im Auftrag der US-Regierung dabei helfen, die Rebellion im Osten des Landes zu beenden und eine funktionsfähige Sicherheitsstruktur aufzubauen. Das berichtete die Zeitung unter Berufung auf deutsche Sicherheitskreise. Die Agenten seien aber nicht direkt an den Kämpfen beteiligt.

Links: